Staatsvertrag zwischen dem Deutschen Reich und Oesterreich-Ungarn wegen Herstellung mehrerer Eisenbahnverbindungen

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Titel: Staatsvertrag zwischen dem Deutschen Reich und Oesterreich-Ungarn wegen Herstellung der Eisenbahnverbindungen von Mittelsteine nach Ottendorf (Braunau), von Hannsdorf über Lindewiese nach Ziegenhals, von Lindewiese über Barzdorf (Heinersdorf) nach Ottmachau und von Ratibor nach Troppau.
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Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1885, Nr. 22, Seite 198 - 209
Fassung vom: 14. März 1885
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 15. Juni 1885
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(Nr. 1615.) Staatsvertrag zwischen dem Deutschen Reich und Oesterreich-Ungarn wegen Herstellung der Eisenbahnverbindungen von Mittelsteine nach Ottendorf (Braunau), von Hannsdorf über Lindewiese nach Ziegenhals, von Lindewiese über Barzdorf (Heinersdorf) nach Ottmachau und von Ratibor nach Troppau. Vom 14. März 1885.

Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen, im Namen des Deutschen Reichs, und Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich, König von Böhmen etc. und Apostolischer König von Ungarn, von dem Wunsche geleitet, die Eisenbahnverbindungen zwischen den beiderseitigen Reichsgebieten zu erweitern, haben zum Behufe einer hierüber zu treffenden Vereinbarung zu Bevollmächtigten ernannt:

Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen:
Allerhöchstihren Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt, Wirklichen Geheimen Legationsrath Dr. Clemens August Busch,
Allerhöchstihren Geheimen Legationsrath Paul Reichardt,
Allerhöchstihren Geheimen Ober-Finanzrath Julius Rathjen,
Allerhöchstihren Geheimen Finanzrath Gustav Schmidt,
Allerhöchstihren Geheimen Regierungsrath Dr. Paul Micke;
Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich, König von Böhmen etc. und Apostolischer König von Ungarn:
Allerhöchstihren Geheimen Rath, Kämmerer und außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter bei Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser, König von Preußen, Emerich Grafen Széchényi von Sávári Felsö-Vidék,
Allerhöchstihren Sektionsrath im Kaiserlich Königlichen Handelsministerium Ludwig Wrba,
Allerhöchstihren Regierungsrath im Kaiserlich Königlichen Handelsministerium Dr. Emil Lange Edlen von Burgenkron,
Allerhöchstihren Ministerialrath im Kaiserlich Königlichen Finanzministerium Joseph Schuck,

von welchen nach geschehener Mittheilung und gegenseitiger Anerkennung ihrer Vollmachten unter dem Vorbehalte der Ratifikation der nachstehende Vertrag verabredet und abgeschlossen worden ist. [199]

Artikel I.[Bearbeiten]

Die Königlich preußische und die Kaiserlich Königlich österreichische Regierung sind übereingekommen, Eisenbahnverbindungen:
1. von Mittelsteine nach Ottendorf (Braunau),
2. von Hannsdorf über Lindewiese nach Ziegenhals,
3. von Lindewiese über Barzdorf (Heinersdorf) nach Ottmachau oder einem anderen in der Nähe belegenen Punkte der Linie Camenz – Neisse,
4. von Ratibor oder einem anderen in der Nähe belegenen Punkte der Ratibor – Leobschützer Eisenbahn nach Troppau
zuzulassen und die Vollendung des Baues nebst der Eröffnung des Betriebes derselben innerhalb der in den Artikeln II, III und IV angegebenen Termine herbeizuführen.

Artikel II.[Bearbeiten]

Die Königlich preußische Regierung wird die in ihrem Gebiete belegene Strecke der im Artikel I unter Nr. 1 bezeichneten Bahn von Mittelsteine nach Ottendorf (Braunau) für eigene Rechnung ausführen, sobald die Bedingungen, von welchen der staatsseitige Ausbau dieser Strecke in dem preußischen Gesetze vom 21. Mai 1883 (Gesetz-Samml. S. 85) abhängig gemacht ist, seitens der Interessenten erfüllt sein werden. Sie wird alsdann der Kaiserlich Königlich österreichischen Regierung hiervon Mittheilung machen und zugleich den Zeitpunkt bezeichnen, bis zu welchem die thunlichst zu beschleunigende und längstens innerhalb zweier Jahre zu bewirkende betriebsfähige Herstellung der preußischen Strecke erfolgt sein wird.
Die Kaiserlich Königlich österreichische Regierung wird ihrerseits nach Empfang dieser Mittheilung die privilegirte österreichisch-ungarische Staatseisenbahngesellschaft, welcher bereits unter ihrer früheren Firma „K. K. privilegirte österreichische Staatseisenbahngesellschaft“ unter dem 14. September 1872 die Konzession zum Bau und Betriebe der auf österreichischem Staatsgebiete belegenen Strecke dieser Bahn ertheilt worden ist, anhalten, die Vollendung des Baues und die Eröffnung des Betriebes der österreichischen Grenzstrecke gleichzeitig mit der Vollendung des Baues und mit der Eröffnung des Betriebes der preußischen Strecke zu bewirken.

