Seite:Tacitus Germania Baumstark 25.jpg

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häufiger mit Mord und Wunden. Indessen auch über gegenseitige Aussöhnung der Feinde und Schließung von Schwägerschaften, über den Anschluß an Häuptlinge, über Frieden endlich und Krieg berathen sie meist bei Gelagen, wie wenn zu keiner Zeit mehr das Herz für wahre Gedanken sich öffne oder für große erglühe. Dieses Volk, nicht listig und durchtrieben, erschließt annoch die Geheimnisse des Herzens in der Ungebundenheit der Lust. Daher wird der enthüllte und offene Sinn Aller am nächsten Tage noch einmal behandelt. Und beider Zeit Verfahren ist wohlgehalten: sie besprechen, während sie nicht zu heucheln wissen; sie beschließen, während sie nicht irren können.

23.

Als Getränk dient eine Flüssigkeit aus Gerste oder Weizen, in eine gewisse Aehnlichkeit mit Wein umgefälscht; die Nächsten im Uferland erhandeln sich auch Wein. Ihre Speisen sind einfach: Feldobst, frisches Wildfleisch, oder geronnene Milch. Ohne künstliche Zubereitung, ohne Leckereien vertreiben sie den Hunger; gegen den Durst nicht dieselbe Mäßigung. Wenn man der Trunkenheit willfährt und herbeischafft so viel sie gierig wünschen, werden sie nicht weniger leicht dem Laster unterliegen, als unsern Waffen.

24.

Die Art ihrer Schauvergnügung ist nur eine und in jeglicher Lustversammlung die nämliche. Entkleidete Jünglinge, deren Eigen dieß Spielergötzen ist, tummeln sich in Sprüngen unter Schwertern und feindlich drohenden Framen

Empfohlene Zitierweise:
Publius Cornelius Tacitus: Die Germania des Tacitus. Freiburg i. Br.: Herder’sche Verlagshandlung, 1876, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tacitus_Germania_Baumstark_25.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)