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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

kurfürstlichen Räte den Untergerichten, bei schwierigern Fragen Rechtsgelehrte oder höhere Gerichte zu Rate zu ziehen.[1] Zur Vermeidung von Kosten, so heisst es in einem Falle, könne der Schultheiss mit den Protokollen nach Köln zum Rechtsgelehrten sich begeben, anstatt ihn zu sich zu bescheiden.[2] Die Zahl der befragten Rechtsgelehrten musste eine ungerade sein;[3] bei schwierigern Fragen theologischer Art sollte der Generalvikar mit Theologen berathen.[4] Waren der Schultheiss oder seine Verwandten der Zauberei verdächtig, so führte der älteste Schöffe den Vorsitz.[5] Die Geheimhaltung der Protokolle wird an mehrern Stellen, sogar unter Androhung des Verlustes des Schöffenamtes eingeschärft;[6] doch wünschte Erzbischof Ferdinand bei einem der berühmtesten Hexenprozesse,[7] den die Geschichte des Niederrheins kennt, dass die erbetene Herausgabe der Akten den Verwandten der Hingerichteten nicht verweigert werde. Bekanntlich war vor der Anklage auf Zauberei kein Stand, kein Alter, kein Geschlecht geschützt. Nur findet sich in einzelnen Werken die Behauptung, dass man Juden mit derartigen Anklagen verschont habe. Diese Annahme erweisen die Regiminalprotokolle als irrig, indem in zwei Fällen[8] die Räte die Einleitung des Prozessverfahrens gegen Juden anordneten. Vereinzelt wurden vor den gerichtlichen Verfahren Angeklagte gegen Kaution der Haft entlassen; einmal sogar eine ganz unbemittelte Frau ohne Kautionsstellung auf ihren Eidschwur und die Versicherung hin, eingezogen zu Hause bleiben zu wollen.[9] Recht bezeichnend sind einige Verfügungen über die Behandlung von Anklagen


  1. Aldenmelrike 1572 Dezember 4, Amt Hardt 1626 Dezember 22, Ahrweiler 1595 Juli 4. K. R. P.
  2. Lechenich 1628 August 30. K. R. P.
  3. Amt Hardt 1626 Oktober 20: Rechtsgelehrte dürfen jederzeit nicht zweie sein. Vielleicht ist „zweie“ mit „uneinig“ zu lösen. K. R. P.
  4. Bleisheim 1629 Dezember 17. K. R. P.
  5. Ein Fall in Andernach (1629 Fol. 182), der aber bald auch die Anstellung eines neuen Schultheissen zur Folge hatte. K. R. P.
  6. Deutz 1617 März 13; Adenau 1629 September, Oktober und November betreffend Verschwiegenheit des Gerichtsschreibers; Bonn 1629 April 7. K. R. P.
  7. Katharina Henot in Köln. Vgl. L. Ennen a. a. O., S. 775 ff. In den K. Regim.-Prot. 1627 August 5 heisst es: der Kurfürst zweifle nicht, dass die Schöffen ihre Urteile wohl zu verantworten wüssten, und um so weniger sich scheuen würden, die Akten zu edieren … etc.
  8. Deutz 1629 Juni und Juli; Ahrweiler 1630 März 16. K. R. P.
  9. Hülchrath 1630 November 16, Recklinghausen 1595 September 23. K. R. P.
Empfohlene Zitierweise:
Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 203. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/70&oldid=- (Version vom 1.8.2018)