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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

haben die Gladbacher und die Essener Gegend im letzten Jahrzehnt vor 1592 von der Seuche der Hexenverfolgungen sich nicht freigehalten. Auch aus Druckwerken des 16. Jahrhunderts lässt sich der Nachweis führen, dass am Niederrhein während der langen Regierung Wilhelms III. (V.) Hexenverfolgungen selten waren. Weyer[1] klagt weniger über Hexenverurteilungen, die zu seiner Zeit erfolgt seien, als über die drohende Gefahr einer allgemeinen Hexenhetze. Und der Pfarrer Agricola bestätigt noch im Jahre 1597, dass an manchen Orten die Hexenverfolgungen seit vielen Jahren ganz geruht hätten,[2] während wir gleichzeitig durch Graminaeus[3] erfahren, dass Adelige oder andere Standespersonen häufig sich weigerten, bei Hexenprozessen als Beisitzer des Gerichts thätig zu sein.

Vielfach loderten in rheinischen Gegenden seit dem Beginn der letzten Jahrzehnts des 16. Jahrhunderts die Hexenscheiterhaufen wieder auf. Nicht unwesentlich mag hierzu die Verwilderung der Sitten beigetragen haben, die, ähnlich wie 40 Jahre später, inmitten des 30jährigen Krieges, als unausbleibliche Folge jahrelang fortgesetzter Verheerungen durch zügellose Kriegsscharen einen fruchtbaren Boden für abergläubische Verfolgungssucht geschaffen hatte. Einen bedeutenden Anstoss gaben die Ereignisse im Kurtrierischen. Dort hatte eine durch viele Jahre andauernde Unfruchtbarkeit, die man auf Hexen und Zauberer zurückführte, eine Hexenausrottung in grossem Stil hervorgerufen.[4] In Jülich-Cleve-Berg hatte nach dem Ableben Wilhelms III. (V.) im Januar 1592 dessen geisteskranker Sohn Johann Wilhelm die Regierung übernommen. Die Krankheitsgeschichte dieses unglücklichen Fürsten entrollt ein seltsames Bild über den Aberglauben und das Zauberwesen, die am Düsseldorfer Hofe in den höchsten Kreisen ihre Anhänger


  1. Er bestätigt im Jahre 1563, dass längere Zeit hindurch gesunde kirchliche Lehren (wohl das Enchiridion!) den Hexenverfolgungen keinen Raum gelassen hätten. (Vgl. die Widmung seines Hauptwerkes an Herzog Wilhelm.) Auch in den im Düsseldorfer Staatsarchiv vorhandenen kulturgeschichtlich wichtigen Erkundigungsbüchern über die Pfarreien im Jülich-Bergischen (16. Jahrhundert) sind Hexenverfolgungen nicht erwähnt. Nur findet sich häufiger die Angabe, dass weder Wahrsager noch Teufelsbeschwörer in der Pfarre seien.
  2. A. a. O. in der Vorrede.
  3. A. a. O. S. 4.
  4. Es sollen nur unter den elf Jahren von 1581 bis 1592 nur zwei fruchtbare gewesen sein. Vgl. A. Hecking, Geschichte der Stadt St. Vith, 1875, S. 154; K. Binz a. a. O. S. 112 ff.
Empfohlene Zitierweise:
Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/83&oldid=- (Version vom 1.8.2018)