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Stunde von Wallau aus gelangen. Die Stadt Biedenkopf ist der Sitz eines Kreisrathes und eines Landgerichts und zählt gegen 4000 Einwohner, welche eine lebhafte Gewerbthätigkeit in ansehnlichen Gerbereien und Webereien entfalten; auch wird das hier gebraute gute Bier in die ganze Umgegend verführt. Die Stadt, die sich von der Südseite des Schlossbergs in das Thal herabzieht, hat besonders um den geräumigen Marktplatz freundliche Gebäude; weiter aufwärts liegt die beachtenswerthe alte Kirche. Von der Geschichte der Stadt ist wenig zu berichten. Der Antiquarius erzählt: „Anfänglich soll diese Stadt gegen Mitternacht gelegen haben, wie denn derselbige Platz noch heut zu Tage die alte Stadt genannt wird, und sollen damals an diesem Orte sechs adelige Häuser gestanden haben, bei welchen die Einwohner der beiden Dörfer Dreckershausen und Gonzenhausen nach und nach ihre Häuser gebaut, und dieweilen um solche herum viele Kuppen und Hügel in grosser Menge liegen, so soll sie nach der damaligen Sprache „by den Köppen“ sein genannt worden, wovon ihr hernach der Name Biedenkopf erwachsen.“ Die Verlegung der Stadt an die Südseite des Berges soll zu Anfang des vierzehnten Jahrhunderts stattgefunden haben und wird dem Landgrafen Otto von Hessen zugeschrieben. Dieses Land ist nämlich schon 1250 im Besitz der Burg und des Ortes gewesen. Die fernere Geschichte der Stadt ist ein steter Wechsel von Verpfändung und Wiedereinlösung, bis sie im Jahre 1565 an Hessen kam und seitdem beständig bei ihm verblieb. Bei der hessischen Theilung kam Biedenkopf an die Marburger Linie und nach deren Aussterben fiel es Hessen-Darmstadt zu. Von den Schrecken des dreissigjärigen Kriegs, von denen so viele Lahnstädte heimgesucht wurden, ist auch Biedenkopf nicht verschont geblieben. Im Jahre 1647 liess Graf Melander von Holzappel die Stadt anzünden, und ein grosser Theil derselben wurde ein Raub der Flammen.

Empfohlene Zitierweise:
August Spieß: Das Lahntal von seinem Ursprung bis zur Ausmündung nebst seiner nächsten Umgebung. Verlag von L. J. Kirchberger, Dillenburg 1866, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spiess_Das_Lahnthal.pdf/49&oldid=- (Version vom 1.8.2018)