Seite:Tagebuch Russlandfeldzug 0096.jpg

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pflegte, ohne daß dadurch die Vorräthe ganz erschöpft wurden. An Schlachtvieh aller Art war ebenfalls kein Mangel, nur Brodt in größerer Quantität war schwerer aufzutreiben, weil der hiesige wie der pohlnische Bauer, bei der Einrichtung, Handmühle und Backofen im Hause zu haben, seinen Bedarf immer nur auf einen Tag einschränkt.

     Eine PoliceyEinrichtung, die in diesen rußischen Provinzen eingeführt war, schien mir besonders aufzeichnungswürdig und nachahmungswerth, es war nämlich ein Regulativ, mit welchen Löschgeräthschaften jeder Hauseigenthümer eines Fleckens oder Städtchens bei einer entstehenden Feuersbrunst an der Brandstelle erscheinen mußte. Eine Anstalt und Bereitschaft die nicht frühzeitig genug erörtert werden kann, weil außerdem sonst manches Löschgeräthe oft in einer nicht bedürfenden Mehrzahl erscheint, indes anderes nöthige gänzlich ermangelt.

     Es ist nämlich jeder Hauseigenthümer nach seinem Gewerbe und Hausgeräthschaften taxirt, und hiernach bestimmt worden, womit ein jeder bei einer eintretenden Feuersbrunst erscheinen muß. Um keine Ungewißheit und Zweideutigkeit dieser Gegenstände stattfinden zu laßen, findet man über jeder auswendigen Thürschwelle ein hölzernes Täfelchen, etwas größer wie zu unsern HausNummern befestiget, worauf zur Versinnlichung dasjenige Stück darauf gemahlt ist, womit er erscheinen muß. So findet man z. B. angeschirrte Pferde, Wagen, Waßerkübel, Schleifen, Eimer, Äxte Hakken, Feuerhaaken und dergleichen. Ich hielt dies anfänglich gleich Gasthöfen für eine Benennung der Häuser, bis ich durch die Mehrzahl dieser Gegenstände aufmerksam wurde, und bei gehaltener Nachfrage den Zweck ihrer Bestimmung erfuhr. Wenn pünctlich auf die Erfüllung dieser Vorschriften gehalten wird, so kann eben der nöthigen Löschgeräthschaften nie mangeln. Diese Anstalt scheint ihren Ursprung dem Mangel an Sprizen zu verdanken, die in diesen Provinzen und selbst in den Städten wohl sehr selten sein werden.

     Ich kehre zu den abgerißenen Faden der Geschichte zurück. – Die Ankunft und Vereinigung der MoldauArmee mit Tormassows

Empfohlene Zitierweise:
F. W. Winkler: Bemerkungen über den Feldzug gegen Rußland in den Jahren 1812 und 1813., Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tagebuch_Russlandfeldzug_0096.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)