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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

unheilvolle Wirksamkeit des berüchtigten Hexenrichters Buirmann im kölnischen und des Kaspar Reinhart[1] im westfälischen Teil der Erzdiözese. Zur Charakteristik der unglaublichen Leichtgläubigkeit des Kurfürsten Ferdinand hier nur zwei Beispiele. Auf die Kunde, dass nach den Bekenntnissen hingerichteter Zauberer die Hexen bei ihrem Tanz sich vorgenommen hätten, ein Wetter zu machen und die Früchte zu verderben, liess er sofort die Protokolle einfordern.[2] In Köln legte er sogar keinen Einspruch dagegen ein, dass eine der Zauberei Angeklagte durch die Kirchen an den Beichtstühlen vorbeiging, um namentlich von den Geistlichen diejenigen zur bezeichnen, welche auch „von der Kunst seien.“[3] Und als der Dechant von St. Severin durch ein inhaltlich überaus klägliches Gedicht[4] in Köln die Hexenfurcht auf die Spitze zu treiben suchte, hatte er den Erzbischof ganz auf seiner Seite.[5] Den Hexengerichtsordnungen Ferdinands von 1607 und 1628 kann das Verdienst nicht streitig gemacht werden, in eine wenig geregelte Prozessführung und in die Kostenberechnung eine gewisse Ordnung gebracht zu haben. Einzelne Bestimmungen, so die Warnung vor den durch boshafte „Vetteln“ und leichtfertige Gesellen gemachten Anklagen, ausserdem namentlich auch das Festhalten am Grundsatze einer nur einmaligen[6] Tortur, verdienen sogar alle Anerkennung.


  1. Gegen Buirmann sowohl wie gegen Reinhart liefen verschiedene Klagen ein. K. R. P.: 1630, 1635 April 25, 1637 Nov. 17, 1639, 1640, 1642; gegen Reinhart, der den armen Sündern gräuliche Tortur anthue und schon über 800 Personen habe verbrennen lassen: 1630 November 14 und 28. Kaspar Reinhart scheint in Westfalen verschollen zu sein. Nach gütiger Mitteilung des Herrn Archivvorstehers Dr. Kohlmann in Münster bewahrt das dortige Staatsarchiv über Reinharts Wirksamkeit kein Material und fehlt sein Name anscheinend auch in Druckwerken zur westfälischen Geschichte. – Nach den K. R. P. 1630 November 28 reichte Kaspar Reinhart in Erwiderung der gegen ihn erhobenen schweren Beschuldigungen einen Gegenbericht ein; von diesem mangelt heute jede Spur.
  2. K. R. P. 1617 März 10.
  3. L. Ennen a. a. O. S. 788. Nach Ennen hatte der Rundgang u. a. auch zur Folge, dass der Erzbischof selbst nicht unverdächtigt blieb.
  4. L. Ennen a. a. O. S. 789. Abschrift des Gedichts im Düsseldorfer Staatsarchiv. (Kurköln-Stadt Köln, Hohes Gericht ad No. 6, Fascic. II.)
  5. Folgt aus den gen. Akten des hiesigen Staatsarchivs und den Kölner Reg.-Protokollen.
  6. Im Sinne, dass gegen einen Angeklagten, dem die Folterung ein Schuldbekenntnis nicht erpresste, nur in dem Falle wiederum mit der Tortur vorgegangen werden durfte, dass neue Schuld-Indicien hinzukamen.
Empfohlene Zitierweise:
Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/86&oldid=- (Version vom 1.8.2018)