Spitzbuben-Sprache, oder, Wahlerey und Roth-Welsch

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Autor: Andreas Hempel
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Titel: Spitzbuben-Sprache / oder / Wahlerey und Roth-Welsch / Wie solche von dem inhafftirten Andreas Hempeln angegeben worden
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Erscheinungsdatum: ca. 1687
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Quelle: im VD17 unter der Nummer 3:640023U, UB Halle und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Flugschriften des 17. Jahrhunderts
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[1]

Spitzbuben-Sprache /

oder /

Wahlerey und Roth-Welsch /

Wie solche von dem inhafftierten Andreas Hempeln angegeben worden.


EIn Paar Schue Trittlinge
 Strümpffe Streifflinge
 Hosen Weitlinge
Ein Hembde Ein Gemsel
Ein Huth Ein Ober-Mann
Eine Mütze Ein Pätz
Ein Paar Handschu Greifflinge
Ein Rock Ein Stürtz
Ein Mantel Ein Fang
Eine Hand Eine Föhme
Eine Ficke Eine Mulde
Die 2. Finger / womit sie in die Ficken fahren. Scheeren
Das Schnupff-Tuch / das sie einem aus der Ficken ziehen.       Ein weisser Schnee
Ein Geld-Beutel Ein Dorff
Der Kopff Kobiß
Ein Scharffrichter Ein Tammer
Ein Mägdgen Ein Tillgen
Ein Knäbgen Ein Stifftgen
Eine Frau Ein Mudel
Eine Manns-Person Ein Pincke
Ein Büttel in der Stadt Eine Klette
Ein Land-Knecht im Amte Ein Land-Puller
Eine Henne Ein Steffen
Eine Gannß Ein Breit-Fuß
[2] Ein Löffel ein Schuffstock
eine Kuhe ein Hornickel
ein Pferd ein Trappert
Fleisch Postert
ein Gar-Küche eine Minckel-Bude
Butter Schmunck
Käse Fändrich
Brodt Löben
Korn Maden
ein Pfennig ein Taul
vier Pfennige vier Näbgen
vier Groschen Qvaders Kot
ein Orts-Thaler ein Orts-Maaß
ein halber Thaler ein halber Lowen
ein Sechzehen-Groschen-Stück ein Sechzehen-Kotfingen
ein Thaler ein Lowen
ein Ducate eine Blüthe
Ringe Keuterlinge
er hat Ringe gestohlen er hat Keuterlinge auffgethan
Silber-Werck Grün
eine Jungfer eine Potz-Mosche oder Klonthe
eine silberne Kette eine Schlange
ein Messer ein Kautz
eine Axt ein Hartling
ein Dorff ein Gefahr
eine Meile eine Elle
eine Elle eine Meile
eine Stadt ein Külen
ein Thor ein Kuh-Fenster
eine Büchse ein Schneller
ein Degen ein Lang Michel
ein Soldat ein Zäncker
ein Krug ein Erd-Mann
ein Tisch ein Glattert
eine zinnerne Kanne ein Bleysack
eine Stube ein Hitzling
Stroh rauschert
Heu Grünert
Betten Senfftlinge
ein Wald ein Knackert
Bier Plempel / oder Brand
gut Bier küstiger Plempel
[3] lose Bier lincker Plempel
Feuer Funckert
Band Flader
Flohr Mohr
schwartzer Zeug Köhler
eine Bude ein Wild
Tuch Haarhorn
roth Tuch roth Flocken
grün Tuch grün Flocken
ein Tuch-Hauß ein Flocken-Kasten
ein Rath-Hauß ein Sturm-Kasten
ein Hauß eine Kütte
ein Hauß da die Spitzbuben aus und eingehen ein gescheide Bonne
ein Bier-Hauß oder Gast-Hof Ein Schwecher-Kütte
ein grosse Stadt ein grandin Kille
eine Pfarre eine Frantze
ein Fenster ein Scheindling
allerley Wahren Schuricht
weisse Leinwand weisser Schnee
hingehen hinkrauten
allerley Wahren mausen ein stück Schuricht schniffen
mit einader reden mit einander wahlen
verkauffen verpassen
