Seite:Tagebuch Russlandfeldzug 0037.jpg

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daß sie mit der gehörigen Vorsicht durchzuwintern sind. Frisches Obst ist daher eine Seltenheit, und nur dann und wann zu übermäßigen Preisen zu erlangen.

Wein.     Noch rarer als der Obstbaum ist der Weinstock. – Die gangbarsten und beliebtesten Sorten Tischweine sind die eingebrachten ungrischen süßen, welche wegen der Nähe Ungarns noch wohlfeiler als gewöhnlich zu erlangen sein würden, wenn nicht der starke Impost[1] und der Wucher der Juden die Preise steigerte. Ob, des meist sandigen hizigen Bodens ohngeachtet, das strenge nördliche Clima dem Weinbau Grenzen sezt, darüber können und mögen nur Sachkundige entscheiden. –

Bier.     Hopfen wird reichlich erbauet, und überall sieht man ihn bald in Pflanzungen, bald an den Zäunen wild wachsen. Dieses Products und der in Menge erbaueten Gerste zu Folge sollte man glauben, in Pohlen durchgängig einen guten Trunk Bier zu finden; Doch Warschau, seine Umgebungen und die bedeutendsten Örter der Provinz abgerechnet, kann man irgends kein schlechteres Getränke dieser Art vorfinden als in Pohlen. Die Ursachen liegen in folgenden: Der Bauer und der übrige Pohle gemeinen Standes ist zu sehr für den Brandewein eingenommen, und fragt wenig oder gar nicht nach Bier, und dann ist auf dem Lande und in den kleinern Städten die Fertigung und der Ausschank der Getränke lediglich nur der jüdischen Nation gegen Pacht oder sonstige gewiße Abgaben überlassen. Bei der wenigen Nachfrage kann er sich daher nie auf große Vorräthe einlaßen; er kocht daher blos in ordinairen großen Waschkeßeln, ein, Nachbier[2] ähnliches Getränke, welches bei der gewohnten Unreichlichkeit[3], und da er nicht behutsam genung mit deßen Aufbewahrung umgeht, zumal im Sommer schon in den ersten Tagen tröbernsauer, stets trübe, und späterhin ganz ungeniesbar wird.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Impost – Abgabe, hier: Warensteuer (vermutlich ist der Einfuhrzoll gemeint)
  2. Nachbier – aus bereits ausgekochter Maische nochmals gebrautes Bier
  3. Unreichlichkeit – hier sollte wohl Unreinlichkeit stehen
Empfohlene Zitierweise:
F. W. Winkler: Bemerkungen über den Feldzug gegen Rußland in den Jahren 1812 und 1813, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tagebuch_Russlandfeldzug_0037.jpg&oldid=- (Version vom 25.1.2019)