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Die schöne Duyveke fand wiederum das Auskunftmittel. Sie ruhte nicht eher, bis sie, als sie bemerkte, der Bauer des Schreibmeisters sei noch immer leer, einen Gimpel auftrieb, der das Nationallied:

„Wilhelmus van Nassauen
Ben ick van Duytschen Bloed“ u. s. w.

vom Anfange bis zum Ende mit seltener Virtuosität pfiff. In einem prächtigen Käfig brachte das reizende Kind den neuen Montbijou nach dem Judengäßchen, trat in die Stube des Schreibmeisters und das Dompfäffchen schmetterte dem Alten die schwungreiche Melodie unter unzähligen Verbeugungen glücklich entgegen. Rafael Huelst faltete, indeß ihm Thränen in die Augen traten, andächtig die Hände.

– Montbijou! flüsterte er. Und ich armer Mann habe nicht Geld, um mir dies himmlische Vöglein zu kaufen . . .

Die Duyveke, selbst tiefer gerührt, als sie sich merken ließ, fing für ihren Vater Dow zu unterhandeln an. Der Schreibmeister widerstand nicht länger.

– Mit nichten, Meister Huelst, lächelte der eintretende berühmte Meister; ich will Euch auf keine Weise beschwerlich sein: der Staat und der Bratenrock ist überflüssig; ich möchte Mynheer Huelst gern so haben, wie ich ihn zum ersten Male sah . . . Und da trugt Ihr diese ewig unbezahlbare spanische Kapuze. . .

Dow hatte die Arbeit an einem seiner lieblichsten Bilder begonnen.




Gabriel Metzu und seine Frau.
Von ihm selbst.

Dieses Bild dieses geistreichen holländischen Genremalers ist im höchsten Grade anziehend durch seine Ungezwungenheit und edle Simplicität. Diese beiden Eigenschaften zeichnen durchgehends Metzu’s Werke aus; hierzu gesellt sich die höchste bis auf’s Unbedeutende sich erstreckende Vollendung in der Ausführung, sowie das sauberste, klarste Colorit. Fein und gemüthlich, wie der Maler selbst, sind seine Stoffe; seine Auffassung zeigt uns immer den geistreichen Künstler, und mehre Gemälde von ihm, so sein „Laboratorium“, seine „Kranke mit dem Arzte“ stehen in erster Linie des Vorzüglichsten, was die niederländische Genremalerei überhaupt aufzuweisen hat. Metzu arbeitete, wie die sorgfältige Vollendung seiner Bilder schon schließen läßt, äußerst langsam. Dieses Umstandes und seines frühen Todes wegen ist die Zahl seiner Werke nicht groß. Sie haben daher, abgesehen von ihrer Vortrefflichkeit, sich zu einem ungeheuern Preise erhoben. Die vorzüglichsten Schüler dieses Malers, J. van Geel und van der Neer, bleiben weit hinter der geistreichen Zartheit ihres Meisters zurück.

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/185&oldid=- (Version vom 1.8.2018)