Seite:Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie.pdf/463

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

leicht und zwanglos und dennoch von großer Wahrheit, obgleich van der Velde in genauer, charakteristischer Zeichnung und gleicher Weise in der eigenthümlichen Gruppirung der Thiere weder dem Roos, noch dem Berghem, oder dem Wouvermann und Wenix gleich kommen dürfte. Hauptsache ist bei van der Velde außer der herrlichen Behandlung des Baumschlages eine lichtvolle, wahre und warme Malerei, welche über seine Genrestücke und Landschaften einen stillen, aber mächtig ergreifenden Zauber ausgießt. Auf unserm Bilde hat sich der Meister darin gefallen, eine ganze Reihe von Hausthieren zu malen, Kühe, Schafe, Ziegen, Schweine, ein Pferd und Hühner. Das Bild ist von allem Frappanten, drastisch Wirkenden der Composition durchaus entkleidet; es würde eine fast antike Einfachheit athmen, wenn namentlich die kleinen Ziegen wegfielen, deren unruhige Bewegung nicht zu der Stille des Bildes paßt. Ein ächt holländischer Zug von Komik ist in einem nicht wohl näher anzudeutenden Punkte ausgesprochen.




Der Zahnbrecher.
Von Geraart Honthorst.

Man konnte die beiden Männer auf dem halb erleuchteten, weiten Flur kaum erkennen.

Der Eine war eine wahre Riesengestalt, hochbeinig, sehr breitschulterig, ein angehender Fünfziger. Dieser trug einen ungeheueren Federhut und war ungeachtet der Abendstunden in höchster Galla: in weiten Pluderhosen, seidengepufftem Oberwamms und mit einem Sammtmäntelchen versehen, wie die Gerichtspersonen es zu tragen pflegten. Dieser Coloß hatte seinem Körper gemäß ziemlich grobe Züge; große wasserblaue Augen und einen gewaltigen struppigen Bart. Sein Haar spielte ins Graue und stand in unregelmäßigen Partien starr unter dem Hute hervor.

Der Andere war ein höchst elegant gewachsener und schön gekleideter Herr von ein und zwanzig Jahren, mit frischem, schalkhaftem Gesichte, braunen Haarlocken, mit einem Stutzerhute auf dem Kopfe, und in ein Jagdwamms gekleidet. Auch trug er einen reichen Hirschfänger durch eine goldgestickte Schärpe um die Hüften geschürzt.

Die Männer waren in angelegentlichster Unterhaltung. Der Alte schien sehr aufgeregt und predigte auf den Jüngling, zwar mit unterdrückter Stimme, aber höchst eifrig ein. Dasjenige, was er vortrug, war sicherlich für ihn eine Sache von außerordentlicher Wichtigkeit, – eine Lebensfrage.

Diese Personen waren: der Alte, Mynheer Claas van Slyker, Stadthouder der guten Stadt Amsterdam, und der Jüngling, Hendrik Ter Schuiring, ein nordholländischer Edelmann, und der Bruder der Baronesse Elizabeth von Leuwenbroeck, der Eigenthümerin dieses Gebäudes, welches wohl den Namen eines Palastes verdiente.

– Ich versichere Euch, Herr Junker Ter Schuiring, sagte der Rathsherr, indeß er ihm ein Schächtelchen, reich mit Gold und Perlmutter verziert, aufzudringen suchte, daß es die ausgezeichnetsten

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 446. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/463&oldid=- (Version vom 1.8.2018)