einer der das Geld aus der Ficke ziehet ein Roller oder Roller-Mosche
grossen Gedrang machen grandigen Verdust machen
ein Amtmann oder Edelmann ein grandiger Sims
Rollen Geld aus der Ficke ziehen
eine Ficke eine Mulde
eine Geld-Büchse eine Those
abschneiden abfäbern
bekannt geknillt
ausbiethen anschlagen
geben stören
ein Wirth ein gescheider Kober
Schlaf-Geld Schlumperpicht
Geld Hellig
borgen pompen
weinen flösseln
ein Spitzbube ein Weißkäuffer
ein Nacht-Dieb ein Schwartzbauer
[4] die Nacht die Swärtze
ein guter Jahr-Marckt ein gut Geschäffte
Strasse Strehle
die Rede die Wahlerey
ein Pferde-Dieb ein Trappert-schniffer
stehen hegen
stehlen zopfen
einer / so denen Dieben abkäufft ein Paßmann
ein rechter Ertz-Dieb. Ein grandiger Schniffer oder Schräncker
verrathen verkappen
Geld Pun
ein Küh-Dieb ein Hornickel-schniffer
die Marter oder Tortur die Bleye
eine Hexe eine Finckel-Mosche.
das Rath der Teller
ein Galgen ein Thalmann
einem den Staupbesen geben den Kohl stecken / oder einen Kohlpotten
Ehebrechen Poltzerey treiben
huren glonthen
jenem wird der Kopf abgeschlagen jener wird gekobst
die Mauserey die Schnifferey
Kopf Kobß
der Bau Schniegeyley
ein Hüner-Ey ein Potzgen
Fische Fließlinge
Wasser Flossert
Näh-Nadeln Spitzlinge
ein Kraut-Haupt ein Kohlkopff
ein Bettelmann ein Schmaltürcher
ein Vorlege-Schloß ein Klitzsch
eine Ale oder Pfriem ein Topper
Agtsteine Choren
ein Dietrich ein Schrencker
ein Brech-Eisen ein Schoberbarthel
eine Karte ein Hader
einer der mit der Karte umbgehen kan. ein Freyerschupper
ein Bauer ein Hache
ein Handwercksbürschgen ein Handwasser
spiehlen gaunen
verspiehlen fallen
ein Artz ein Storcher
[5] ein Sänger ein Schaller
ein Hurentreiber ein Poltzmeister
ein Hund ein Urin
ein Schaff ein Kleebeisser
ein Auge ein Thürling
packe dich schuff dich
laß stehen laß hocken
der siehets der spendts
sehen thüren
ein Spithal ein Geheege
eine Kirche ein Tiffel
ein Kirchen-Dieb ein Tiffelschrencker
ein Strassenräuber ein Strehlenkehrer
erschiessen beschnellen
ein Schuster ein Trittlings-Pflantzer
ein Fleischer ein Poster-Fetzer
ein Müller ein Stöber
ein Schneider ein Klufft-Pflantzer
ein Tuchmacher ein Pflocken-Pflantzer
ein Leineweber ein Schnee-Pflantzer
ein Goldschmied ein Grün-Pflantzer
ein Kupfferschmied ein Pallert-Pflantzer
ein Bortenwürcker ein Flader-Pflantzer
ein Stab ein Stemß
ein Stein ein Küssen
das Essen auffn Tische. Pettemann
der Wein Plancke
eine Wurst ein Längling
einer geringer Arth ein Schransierer
Brandtewein Finckel-Jochen
ein schweres Gefängnüß eine grandige Locke
der ist geschlossen der ist geschränckt
ein Wagen / oder Calesche eine Rolle
ein Jahrmarckt ein Geschäffte
die schwere Kranckheit schwere Pille
ein guter Jahrmarckt ein küstig Geschäffte
ein Verräther eine Kapp-Mauß
schlaffen thürmen
eine Scheune eine Schabelle
betrügen Schuppen
ein Geldmacher ein Hellig-Pflantzer
eine Silber-Bude ein Grün-Wild
[6] ein Zien-Bude ein Bley-Sacks-Wild
eine Band- oder Zwirn-Bude ein Flader-Wild
verweisen verschrencken
Haar Flachs
entlauffen abfocken
entspringen abschrencken
durchgehen Kraut fressen
zum Biere gehen zum Schwechen gehen
Spielleuthe Klingfetzer
ein Cramer ein Wildner

