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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

fanden.[1] So wenig aber auch der Hof von abergläubischen Anschauungen freizusprechen ist: bezüglich der Hexenverfolgungen ruhte auf ihm sowohl in den Tagen Johann Wilhelms, als in denen seiner Nachfolger, der Geist Herzog Wilhelms III. (V.) und des grossen Vorkämpfers gegen den Hexenwahn, Johann Weyer. Kaum jemals, höchstens nur in sehr vereinzelten Ausnahmefällen, haben Herzog Johann Wilhelm und seine Nachfolger, die Pfalzgrafen,[2] seit 1592 eine Hexenverbrennung gestattet. Auch im Clevischen gehörten Hexenscheiterhaufen zu den grössten Seltenheiten; eine umfangreiche handschriftliche Chronik[3] im Düsseldorfer Staatsarchiv verzeichnet für die Zeit von 1609–1682 nicht einen einzigen Fall. Die kleineren Gebietsherren vom Niederrhein dagegen, denen das ius gladii zustand, haben häufiger durch Beförderung der Hexenprozesse sich ausgezeichnet, was zu den bereits erwähnten Erlassen des Pfalzgrafs Wolfgang Wilhelm im Jahre 1631 Anlass gab.[4] Forschungen über den Umfang der Hetze in diesen unbedeutenderen Gebieten führen bei der durchgehends überall vorliegenden Dürftigkeit der urkundlichen Quellen selten zum Ziel.

Wie die unten angeschlossene Übersicht ausweist, spielten sich die meisten niederrheinischen Hexenverfolgungen während der sechs Jahrzehnte von 1590 bis 1650 im Kurkölnischen ab, und zwar besonders während der langen Regierung des Kurfürsten und Erzbischofs Ferdinand von


  1. Vgl. Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins Bd. 33, S. 7 ff. und S. 39 ff.
  2. Der geisteskranke Gemahl Jakobes von Baden fürchtete sich zwar in seinen Tobsuchtsanfällen vor Hexen (Zeitschr. des Berg. Gesch.-Vereins Bd. 33, S. 21), scheint aber niemals ein Todesurteil in Hexenprozessen bestätigt zu haben. Von seinen Nachfolgern im Jülich-Bergischen kommt hier nur der Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm (1614–1653) in Betracht. Herrn Archivsekretär Dr. J. Breitenbach in Neuburg verdanke ich über die Stellung dieses Pfalzgrafen zum Hexenwahn in seinem Stammlande folgenden interessanten Aufschluss. „Dem bis jetzt veröffentlichten archivarischen Material nach zu schliessen, scheint Wolfgang Wilhelm das ganze Hexenwesen in seinem Stammlande in der Hauptsache den Neuburger Regierungsbeamten überlassen zu haben: eine merkwürdige Ausnahme von der Regel, wonach der Pfalzgraf um alle Regierungsangelegenheiten bis ins kleinste sich bekümmerte. Ein von ihm eigenhändig unterzeichnetes, an den Neuburger Hofkammerdirektor Dr. iur. Franz Gise gerichtetes Schreiben von Düsseldorf den 23. Januar 1632 enthält nur eine Anfrage nach dem Verbleib eines Berichtes über die Behandlung des Nachlasses einiger zu Reichertshofen „Hexerei halb“ hingerichteter Personen“.
  3. Historia Clivo-Markana von 1609–1682 in fünf Bänden. Ein vereinzelter Fall einer Hexentötung in Cleve: K. Binz a. a. O. S. 168.
  4. Vgl. oben S. 199.
Empfohlene Zitierweise:
Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/84&oldid=- (Version vom 1.8.2018)