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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

dem Hexenhammer erklären sich die der Zauberei Verdächtigten in der Regel gern zur Probe des glühenden Eisens bereit; der Teufel könne, so glaubte man, durch natürliche Mittel das glühende Metall wirkungslos machen.[1] Somit bietet die Erklärung des öftern Gelingens der Feuerprobe nur wenig Schwierigkeiten.[2] Anders mit der Wasserprobe, bezüglich welcher es bis jetzt nicht gelungen ist, das in zahllosen Fällen vorgekommene Aufschwimmen der „Hexen oder Zauberer“ ausreichend zu erklären. „Ging alles mit rechten Dingen zu“, sagt S. Riezler,[3] „so musste die Angeklagte untersinken. Mit Recht hat daher schon ein älterer Autor bemerkt, dass es von der Bosheit oder Gunst desjenigen, der den Strick hielt, abhing, die Hexe schwimmen oder versinken zu lassen.“ Letzteres ist insofern unzweifelhaft richtig, als sehr häufig der Henker, wo es an der genügenden Aufsicht mangelte, von diesem Kunstgriff Gebrauch gemacht haben mag. Aber der Kunstgriff war doch ein allbekannter, und das Aufwerfen auf das Wasser erfolgte in der Regel in Gegenwart von Gerichtspersonen und einer zahlreichen Menge. Gegen einen so plumpen Betrug wäre also sicher sehr oft Einspruch erhoben worden; es ist daher nach andern Erklärungsgründen zu suchen. Du Prel meint, dass in gewissen, mit dem Somnambulismus verwandten Zuständen die natürliche Schwerkraft des Organismus durch eine entgegenstehende, irgendwie mit Elektricität zusammenhängende Kraft überwunden werde.[4] J. v. Görres sagt: „Man weiss, wie wenig dazu gehört, den Menschen, der schon von Natur auf dem Rücken schwimmt, dazu zu bereiten, dass er in allen Lagen nicht untergeht. Der gezwungene Hunger, die Not und die Ascese alter Frauen konnte diese Bereitung nur allzu leicht hervorbringen“.[5] Du Prels und v. Görres‘ Erklärungsversuche sind Notbehelfe; eine ausreichende, naturwissenschaftlich begründete Lösung des Problems steht noch aus. Die Geschichte der Hexenverfolgungen am Niederrhein hat namentlich zwei Fälle aufzuweisen, in denen die Angeklagten flehentlich baten, der Wasserprobe


  1. Malleus malefic. l. c. p. 575.
  2. Interessanter Aufsatz über das Tauchen der Hände in geschmolzenes Metall, Gehen über glühendes Eisen etc. in Mercure du département de Röer 1812 tom. III. p. 149.
  3. A. a. O. S. 80 f.
  4. S. Riezler a. a. O. S. 81.
  5. J. v. Görres a. a. O. S. 547.
Empfohlene Zitierweise:
Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/92&oldid=- (Version vom 1.8.2018)