Wenn einer will in eine Bude gehen / so spricht er zum andern / du komm / da wollen wir hin krauten / und uns ein Stück Schuricht schniffen / i. e. etwas Wahren mausen. Wenn nun was gemauset worden / sagen sie weiter: Wo krauten wir nun hin / daß wir es verpassen / weissestu nicht etwa ein Gescheide Kober / (wo gehen wir nun hin / oder weissestu nicht etwa ein Wirths-Hauß / da wir die gestohlenen Sachen verkauffen können?) so spricht der andere: Mein Kober ist gescheidt / wollet ihr mit hinkrauten und es da verpassen.

Wenn ein Roller oder Roller-Mosche ein Dorff siehet / (i. e. wenn ein Dieb einen Beutel mit Gelde siehet) so sagen sie zum andern / gehe du mit mir / und mache mir Verdust / (einen Gedrang) den Pincken will ich rollen (diesen Beutel will ich aus der Ficke ziehen) wenn ich das Dorff rollen soll / so must du mir grandigen Verdust machen / oder / wenn ich diesen Geld-Beutel mausen soll / so mustu mir einen grossen Gedrang machen.

Wenn ein Weißkäuffer einen siehet eine Geldbüchße haben / so ihm anständig ist / spricht er zum andern: Du komm / der hatt eine schöne Those / mache mir Verdust / ich will sie rollen.

Wenn die Weißkäuffere wollen ein angebundenes stück Zeug oder Leinwand angeln / so sprechen sie zu dem andern: Kraute du hin / und fäbers ab / (schneide es ab) darnach wollen wir es schniffen.

Wenn die Weißkäuffer uff den Märckten gestohlen / so gehen sie zu einen gescheiden Kober (in ein Wirths-Hauß) und sprechen unter einander: Du bist hie geknillt / schlag du an / und verpasse es ihm / so und so viel laß dir davor stöhren / i. e. du bist hier bekannt / biethe es ihm an / verkauffe es ihm / so und so viel laß dir davor geben.

Wenn sie aber nicht können mit einander eines werden / so fänget der gescheide Kober (der Wirth) an / ie lasset es immer seyn / bleibet heunte hier / ihr sollet kein Schlumperpicht stöhren / oder Schlaff-Geld geben / wenn euch der Weg vorüber trägt / sprecht mir zu / ob ihr schon kein Hellig (Geld) habt / ich will euch pompen (oder borgen.)

[7] Wenn 2. Weißkäuffer zusammen kommen / und einer zu dem andern spricht: Ich weiß ein küstig Geschäffte (einen guten Jahrmarckt) so spricht der ander / wie viel Ellen (Meilen) sind es dahin? so antwortet der andere: Es sind irgend ohngefehr 6. 7. 8. biß 10. Ellen wohin kraut man aber zu / daß man auff die rechte Strehle kömmt? (Es sind irgend 6. 7. 8. biß 10. Meilen / wo gehet man aber zu / daß man auff die rechte Strasse kömmt?) darnach geben sie einander Gescheide und lernen sich dardurch kennen.

Wenn ein paar Trappert-Schniffer (Pferde-Diebe) zusammen kommen / und etwa einen Anschlag uff ein paar Pferde haben / so sagen sie: Da hegen ein paar Trapperte / wir wollen auff die Schwärtze hin und sie zopffen / ich weiß auch schon einen guten Paßmann / der hat mit mir gewahlet / daß er uns gut Hellig davor stöhren wolle. i. e. Da stehen ein paar Pferde / wir wollen dahin reiten / und sie stehlen / ich weiß auch schon einen guten Käuffer / der hat mit mir geredet / daß er uns gut Geld dafür geben wolte.

Wenn einer Ehebruchs oder Huhrerey halben geköpft wird / sagen sie: Er ist wegen der Poltzerey oder Glonten gekobst.

Wenn sie wegen der Schniffer- oder Mauserey nicht können an den Kobß kommen / so bringet man sie an die Schniegeyley / oder Bau.

