Seite:Spiess Das Lahnthal.pdf/48

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Grunde und dem umliegenden Gebirgsland, einer trotz der Chaussee noch ziemlich vom Verkehre abgelegenen Gegend, begegnen wir noch einer originellen Volkstracht. Die Mädchen, „Hessenkätzchen“ in der Nachbarschaft genannt, tragen rothe Mützen mit breitem Boden, unter denen die blonden oder braunen Zöpfe frei niederhängen, gestrickte Wämschen, dichtgefaltete Röcke von schwarzer Farbe, gegen welche die rothen Strumpfbänder lebhaft abstechen, und Schuhe mit hohen Absätzen. Wenn sie in diesem Sonntagsschmuck in die benachbarten Städtchen oder zu Märkten herabsteigen, mit unermüdlicher Emsigkeit auf ihrer Wanderung die Stricknadeln handhabend, während sie den Korb auf dem Kopfe sicher balanciren, sind sie eine Erscheinung, die noch frühere Volkssitte und frische Eigenthümlichkeit lebhaft repräsentiert. – Breitenstein gegenüber liegt das Dorf Wallau, durch dessen bunte Häuserreihe die Strasse nach Biedenkopf führt. Weiter abwärts schaut links aus einem Seitenthälchen das Gut Bellinghausen zwischen den Bäumen hervor. Dann erscheint, anmuthig im grünen Thale gelegen, das dritte Eisenwerk, welchem wir an der Lahn begegnen, die ansehnliche Ludwigshütte, eine von den Eisenhütten und Schmelzöfen, von denen schon die Antiquarius des Lahnstroms anführt, dass auf ihnen das beste Eisen bereitet und auch grobes Geschütz gegossen werde. Nun zeigt sich vor uns auf der linken Seite des Thals auf der Höhe eines steilen waldbewachsenen Bergkegels eine alter viereckiger Thurm und anderes mit Dächern versehenes Mauerwerk; es ist die Burg von


Biedenkopf[1],


zu dessen ersten Häusern wir zwischen Gärten, welche sich den Berg hinan und in das Thal ziehen, nach einer



  1. Gasthöfe: der Hirsch (Post), die Krone, Felsenkeller mit schöner Aussicht.
Empfohlene Zitierweise:
August Spieß: Das Lahntal von seinem Ursprung bis zur Ausmündung nebst seiner nächsten Umgebung. Verlag von L. J. Kirchberger, Dillenburg 1866, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spiess_Das_Lahnthal.pdf/48&oldid=- (Version vom 1.8.2018)