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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

Hast du nach Art der Heiden zu Anfang des Januar in die Gestalt eines Tieres dich gekleidet?[1] Hast du irgendwie durch Wort oder That die Wahrsage- oder magische Kunst ausgeübt? Hast du deinen Sohn auf das Dach oder auf den Ofen gesetzt, oder hast du im Hause eines Gestorbenen Körner (grana) angezündet?[2]

Im zweiten Buch des Reginoschen Werkes über die Kirchenzucht wiederholen sich an verschiedenen Stellen manche der im ersten Buche berührten Fragen. So ist wiederum die Rede von Gelübden an Bäumen, Quellen, und an gewissen Steinen, die gleichsam als Altäre betrachtet und mit Lichtern (candela) besetzt wurden. Solche dem Dämon geweihte Bäume, so wird angeordnet, sind mit der Wurzel auszuheben, desgleichen sind die heidnischen Opfersteine zu beseitigen.[3] Zu Anfang des Januar sollen heidnische Gebräuche fern bleiben, auch darf nicht an Glücks- oder Unglückstage, oder an den Einfluss der Gestirne auf das Geschick der Menschen geglaubt werden.[4] Schweine- und Ochsenhirten oder Jäger dürfen nicht Brot und Kräuter, die sie mit dämonischen Zaubersprüchen besprochen haben, in Bäume verstecken oder an Kreuzwegen niederlegen, um so ihr Vieh gegen Seuche und Vernichtung zu schützen, das Vieh anderer dagegen dem Untergang zu weihen.[5] Keine Arbeit darf mit Zauber-Sprüchen oder Werken begonnen werden, so namentlich auch darf man beim Sammeln von Arzneipflanzen nur das Vater unser und das Glaubensbekenntnis hersagen.[6] Bezeichnend ist die Frage, ob Jemand etwas esse, trinke oder bei sich trage, wodurch er glaube, einer Fügung Gottes entgehen zu


Illa femina, quae menstruum sanguinem suum immiscuit cibo vel potui et dedit viro suo ut comederet, et de illa, quae semen viri sui in potu bibit, et de ea, quae testam hominis combussit igni et viro suo dedit pro infirmitate vitanda … Zu vgl. Rhabani Canones IX saec. in Hartzheim-Schannat Concil. German. tom. II. p. 209.

  1. Häufig vorkommende Bestimmung in den von F. W. H. Wasserschleben veröffentlichten Bussordnungen; das Tier wird zuweilen cervula genannt; ferner auch wird die Vermummung in die Gestalt einer Person des andern Geschlechts verboten.
  2. Letzteres scheint als ein den Dämonen dargebrachtes Feueropfer gegolten zu haben. Vgl. Wasserschleben, Bussordnungen S. 313, S. 482 und S. 517.
  3. Cap. 43 und Cap. 366.
  4. Cap. 51: Si quis in Kalend. Januarii aliquid facit, quod a paganis inventum est, et dies observat et lunam et menses, et horum effectiva potentia aliquid sperat in melius aut in deterius verti? Ausführlicher noch in Cap. 372 und 373.
  5. Cap. 44.
  6. Cap 52 und 374.
Empfohlene Zitierweise:
Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/15&oldid=- (Version vom 1.8.2018)