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unterbringen zu können, und setzt voraus, dass die vom Herausgeber unterdrückten Theile der Urkunde nur reinformelle und unwesentliche Dinge enthielten. Gleichwohl werden durch diese Voraussetzungen nicht alle Bedenken entkräftet. Es ist oftmals kaum möglich, mit sicherem Griffe das Unwesentliche vom Wesentlichen zu trennen, eine Schwierigkeit welche um so grösser wird, je grösser der Leserkreis ist und je manigfaltiger die an urkundliche Quellensammlungen gerichteten Anforderungen. Die älteren Editoren hatten, wenige Ausnahmen abgerechnet, in der Regel bei ihren Publicationen ganz bestimmte Zielpuncte vor sich. Man veröffentlichte die Urkunden lediglich ad splendorem eines Fürstenhauses, lediglich zum Behufe der historisch-juristischen Erhärtung angezweifelter Rechte einer Corporation, lediglich zur Vertheidigung der bedrohten Selbständigkeit und Gerechtsame einer Reichsstadt, eines Ordens, Klosters u. s. w. Ein den Urkunden an und für sich geltendes, reinwissenschaftliches Interesse war demgemäss auch bei den Lesern nicht vorauszusetzen. Die älteren Urkundensammlungen sind nicht selbständig erschienen, nicht als nothwendige Vorarbeiten für umfassende, die historische Genesis ganzer Länder – und demgemäss auch die verschiedenartigen Factoren dieser an Land und Leuten sich

Empfohlene Zitierweise:
Karl Heinrich Roth von Schreckenstein: Wie soll man Urkunden ediren?. Verlag der H. Laupp’schen Buchhandlung, Tübingen 1864, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wie_soll_man_Urkunden_ediren%3F.pdf/57&oldid=- (Version vom 1.8.2018)