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Verein für Eisenbahnkunde zu Berlin
Verhandelt Berlin, den 10. November 1863.
Vorsitzender: Hr. Hagen. Schriftführer: Hr. Schwedler.

Herr Strothmann zeigte im Modell eine Verschlussvorrichtung für Wegeübergänge bei Eisenbahnen vor, bei welcher beide Drehbarrieren durch eine Kette ohne Ende so verbunden sind, dass sie sich gleichzeitig öffnen und schliessen, wodurch das Ueberschreiten der Geleise durch den Bahnwärter beim Schliessen vermieden werden kann.

Herr Scholl berichtete über die Explosion eines Dampfkessels in Uchorowo bei Obornik am 28. Mai 1863, bei welchem die 33 Zoll weite Feuerröhre zusammengedrückt worden ist. Der Kessel hatte circa 305 ◻ Fuss Heizfläche, 171/3 Fuss Länge, 5 Fuss äusseren Durchmesser, und hat bei einem Gewichte von circa 176 Ctr. (nämlich 86 Ctr. 45 Pfd. Gewicht des Kesselkörpers, circa 10 Ctr. Gewicht der Armatur und ca. 80 Ctr. Gewicht von circa 130 Cub.-Fuss Wasser bei Füllung bis zum Rohrscheitel) durch die Explosion sich um 520 Fuss weit von seiner Stelle bewegt und dabei achtmal die Erde berührt. Es wird dabei auf die mangelhafte Stabilität dergleichen weiter Feuerröhren im Kessel wiederholt aufmerksam gemacht. Das Feuerrohr war nicht durch Winkeleisen verstärkt und hatte nur ?[WS 1] Zoll Wandstärke bei 31/2 Atmosphären Dampfspannung. Die vorstehende Zeichnung stellt den Zustand und die Bewegung des Kessels nach der Explosion dar.

Herr Hagen machte Mittheilung von dem Einsturze einer Eisenbahnbrücke bei Barcelona. Durch Unterwaschung der Strompfeilerfundamente, welche nicht durch Spundwände, sondern nur durch Steinschüttung geschützt waren, wurde der Einsturz während des Ueberfahrens eines Zuges veranlasst, indem ein Strompfeiler umstürzte. Es wurde bei dieser durch eine englische Gesellschaft gebauten Brücke offenbar den localen Strömungsverhältnissen nicht die nothwendige Beachtung zugewendet. – Der Vortragende knüpfte daran einige Bemerkungen, die derselbe während einer Reise von Wien nach Triest gemacht. Danach ist der Zustand der Semmering-Eisenbahn als ein sehr befriedigender zu bezeichnen, der zu keinerlei Bedenken Veranlassung giebt, obgleich der Tunnel auf der Scheitelstrecke viel Wasser durchlässt. Als eine zweckmässige Einrichtung an den Personenwagen wird ein Bügel an der Thür erwähnt, welcher beim Einsteigen erfasst werden kann.

Herr Grund berichtete über das Aufstellen der eisernen Bögen der Rheinbrücke bei Coblenz und über die grossartigen Brückenbauten der Eisenbahn von Cleve nach Elten, welche von der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft gegenwärtig zur Ausführung gebracht werden. Auf letzterer Stelle soll der Rheinstrom durch eine Kettendampffähre übersetzt werden.

Der Vortragende knüpfte hieran die nachfolgende Beschreibung der auf französischen Canälen gebräuchlichen Kettendampfschleppschifffahrt (Touage), für welche Einrichtung auf dem Rheine und der Elbe gegenwärtig Concessionen nachgesucht werden.

Die Touage (Ketten-Schleppschifffahrt) wurde zuerst im Jahre 1820 auf der Saône zu Lyon versucht, gelangte indessen erst 25 Jahre später zu einiger Geltung. Auch in England hat dieselbe einige Anwendung auf Canälen und bei Fähren gefunden, doch nicht in der Ausdehnung wie in Frankreich, indem es dort an inneren schiffbaren Strömen fehlt, für welche die Touage ganz besondere Vortheile bietet.

Die älteste der bekannten Concessionen wurde in Frankreich, für die Strecke der Saône von Lyon bis Pont St. Bernard, am 26. December 1844 ertheilt, worauf bis zum Jahre 1861 noch 5 Concessionen folgten, die grösstentheils die Seine betreffen und von welchen diejenige zur Befahrung der Seine von Conflans bis zum Meere, auf 40 preuss. Meilen Länge, die grösste Bedeutung hat.

Bekanntlich findet bei der Befahrung der Gewässer vermittelst der gebräuchlichen Dampfschiffe ein grosser Effect-Verlust durch die leichte Verschiebbarkeit des Wassers statt, auf welches sowohl die Schaufeln der Räder als auch die Flügel der Schrauben ihren Druck ausüben müssen. Auf Flüssen steigert sich dieser Verlust bei der Bergfahrt und in starken Strömungen ausserordentlich, wofür als Beispiel angeführt werden kann, dass noch in neuester Zeit das Binger Loch von einigen Remorqueurs, selbst mit nur geringem Anhange, ohne Hülfe durch Pferde vom Lande aus, nicht passirt werden konnte, obgleich ihre Maschinen auf 150 Pferdekräfte und mehr berechnet sind.

Bei der Touage hingegen wirkt die fortbewegende Kraft

Anmerkungen (Wikisource)

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Empfohlene Zitierweise:
G. Erbkam (Hrsg.): Verein für Eisenbahnkunde zu Berlin: Protokoll vom 10. November 1863. Verlag von Ernst und Korn, Berlin 1864, Seite 299/300. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_das_Bauwesen_1864_S300-304.pdf/2&oldid=- (Version vom 1.8.2018)