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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

im sechsten Jahrhundert am Rhein bekannt.[1] Karl der Grosse liess Heldenlieder sammeln und aufschreiben; Ludwig der Fromme wies sie zwar zurück, sein Hof blieb dagegen der Astrologie nicht ganz fern.[2] Bedarf es noch weiterer Beweise dafür, dass während der Herrschaft der Karolinger am Rhein der Glaube an Zauber mancherlei Art nicht an letzter Stelle stand? In etwa sprechen hierfür auch die zu Ende des neunten Jahrhunderts geschriebenen Erzählungen des Mönchs von St. Gallen, welche überwiegend die gewaltige Persönlichkeit Karls des Grossen in den Vordergrund stellen. Sie wurden meist vom alten Kriegsmanne Adalbert auf seinen Zügen gegen die Avaren, Wenden und Sachsen gesammelt und tragen vielfach rheinisches Gepräge. Jedenfalls waren sie ihrer Mehrzahl nach am Rhein allbekannt, wenn auch in ihnen manche andern Länder des grossen damaligen Frankenreichs vertreten sind. Da lesen wir von einem Spukgeist, der im Hause eines Schmieds mit lustigen Streichen und Necken der Hausgenossen, namentlich durch Spielereien mit den Hämmern und dem Amboss sein Wesen trieb.[3] Verschiedentlich nimmt der böse Feind, den aber das Kreuzzeichen stets besiegt, Menschengestalt an,[4] um die Sterblichen durch Ränke aller Art zu verlocken. Siegreich kämpft König Pippin mit dem Teufel im Bade zu Aachen;[5] auch bleibt in der Einleitung des zweiten Buchs der „gottverhasste, im persischen Kriege durch Gottes Gericht umgekommene Julian“ nicht unerwähnt, von dem man am Rhein im Mittelalter glaubte, dass der Satan in der Zauberei sein Lehrmeister gewesen sei.[6]

Düstere Schilderungen der sittlichen Zustände im Karolingerreich, bei denen auch auf den Zauberglauben einige grelle Streitlichter fallen, bieten die in der zweiten Hälfte des neunten Jahrhunderts teilweise in Aachen verhandelten berüchtigten Eheangelegenheiten König Lothars II. (855–869). Lothar hatte die vornehme Burgunderin Theutberga geheiratet, sie aber sehr bald verstossen,


  1. K. Simrock, Die Edda. Stuttgart 1888, S. 337 f.
  2. B. Simson, Jahrbücher der deutschen Geschichte: Ludwig der Fromme. Leipzig 1874, Bd. I, S. 39.
  3. M. G. Scr. II. Mon. Sangall. p. 741.
  4. M. G. ibid. p. 740.
  5. M. G. ibid. p. 758.
  6. Koelhoff’sche Chronik. Köln 1499: … tzoich durch vremde lande und leirde tzouveren … ind ergaf sich zum lesten dem bosen geist, up dat he mochte Keyser werden. Vgl. auch Städtechroniken Köln Bd. XIII, S. 348.
Empfohlene Zitierweise:
Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/12&oldid=- (Version vom 1.8.2018)