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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

nachweisbar.[1] Einige Zaubersagen seien hier angedeutet. Beim Bankette des Königs Wilhelm zu Köln sass Albertus Magnus zur Rechten des Königs. Er verstand es, bläuliche Flammen aus den Weinhumpen emporlodern zu lassen, dann aber zauberte er aus den Überbleibseln des Gastmahls die herrlichsten Gerichte und Früchte hervor. Der Spuk verschwand ebenso schnell, wie er gekommen war. Ein anderes Mal zauberte Albertus in einen unscheinbaren Sack zwei schwarze Männer hinein, die den Träger des Sacks, der dem Meister lästig gefallen war, auf dem Heimweg tüchtig durchprügelten. Einen Teufel hatte Albert so gezähmt, dass er in Menschengestalt seine Befehle entgegen nahm; eine magische redende Bildsäule verlor der Meister durch die Unachtsamkeit und Angst eines seiner Schüler. Vom Papst hatte Albert die Erlaubnis, sonder Sünde die schwarze Kunst zu üben. Dies deshalb, weil er einst den Papst durch Zauberei aus den Händen einer grossen feindlichen Kriegsschar gerettet hatte. Eine französische Königstochter wurde von Albertus durch die Lüfte von Paris nach Köln entführt; bei einer andern Luftfahrt trug dagegen der Böse, der mit dem „Bruder Albert“ die ganze Welt durchzogen hatte, ihn auf seinem Rücken zum Papst nach Rom. Geradezu seltsam blitzt aus all‘ diesen Zügen die Gespensterfurcht nebst dem Glauben an Teufelsbund und Luftfahrten hervor.

Jedenfalls war am Ende des 13. Jahrhunderts und sogar bis noch in das 15. Jahrhundert hinein am Niederrein das Hexenwahnsystem nicht ganz vollständig ausgebildet. Die Vorstellung, dass unter dem Vorsitz des Satans nach den Luftfahrten oder den Entführungen durch Dämonen nächtliche Orgien gefeiert würden, mag stellenweise vertreten gewesen sein, hatte aber für das grosse Ganze wenig Beunruhigendes. Dank den gesunden Anschauungen des Canon Episcopi glaubte ein grosser Teil der Bevölkerung an Luftfahrten nicht, zudem fehlte, wie bereits erwähnt, die Furcht vor Zaubermitteln, welche den Teilnehmern an den Gelagen in der spätern Fabel übergeben wurden. Welche Gründe einen Umschwung in den Anschauungen herbeiführten, und wann bei uns der Umschwung im Sinne einer schärfern Beobachtung und Verfolgung der Zauberei eintrat, wird vielleicht niemals mit voller Bestimmtheit sich ermitteln


  1. Albertus Magnus. Festschrift. Köln 1880. S. 152. Dieser Festschrift sind auch die hier folgenden Sagen entnommen.
Empfohlene Zitierweise:
Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/31&oldid=- (Version vom 1.8.2018)