Seite:Spiess Das Lahnthal.pdf/234

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Mein halbes Leben stürmt’ ich fort,
Verdehnt’ die Hälft’ in Ruh’,
Und du, du Menschenschifflein dort,
Fahr’ immer, immer zu!“

Wohl fahren die ruhig hingleitenden Menschenschifflein noch immer zu, und es eilen dazu die Wagenzüge mit den Hunderten von Menschenkindern sausend vorüber, aber der Geist des Helden erscheint nicht mehr auf seiner Burg, um zu dem Wanderer zu reden; denn Schloss Lahneck ist nun den Lebenden wiedergegeben. Der Engländer Maliorty lässt die weiten und grossartigen Räume der Burg, welche bereits vor dem Jahre 1200 von den Erzbischöfen von Mainz zum Schutze für ihre Besitzungen in Oberlahnstein erbaut worden ist und sich bald durch eine zahlreiche und mächtige Burgmannschaft ritterlichen und gräflichen Geschlechtes auszeichnete, in altem Style wiederherstellen, ein nicht unwürdiges Nachbarschloss des königlichen Stolzenfels, mit welchem es wenigstens hinsichtlich seiner entzückenden Aussicht den Vergleich aushalten kann. Während wir uns aber rasch der Burg genähert haben, unter welcher die Bahn zwischen Fels und Fluss hinführt, haben sich auf dem jenseitigen Ufer die Berge sanft abgeflacht. Nun erscheint das schiffreiche Städtchen Niederlahnstein auf der rechten Seite des Flusses, vor uns zieht noch ziemlich ferne sich eine bewaldete Höhe hin, eine fruchtbare Thalfläche nimmt uns in ihre mit Nussbäumen bepflanzten Fluren auf, von dem grünen Bergrücken herüber grüsst uns ein hellschimmerndes mächtiges Schloss, dann geht der Weg an einer Reihe stattlicher, neuerbauter Häuser hin, und indem wir in den Bahnhof von Oberlahnstein einlaufen, blinkt uns ein breiter, grüner Wasserspiegel entgegen. Reges Leben und Bewegung überall; Dampfschiffe gehen stromauf- und abwärts oder harren zischend der Abfahrt; dicht neben uns in dem trefflichen, geräumigen Hafen

Empfohlene Zitierweise:
August Spieß: Das Lahntal von seinem Ursprung bis zur Ausmündung nebst seiner nächsten Umgebung. Verlag von L. J. Kirchberger, Dillenburg 1866, Seite 201. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spiess_Das_Lahnthal.pdf/234&oldid=- (Version vom 1.8.2018)