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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

Mit den Hexenprozessen schwand indes nicht die Furcht vor Hexen und Zauberern. Diese nahm erst ganz allmählich ab, vielleicht am meisten während der mit so vielen Ueberlieferungen des Mittelalters gründlich abrechnenden Zeit der Fremdherrschaft. Selbst heutzutage wissen die niederrheinischen Zeitungen zuweilen noch über seltsame Fälle von Hexenaberglauben zu berichten, – ich erinnere hier nur an K. Dirksens interessante Mitteilungen aus der Ruhrorter Gegend zum Jahre 1882.[1] Schliesslich seien noch einige nicht unwesentliche Einzelheiten flüchtig gestreift.

Die Folter war bei uns lange vor dem Ausgang des Mittelalters bekannt; Genaueres ist indes nicht ermittelt. Das Jülicher Landrecht[2] erwähnt sie im 55. Artikel: Verübung von Notzucht an Jungfrauen. In zwei[3] niederrheinischen Urkunden von 1379 und 1466 kommt die Folter bei Diebstahl bezw. Sodomie vor; in Köln wandte man sie im Jahre 1332 gegen einen Sektierer an, um die Namen von Mitschuldigen zu erfahren.[4] Die Grundsätze, nach denen sie gegen die auf Zauberei Angeklagte zur Anwendung kam, sind längst in zahllosen Schriften eingehend erörtert worden. Irrig ist die stellenweise vorkommende Angabe, dass solche Angeklagte der Folterung entgingen, wenn sie im Bewusstsein ihrer Widerstandsunfähigkeit von vornherein sich als Schuldige bezeichneten. Ein Bekenntnis musste vielmehr durch die Folter bestätigt (konfirmiert) werden, wie dies die Kölner Regiminal-Protokolle[5] und ein berühmter Hexenprozess aus dem Ende des 16. Jahrhunderts beweisen.[6] Nicht mit Unrecht nennt Fr. von Spee die Folter die „Allmächtige“.[7] Hauptsächlich auf ihrer grauenerregenden


in conscientia, ut in hoc enormissimo crimine arbitrium extenderet ad ultimum supplicium, ante decimum sextum annum competum, nisi maximae circumstantiae accederent.


  1. Rheinische Geschichtsblätter 1894, No. 11, S. 348.
  2. Th. J. Lacomblet, Archiv für die Geschichte des Niederrheins. 1831 Bd. I, S. 62.
  3. Th. J. Lacomblet, Urkundenbuch Bd. 3, No. 829, S. 726 und Bd. IV, No. 331, S. 412.
  4. P. Fredericq, Corpus document. Inquisit. Bd. I, No. 177, p. 172.
  5. Lechenich 1629 Januar 29: habs mit der gutlichen confession anders kein meinung gehabt, als dass dieselbe, wan sie gelten solten, per subsequentem torturam muste confirmirt werden, wie die zugezogene rechtsgelerten wissen werden.
  6. Malmedy-Stabloer Gegend. J. v. Görres a. a. O. S. 555 und 557.
  7. Cautio criminal. p. 452: torturam appellabat Omnipotentem.
Empfohlene Zitierweise:
Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/90&oldid=- (Version vom 1.8.2018)