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assis“ sich gewandt der Hand Viola’s zu bemächtigen; sie wurde ihm heftig entzogen und sofort machte die Italienerin diesen Bravourstücken des Franzosen durch die Erklärung ein Ende: daß die Gesellschaft sich durch Musik und Gesang unterhalten werde.

Mehre Schönen sangen zu dem Clavicimbale wie liebende Nachtigallen, und ernteten reichen Beifall. – Alles aber verstummte, als Barberini selbst mit cavaliermäßiger Grazie Viola an die Hand nahm, und ihr ein Notenbuch und eine herrliche, neapolitanische Laute präsentirte.

Viola sah im Kreise umher. Ihr Auge suchte Geraart, der sich weit zurückgezogen hatte. Sie nahm das Instrument, das in den Niederlanden selten fertig gespielt wurde, und fragte, wohl wissend, daß Geraart van Sluits dasselbe meisterhaft zu behandeln verstand:

– Würde Jemand die Mühe übernehmen, mich auf der Laute zu begleiten?

Tief gebückt trat Geraart van Sluits heran und nahm die Laute, und nun begann ein Conzert, welches, die ganze Gluth und Innigkeit der beiden liebenden Herzen athmend, die Zuhörer hinriß und bezauberte. Welches Metall, welcher Schmelz dieser Stimmen, deren Töne sich in den reinen, herrlichen Melodien Baltazarini’s wiegten! Geraarts Augen blitzten denjenigen Viola’s entgegen, sie sprachen das Geständniß seiner Liebe … Und Viola, die Augensterne fest auf ihr Notenbuch heftend, fühlte, wie an dem leisen Vibriren ihrer Züge zu sehen war, die magische Gewalt dieser Blicke, obwohl sie dieselben nicht sah.

Die Piece war beendigt. Chavigny trat herzu und machte der Signora del Monte seine Verbeugung. Er war Meister auf der Viola di Gamba, wie die Italienerin in dem Spiele des Claviers.

Der Chevalier fragte, indem er auf die Instrumente zeigte:

– Darf ich ebenfalls mir die Ehre erbitten, daß Sie, Mademoiselle, mit mir spielen?

Viola ward aus ihrem Himmel gerissen. Sie erwiderte halblaut, aber nicht ohne Schärfe:

– Nicht mit mir! Ich bin erschöpft! Aber da ist der Edeljunker van Sluits; er wird mit Ihnen aufs Wort spielen!

Der Mousquetaire schien bei dem Doppelsinne dieser Erwiderung wie vom Blitze getroffen, faßte sich aber mit parisischer Schnelligkeit.

– Ich werde allerdings, sagte er höflich; aber Sie erlauben, nur auf Klingen!

Chavigny verließ auf der Stelle den Saal, von dem Marquis von Croustillac und Dernonville geleitet.

Geraart hatte seinen Blick wohl verstanden und beurlaubte sich bei Viola, die jetzt erst begriff, was sie durch ihre Antwort angerichtet habe.

Geraart nahm seinen Vertrauten, einem Capitain Bloom mit sich. Sie holten die drei Franzosen bald ein, und wurden von dem rauflustigen Croustillac nur durch eine Handbewegung eingeladen, ihnen zu folgen.

Chavigny und seine Begleiter gingen voran zu dem „Bosch van Haag“, einem herrlichen Gehölz in der Nähe der Stadt, die damals noch immer „ein Dorf“ genannt wurde.

Unter einigen alten Linden machten die Franzosen Halt.

Par Dieu! Chevaliers, rief der Herr von Dernonville, nach dem hell und klar

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/24&oldid=- (Version vom 1.8.2018)