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sehr das Gold und war unermüdlich, immer mehr zusammenzutreiben. Die Wallfahrer kamen und die Almosen blieben auch nicht aus, so daß der Schatz des Klosters sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit vermehrte. Doch weigerte sich seltsamerweise der Prior, noch Brüder außer dem Pater Rochus anzunehmen, indeß er vorschützte, daß endlich erst gründlich das Kloster in den Stand gesetzt werden müsse, um eine mäßige Zahl von Ordensleuten nicht allein aufzunehmen sondern auch auf die Dauer zu erhalten, damit nicht das alte Elend wiederkehre und das Kloster am Ende gänzlich aufgegeben werden müsse. Der Bischof und der Erzbischof wollten mit Gewalt dem Prior Klosterleute aufzwingen; aber Deodatus schrieb an den päpstlichen Nuntius am kaiserlich-östreichischen Hofe, da der Nuntius bei der Krone Frankreich des Erzbischofs Bruder war. Er schrieb aber: daß das der Maria geopferte Geld und die sonstigen Kostbarkeiten ihr Eigenthum sein und bleiben und nicht zum Unterhalte von Ordensleuten gebraucht werden sollten. Dem Papst selbst stände der Schatz zu Gebote, aber keinem Menschen weiter in der Welt und Kraft seines Juraments bezeuge er, daß er – der Prior – und Pater Rochus von ihrer eignen Hände Arbeit lebten und selbst entbehren müßten. Der Prior behielt das Geld, welches sich täglich vermehrte und blieb mit Rochus allein, ohne jedoch aber zu entbehren.

Dazu hatte er noch einen besondern Grund, welcher sich wiederum auf Deodatus’ Habsucht stützte.

Pater Rochus hatte nämlich nicht allein unter den ersinnlichsten Vorwänden immer noch seine Ordination hinauszuschieben gewußt, sondern nie noch geistliche Uebungen mit seinem Vorgesetzten abgehalten. Er schützte ein Gelübde vor, sich dieser Uebungen so lange enthalten zu wollen, bis er wahrhaft ihrer würdig sei. Deodatus hatte nicht mehr aus ihm herauszubringen vermocht, und, fanatisch und streng, wie der Prior war, würde es dem blassen Besieger der Pest bei der gedrohten Anzeige seiner schändlichen Weigerung gar schlecht ergangen sein, wenn Rochus nicht ein unfehlbares Mittel angewandt hätte, um den Prior zum Schweigen zu bringen.

Rochus begann damit, eine Beichte, und zwar die erste seit er im Kloster war, abzulegen. Er gestand dem Prior, daß er erst dann seinem Profeß nachzukommen geschworen habe und nicht mehr im Stillen seine Andacht und seine Gebete verrichten werde, wenn Gott ihm das Zeichen dazu gebe.

– Und welches soll dies eigenthümliche Zeichen sein? fragte der Prior.

– Wenn ich Edelsteine machen kann, die ächt sind, wie die aus der Erde gegrabenen – dann, dann ist mein Ziel erreicht[WS 1] und das Zeichen gegeben. Gold kann ich bereits machen!

In der That konnte Pater Rochus als ihn der Prior zum Beweis seiner Behauptung drängte aus Quecksilber, Schwefel und Kupfer eine Composition herstellen, die vom ächten Golde nur durch die genauesten Untersuchungen eines Kenners zu unterscheiden war. Seit dieser Zeit brauchte Pater Rochus gar nicht mehr zuzuhören, wie der Prior betete, denn dieser arbeitete mit ihm unermüdet im Laboratorio und machte Gold. Hieraus ließ der Prior in Lüttich Monstranzen arbeiten „zum wunderthätigen Marienbilde,“ die vom Erzbischofe geweiht, als von persischem Golde gemacht, sehr theuer verkauft wurden. Nie aber noch hatte der Prior das eigentliche Geheimniß der Kunst des Pater Rochus diesem abzulocken vermocht. Das Gold, welches der Prior allein machte, hatte noch nie Probe gehalten.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: ereicht
Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 875. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/892&oldid=- (Version vom 28.10.2018)