Seite:Storm Der Schimmelreiter.djvu/210

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sein Spiel. „Hier ist das Kind, Frau!“ schrie John ihr zu; „haltet es fest!“ und drückte die Kleine der Mutter in den Arm.

„Das Kind? – Ich hatte Dich vergessen, Wienke!“ rief sie; „Gott verzeih’ mir’s.“ Dann hob sie es an ihre Brust, so fest nur Liebe fassen kann, und stürzte mit ihr in die Kniee: „Herr Gott und Du mein Jesus, laß uns nicht Wittwe und nicht Waise werden! Schütz’ ihn, o lieber Gott; nur Du und ich, wir kennen ihn allein!“ Und der Sturm setzte nicht mehr aus; es tönte und donnerte, als solle die ganze Welt in ungeheuerem Hall und Schall zu Grunde gehen.

„Geht in das Haus, Frau!“ sagte John; „kommt!“ und er half ihnen auf und leitete die Beiden in das Haus und in die Stube.

– – Der Deichgraf Hauke Haien jagte auf seinem Schimmel dem Deiche zu. Der schmale Weg war grundlos; denn die Tage vorher war unermeßlicher Regen gefallen; aber der nasse, saugende Klei schien gleichwohl die Hufen des Thieres nicht zu halten, es war als hätte es festen Sommerboden unter sich. Wie eine wilde Jagd trieben die Wolken am Himmel; unten lag

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Theodor Storm:Der Schimmelreiter. Berlin: Gebrüder Paetel, 1888, Seite 210. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Storm_Der_Schimmelreiter.djvu/210&oldid=- (Version vom 1.8.2018)