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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

den Gatten aus der Gewalt des Satans. Den am Rhein herrschenden Glauben an die guten Holden, denen man vielfach des Abends den Tisch deckte, damit sie bei ihren nächtlichen Wanderungen Speise und Trank vorfänden, sucht der Seelentrost durch ein Märchen vom hl. Bischof Germanus zu entkräften. Germanus soll nämlich einst die Holden zum Bleiben und dabei zu der in Gegenwart der in der Nacht herbeigeholten Hausgenossen abgegebenen Erklärung, dass sie böse Geister seien, gezwungen haben.

Noch kindischer, aber sehr bemerkenswert als Beitrag zur Kenntnis der ehemals bei uns Jahrhunderte hindurch verbreitet gewesenen irrigen Anschauungen über fatum und Praedestination[1] ist eine seitenlange Erzählung, in der von der Schicksalsgöttin und Fee Wilsalda[2] gesprochen wird. An Incubus erinnert im Seelentrost die „ehrbare Frau“, welche der Teufel des Nachts in der Gestalt ihres Mannes versuchte, oder vielleicht auch eine andere Frau, welche sich dem Teufel ergeben hatte, auf dem Todesbette aber nur mehr die Zeit fand, dem eigenen Sohne ihre Sünde zu bekennen. Der Sohn beichtete die Sünde der vor der Ankunft des Priesters verstorbenen Mutter, worauf diese nach siebenjähriger Busse im Jenseits Erlösung fand. In einer andern Fabel brachte ein Vater seinem fünfjährigen Kinde Böses bei. Zur Bestrafung erscheint der Teufel, reisst das Kind vom Schosse des Vaters, tötet dasselbe und entführt es mit Leib und Seele.(!) Diese Proben, welche sich leicht vermehren liessen, mögen genügen.

Hexenluftfahrten fehlen im Seelentrost. Aus einer handschriftlichen, in der Kgl. Landesbibliothek zu Düsseldorf vorhandenen Zusammenstellung aus dem 15. Jahrhundert über die in der Erzdiözese Köln bezüglich des Aberglaubens und Hexenwahns in der Beichtpraxis dem Bischof vorbehaltenen Fälle[3] geht hervor, dass man den Canon episcopi, also die Bekämpfung des Glaubens an nächtliche Luftfahrten, aufrecht erhielt. Aehnliches ist für die Trierer Diözese zum Jahre 1310 nachweisbar.[4]


  1. Ezliche lude sprechen also: Ein minsch leve wie he leve: Is im wat gudes geschaffen in dem hemelrich, he kummet dair. Is im die hell geschaiffen, dat he viel guets dede, nochtant moeste he dair in vaeren. Vergl. Caesar. Heisterbacens. Homil. II, 65: Si praedestinatus sum salvabor, si praescitus damnabor.
  2. Vgl. K. Simrock, Deutsche Mythologie 5, 1878 S. 165.
  3. Vgl. Beilage 1.
  4. Nulla mulier se nocturnis horis equitare cum Diana dea paganorum vel cum Herodiana innumera mulierum multitudine profiteatur. Haec enim daemoniaca est illusio. (Provinzial-Synode).
Empfohlene Zitierweise:
Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 174. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/41&oldid=- (Version vom 1.8.2018)