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keinerlei Zweifel hat und dasselbe demgemäss sofort aussprechen könnte, dagegen aber nicht mit völliger Sicherheit weiss, wie der Schreiber der Urschrift das betreffende Wort ausgeschrieben hätte, wenn er es nicht in der Abkürzung sondern vollständig hätte geben wollen. Dass z. B. gra, dns, lra, mit den betreffenden Abkürzungszeichen, gratia, dominus, litera heissen, weiss zuverlässig jeder Anfänger; ob aber nicht in conkreten Fällen gracia, domnus, littera gesetzt werden müsse, um sich der Schreibart des Originals völlig gerecht zu erweisen, kann Gegenstand ernstlicher Bedenken sein. Noch grössere Zweifel stellen sich bei Orts- und Personennamen ein. Wer will mit Zuversicht sagen, ob man Babenberg oder Babenberch u. s. w. zu setzen habe, wenn die Urschrift nur Babnb, mit dem Abkürzungszeichen, giebt, oder die Lesart Brunswik gegen andere ähnliche Lesarten festhalten, wenn nur die bei Baring in der Clavis diplomatica zu findende Abkürzung vorliegt?

So kann man sich bei vielen auf burg und berg, hein und heim endigenden Ortsnamen nicht einmal auf das Herkommen berufen, weil beide Formen zu gleicher Zeit vorkommen. Der das n bezeichnende Strich gilt bekanntlich in Ausnahmsfällen wol auch für m, und die Abkürzungszeichen für er und ur sehen

Empfohlene Zitierweise:
Karl Heinrich Roth von Schreckenstein: Wie soll man Urkunden ediren?. Verlag der H. Laupp’schen Buchhandlung, Tübingen 1864, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wie_soll_man_Urkunden_ediren%3F.pdf/23&oldid=- (Version vom 1.8.2018)