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Vacuum in meinem Geiste, gedenke ich dieser letzten vier Wochen, während welcher ich diesen Höllenmarsch habe pfeifen müssen!

Er wollte Marien umarmen. Der kleine Hund hätte ihn fast in das Gesicht gebissen. Er bellte und knurrte heftig.

– Belle nur, Diable! Schrei nur! Immer noch besser, als wenn ein unglücklicher Maler mit Concertino-Noten gleich wie mit einem Wermuth-Becher getränkt wird!

Hierauf zerrte er in glücklichem Uebermuthe, rechts um den Hals Mariens mit seiner Flöte, links mit dem Finger das gereizte Thierchen, bis es vor Zorn sich kaum noch mäßigte. Nicht weniger zornig war das dicke Gesicht Herrn Nederhouts, welcher jetzt mit großen Schritten ins Zimmer trat, und plötzlich eine eigenthümliche Scene aufführte. – Was? Was? Concertino . . . Verstand stillstehen . . . Vacuum . . . Höllenmarsch . . . ? Mein Meisterwerk? Barbar, Idiot, Zigeuner, Heide . . . stammelte der Componist.

Hiermit faßte er den bestürzten Maler am Arm und brachte ihn, wie weiland der Engel den Propheten Habakuk, mit Sturmeseile aus dem Hause hinaus, und auf die Straße. Slingelands Briefe wurden nicht angenommen. Am andern Morgen reiste der Musiker mit seiner Tochter von Amsterdam ab nach Mons. Der „arme“ Maler mußte schon zurückbleiben. Als Marie nach einem halben Jahre wiederkam, hatte sie ihren Gemahl bei sich, den hagern katholischen Organisten aus der Mons’er Kathedrale.

Slingeland, lange untröstlich, war aber Gottlob nicht vor Liebesgram gestorben. Er hatte eine Geliebte gefunden, welcher er ohne musikalische Studien seine Aufmerksamkeiten widmen durfte. Marie war vergessen; an seine qualvolle Liebeswerbung erinnerte nur noch die an einem rothseidenen Bändchen an der Wand hängende kleine Flöte.

Slingeland zeigte sie gern und erzählte dann mit Lachen diese Geschichte, welche ihm den Stoff für eins seiner höchst graziösen Gemälde herleihen mußte.




Die Schmiede.
Von Philipp Wouverman.

Einen unendlichen Reichthum der Erfindung und Technik haben die glänzenden Meister der holländischen Schule in ihren getreuen Darstellungen des stillen Lebens und Waltens in der Natur, und des reichbewegten Menschenlebens niedergelegt. Neben dem Stifter der holländischen Schule, Lucas von Leyden, welcher 1533 starb, neben dem alten Rembrandt und Jakob Ruysdael und den Miniaturisten Terburg, Dow, Mieris steht Wouverman auf der ersten Rangstufe der Maler Hollands.

Philipp Wouvermann ward zu Haarlem 1620 geboren und starb 1668 daselbst. Seine erste Bildung zum Künstler gab ihm sein Vater, Paul Wouverman und Johann Wynants, ein in der Zeichnung strenger Maler. Jedenfalls aber kann dieser Unterricht nur in Hinsicht auf die Erwerbung der elementaren Fertigkeiten bei Wouverman in Betracht kommen, denn der junge Maler verfolgte, wie an seinen frühesten Bildern nachzuweisen ist, vom Anfang an eine originale Richtung, welche Wouverman entschieden anbahnte und zur höchsten Vollkommenheit

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 785. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/802&oldid=- (Version vom 1.8.2018)