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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

Regino hatte in der stürmischen Zeit der Normanneneinfälle das Kloster Prüm in Asche sinken gesehen, dann bald nachher in den Parteikämpfen in Lothringen seiner Würde als Abt von Prüm entsagt. Hierauf gab seine Gelehrsamkeit dem Erzbischof Ratbod von Trier Anlass, ihn zu einem Werke über die Kirchenzucht anzuregen, das für die Kultur- und Kirchengeschichte der Rheinlande eine Quelle von hervorragender Bedeutung geworden ist. Durchgehends spiegelt diese Schrift[1] rheinische Verhältnisse treu wieder, was schon daraus hervorgeht, dass fast jede Einzelheit für frühere oder spätere Jahrhunderte rheinischen Lebens auch anderweitig sich nachweisen lässt.[2] Hier nur einige der für das vorliegende Thema wesentlichen Punkte. Im ersten Buch werden dämonische Zaubersprüche und Possen an einer aufgebahrten Leiche verboten. Es heisst unter Anführung eines Konzil-Beschlusses, dass Christen bei der Totenwacht mit Furcht und Ehrerbietung zu Werke gehen müssten; Zauberlieder, Scherze und Tänze bei solcher Gelegenheit seien eine von den Heiden auf Lehre des Teufels hin gemachte Erfindung.[3] Bemerkenswert dürften ferner die Fragen des von Regino gegebenen Beichtspiegels sein. Hast du, so heisst es unter anderm, Magier oder Opferschauer (haruspices), oder Beschwörer und Loswerfer befragt, hast du an Quellen und Bäumen Gelübde gemacht oder das Loos geworfen? Hast du irgend einen aus Kräutern oder andern Stoffen bereiteten Zaubertrank getrunken, um kinderlos zu bleiben, oder hast du gekostet de semine viri, damit er in Liebe zu dir entbrenne?[4]


  1. Zu den nachstehenden Angaben ist die Ausgabe: „F. Wasserschleben, Reginonis abbatis Prumiensis libri duo de synodalibus causis et disciplinis ecclesiasticis. Lipsiae 1840“ benutzt worden.
  2. Vgl. F. W. H. Wasserschleben, die Bussordnungen der abendländischen Kirche, Halle 1851; E. Friedberg, Aus deutschen Beichtbüchern, Halle 1868; F. H. Vering, zur Geschichte der Pönitentialbücher in Verings Archiv für katholisches Kirchenrecht Bd. XXX, S. 204 ff; H. J. Schmitz, das Pönitentiale Romanum in demselben Archiv Bd. XXXIII, S. 3 ff. und Bd. XXXIV, S. 233 ff.; Verings in demselben Archiv (Bd. XIV) erschienene Zusammenstellung der in den ältern Beichtbüchern vorkommenden Bestimmungen über den Aberglauben.
  3. Pag. 180: Laici, qui excubias funeris observant, cum timore et tremore et reverentia hoc faciant. Nullus ibi praesumat diabolica carmina cantare, non ioca et saltationes facere, quae pagani diabolo docente adinvenerunt.
  4. Pag. 145: Bibisti ullum maleficium id est herbas vel alias causas, ut non potuisses infantes habere, aut alii donasti … aut de semine viri gustasti, ut in amorem tuum exardesceret? … An anderer Stelle bei Regino (cap. 369) in der erweiterten Fassung: [148] Illa femina, quae menstruum sanguinem suum immiscuit cibo vel potui et dedit viro suo ut comederet, et de illa, quae semen viri sui in potu bibit, et de ea, quae testam hominis combussit igni et viro suo dedit pro infirmitate vitanda … Zu vgl. Rhabani Canones IX saec. in Hartzheim-Schannat Concil. German. tom. II. p. 209.
Empfohlene Zitierweise:
Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/14&oldid=- (Version vom 1.8.2018)