Wenn ein Weißkäuffer auf dem Marckte was mausen will / und siehets einer / so spricht der andere: Schuff dich / laß hocken / der spents. (Gehe fort / laß es stehen / der siehets.) Wenn sie nun von dem Stande weggehen / und der so sie gesehen hat / ihnen nachsiehet / und mit dem Cramer redet / so sprechen sie: Sehet doch / wie der Schnauffer kappt / i. e. verräth.

Wenn die Weißkäuffere auf der Strassen zusammen kommen / fragen sie einander; Hast du auch ein gut Geschäffte gehabt? Da antwortet denn der andere: Ach nein! ich habe ein linck Geschäffte gehabt / es ist nicht küstig gewesen / es waren gar zu viel Kapp-Mäuse da. (ich habe keinen guten Marckt gehabt / es waren zu viel Verräther da.) Wenn einer etwas aus einer Bude stehlen will / rufft er den andern zu: Kraute doch herbey / hier wollen wir was aufthun oder zopffen.

Wenn die Freyer-Schupper oder Kartten-Spiehlere einen Bauer oder Handwercks-Burschen sehen / und mercken / daß er viel Geld bey sich habe / instruiren sie einen von denen Freyer-Schuppern / daß er den Bauer oder Handwercks-Bürschgen anreden und fragen muß / wo er hinwolle? bittet ihn / er möchte doch mit da und da hin gehen / er wolle eine Kanne Bier vor ihm bezahlen / und ob er ihm nicht ein Briefflein an seinen Bruder oder Schwester nehmen? Wenn nun der Bauer nebst dem Freyerschupper in ein Bier-Hauß kommen / so [8] sitzen derer letztern schon ein Stück 3. oder 4. übern Tische / und reden den Bauer oder reisenden Handwercks-Pursch an: Freund / wo kommt ihr her / und wo wollet ihr hin? Wenn nun der Frembde zur Antwort giebet / da hat mich der ehrliche Freund gebethen / ich möchte ihm doch ein Briefflein mit zu seiner Schwester nehmen / alsdenn spricht derjenige / so den Frembden ins Wirths-Hauß geführet hat: Freund / wollet ihr hier nicht ein wenig warten / ich will hingehen / und mir ein Briefflein machen lassen? Unterdeß aber bringen jene die Karte übern Tisch / und bereden den Frembden daß er mit spiehlen muß / wenn nun solches geschiehet / legen sie die Karte darnach / daß der Fremde nichts darvon bekommen kan / unter deß aber hilfft ihm einer derer Freyerschuppere ein / und animiret ihn / daß er immer mehr dran setzen solle / er müste gewiß und unfehlbar gewinnen. Wenn nun der Frembde das Geld verspiehlet / fänget einer derer Freyerschuppere an: Gib mir dein Bündel / Degen / oder was du hast / ich will dir 3. oder 4. Thl. drauff leihen; Wenn nun dies geliehene Geld auch weg ist / weisen die Spitzbuben die Karte auff / damit der Frembde sehen kann / daß sie 2. oder 3. Augen mehr als er gehabt / und so nun der Frembde wegen des verspielten Geldes oder Bündels kläglich thut / so fänget der Freyerschupper / welcher dem Frembden Vorschub gethan / auch an zu lamentiren / sagende: Ach daß GOtt erbarme! wo kriege ich nun mein geliehenes Geld wieder? Ihr müsset mir das Geld schaffen / oder alles mit ein ander geben / was ihr am Leibe habt / das könnet ihr euch leichtlich einbilden / daß ich mein Geld haben muß / und es euch nicht schencken werde! Will nun der Handwercks-Pursche bezahlen / so muß er alles hingeben / war er an hat. Nach diesem kömmt jener mit dem Brieffgen gegangen / und wenn er siehet oder höret / daß der Frembde wegen des verspiehlten Geldes / kläglich thut / beklagt er selbigen und spricht: Freund / ach / daß GOtt erbarme! Wie gehet es euch denn so übel / ihr armes Mensch / ach hätte ich euch doch immer lassen hingehen! Weil ihr aber durch mein Brieffgen in so grossen Schaden kommen seyd / da habt ihr 8. Gr. nehmet mir doch dieses Brieffgen mit. Lebet wohl / und seyd GOtt befohlen.