Spottvögel

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Textdaten
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Autor: h.
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Titel: Spottvögel
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 8, S. 248–249, 259
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[248]

Photographie von Franz Hanfstaengl Kunstverlag A.-G. in München.
Spottvögel.
Nach einem Gemälde von E. Rau.

[259] Spottvögel. (Zu dem Bilde S. 248 u. 249.) Einen eigenartigen Uebergang von Waldleuten zu Wasserleuten bilden in solchen Landschaften, wo wasserreiche Ströme aus Bergwäldern ins Flachland treten, die Flößer. In den Bergwäldern heimisch und aufgewachsen, sind sie meist mächtige Gestalten, wetterbraun und eisenstark. Ihr Beruf wechselt zwischen schwerer gefahrvoller Arbeit und fröhlicher Wanderschaft; und das muß auf ihr ganzes Wesen Einfluß gewinnen.

Auf den meisten der Bergströme, welche die Donau von Süden her, aus den Alpen, aufnimmt, geht heute noch fröhliche Floßfahrt, wenn auch nicht mehr so lebhaft als vordem. Von den Flößern werden die Flöße hoch droben in den Alpenländern an den einsamen Ufern der Bergströme, des Lech und der Isar, des Inn, der Salzach und der Traun, zusammengestellt. Die schwere blinkende Axt und die zweimännige Balkensäge sind das ganze Werkzeug, das zum Bau eines solchen Floßes verwendet wird. Der Bau ist nicht gefahrlos; handelt sich’s doch um ein beständiges Hantieren mit wuchtigen, rollenden, viele Centner schweren Baumstämmen.

Ist das Floß zusammengestellt und mit seiner einfachen Last – Brettern, Kalk, Bausteinen und dergleichen – beladen, dann geht die Fahrt thalab durch Wirbel und Stromschnellen auf weißschäumenden Wogen. Dieselben Fäuste, die das Fahrzeug gebaut, müssen es jetzt steuern bis hinunter in die große Stadt. Tagelang, oft wochenlang währt die Fahrt vom grauenden Morgen bis in die sinkende Nacht, bis endlich das Floß zum letzten Male an die Lände sich legt. Nun wird es an den Holzhändler oder Sägemüller abgeliefert; die Flößer, die es bisher gesteuert, nehmen ihren Lohn in Empfang, schultern ihre Aexte, beladen sich mit den schweren Tauen, mit denen sie ihr Floß bei den Landungen angebunden haben – und dann geht die Reise wieder heimwärts, den Bergen zu. Früher machten die Flößer diese Wanderungen zu Fuß; jetzt fahren sie mit der Bahn so weit als möglich. Aber wo die Eisenbahnen enden und jene stilleren Bergthäler beginnen, aus deren Inneren die Flöße kommen, da muß auch heute noch zu Fuß gegangen werden! Das ist aber auch eine wahre Lust; denn jetzt sind ja die kühnen Gesellen wieder im Banne der heimischen Wälder, jedes Dorf ist ihnen ein alter Bekannter, und man kann es ihnen nicht verargen, wenn sie überall, wo ein kühler Trunk zu haben ist, Einkehr halten.

Unser Bild zeigt uns etliche solcher Gesellen, wie sie im letzten Dorfe vor der Heimath noch einmal rasten. Aus der sonnigen Wirthsstube fällt der Blick hinaus in das grünende Alpenthal. Ueber dem Tische hängt als Wahrzeichen ein kleines zierlich gezimmertes Floß, wie man es so ziemlich in allen Wirthshäusern findet, die an floßbaren Strömen liegen. Um den Tisch aber sitzt eine fröhliche Gesellschaft, offenbar in heiterster Laune, und zwischen der schlagfertigen Freundin der Wirthstochter und den männlichen Gästen hat sich eines jener schneidigen Witzgefechte entsponnen, um die man diese einfachen Gebirgsleute mit Recht bewundert. Der junge Mensch dabei ist wohl ein Jagdgehilfe aus der Umgebung – sein Gewehr hängt an der Wand. Die drei schnurrbärtigen Männer aber mit den Spitzhüten auf den Köpfen sind heimwandernde Flößer, prachtvolle, urechte Gestalten.

„Spottvögel“ hat der Künstler sein Bild genannt, und in der That lacht aus diesen Gesichtern fröhlicher gutmüthiger Spott, der keinem Herzen weh thut. Ein sonniger, heiterer, sommerfrischer Zug liegt über dem Ganzen und läßt uns schauen, wie fern von dem lebenverzehrenden Treiben der Städte, in grünen Waldthälern der Mensch noch Stunden hat, wo er rastend nach harter Arbeit sich rückhaltlos des Daseins freut.h.