Seite:Tacitus Germania Baumstark 15.jpg

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werden sie in den nämlichen Wäldern und Hainen genährt, ganz weiß und von keinem irdischen Dienste unrein berührt; sie, mit dem heiligen Wagen beschwert, begleitet der Priester und König oder Häuptling des Staates und beobachtet ihr Wiehern und schnaubendes Knirren. Und keine andere Weissagung hat größeren Glauben nicht bloß bei dem Gemeinvolk, sondern bei den Vornehmen, bei den Priestern, denn sich halten diese für Diener der Götter, jene für deren Wissende. Noch eine andere Beobachtung von Anzeichen gibt es, durch welche sie schwerer Kriege Auslauf erforschen. Einen Gefangenen des Volkes, mit welchem Krieg ist, irgendwie aufgegriffen, bringen sie in den Kampf mit einem Auserlesenen ihrer Landsleute, jeden in den heimischen Waffen. Der Sieg von Diesem oder Jenem wird für Vorentscheidung angenommen.

11.

Ueber kleinere Dinge berathen die Hohen, über größere Alle, doch so, daß auch Dasjenige, dessen Entscheidung beim Volke ist, bei den Hohen durchgearbeitet wird. Die Gemeinde versammelt sich, wenn nicht etwas Unerwartetes und Plötzliches einfällt, zu bestimmten Fristen, da der Mond anfängt oder voll wird; denn zur Behandlung aller Angelegenheiten halten sie dieß für den glückbringendsten Anfang. Uebrigens rechnen sie nicht wie wir die Zahl der Tage, sondern der Nächte; so geben sie Bestimmung, so Zusage; die Nacht scheint dem Tage vorauszugehen. Das ist ein Fehler aus der Freiheit, daß sie nicht auf einmal noch wie auf Befehl zusammen kommen, sondern ein zweiter und dritter Tag durch Säumniß der Zusammentretenden

Empfohlene Zitierweise:
Publius Cornelius Tacitus: Die Germania des Tacitus. Freiburg i. Br.: Herder’sche Verlagshandlung, 1876, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tacitus_Germania_Baumstark_15.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)