Artikel III.[Bearbeiten]

Für die im Artikel I unter Nr. 2 genannte Eisenbahn von Hannsdorf über Lindewiese nach Ziegenhals hat die Kaiserlich Königlich österreichische Regierung rücksichtlich der in ihrem Gebiete belegenen Strecke unter dem 5. März 1885 die Konzession an die unter der Firma „österreichische Lokaleisenbahngesellschaft“ bestehende Aktiengesellschaft in Prag ertheilt und dem Konzessionär die Verpflichtung [200] auferlegt, die Bahnstrecke von Hannsdorf bis an die beiderseitige Reichsgrenze in der Richtung nach Ziegenhals längstens binnen zwei und einem halben Jahre, vom Tage der Konzessionsertheilung an gerechnet, zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.
Die Königlich preußische Regierung wird ihrerseits baldthunlichst dem vorgenannten Konzessionär der österreichischen Theilstrecke der Eisenbahn Hannsdorf – Ziegenhals die Konzession zum Bau und Betriebe der auf preußischem Staatsgebiete belegenen Strecke von der beiderseitigen Reichsgrenze bis Ziegenhals unter den in Preußen üblichen Bedingungen und, soweit dies in ihrer Einwirkung liegt, unter Festhaltung des für die österreichische Strecke dieser Bahn festgesetzten Vollendungstermins ertheilen und davon der Kaiserlich Königlich österreichischen Regierung Kenntniß geben.

Artikel IV.[Bearbeiten]

Die Königlich preußische Regierung erklärt sich bereit, die auf ihrem Gebiete belegenen Strecken der im Artikel I unter Nr. 3 und 4 bezeichneten Linien Lindewiese – Ottmachau und Ratibor – Troppau für eigene Rechnung auszuführen, sobald sie die gesetzliche Ermächtigung hierzu erhalten haben und die Erfüllung derjenigen Bedingungen, von welchen der Bau dieser Linien gesetzlich etwa abhängig gemacht werden sollte, sichergestellt sein wird.
Sie wird ihre Entschließung, die gesetzliche Ermächtigung zum Bau der in Preußen belegenen Strecken der beiden genannten Linien herbeizuführen, der Kaiserlich Königlich österreichischen Regierung mittheilen, worauf letztere alsbald und längstens innerhalb dreier Monate die Königlich preußische Regierung benachrichtigen wird, ob sie die Konzession zum Bau der österreichischen Strecke der Linie Ratibor – Troppau einem österreichischen Unternehmer ertheilen oder der Königlich preußischen Regierung das Recht einräumen will, diese Strecke zu bauen und zu betreiben. In letzterem Falle sollen für den Bau und Betrieb die Bestimmungen des gegenwärtigm Vertrages, sowie die jeweilig in Oesterreich geltenden Gesetze und Verordnungen mit der Maßgabe zur Anwendung kommen, daß keine ungünstigeren Bedingungen Platz greifen, als für ohne Staatsgarantie unternommene Eisenbahnen üblich sind.
Sobald die Herstellung der in Preußen belegenen Strecken der Linien Lindewiese – Ottmachau und Ratibor – Troppau durch die Königlich preußische Regierung sichergestellt ist, wird dieselbe der Kaiserlich Königlich österreichischen Regierung hiervon Mittheilung machen und zugleich den Zeitpunkt bezeichnen, bis zu welchem die thunlichst zu beschleunigende betriebsfähige Herstellung der preußischen Strecken erfolgt sein wird.
Nach Empfang dieser Mittheilung wird die Kaiserlich Königlich österreichische Regierung in Gemäßheit der im Absatz 2 des gegenwärtigen Artikels getroffenen Vereinbarung alsbald die Konzession zum Bau der österreichischen Grenzstrecke der Linie Ratibor – Troppau ertheilen, beziehungsweise der Königlich preußischen Regierung das Recht zum Bau und Betriebe dieser Strecke einräumen. [201]
Hinsichtlich der österreichischen Strecke der Linie Lindewiese – Ottmachau bleibt die Konzessionsertheilung an einen österreichischen Unternehmer der Kaiserlich Königlich österreichischen Regierung vorbehalten.

Artikel V.[Bearbeiten]

Die spezielle Feststellung der Bahnlinien, wie des gesammten Bauplanes und der einzelnen Bauentwürfe, insbesondere auch der im militärischen Interesse für nothwendig erachteten Anlagen bleibt jeder der beiden Regierungen für ihr Gebiet vorbehalten.
Die Punkte, wo die beiderseitige Reichsgrenze von den Bahnen überschritten wird, sollen auf Grund der von den betreffenden Eisenbahnverwaltungen auszuarbeitenden Projekte, nöthigenfalls durch technische Kommissarien näher bestimmt werden.

Artikel VI.[Bearbeiten]

Die neu herzustellenden Eisenbahnen (Artikel I) sollen zunächst nur mit einem durchgehenden Geleise versehen werden. Bei dem Eintritt des Bedürfnisses für die Herstellung des zweiten Geleises werden die Hohen Regierungen behufs einer Verständigung hierüber in weitere Verhandlung treten.
Zum Zweck des Erwerbes der zur Anlage der Bahnen erforderlichen Grundstücke soll den Unternehmern in jedem der beiden Staatsgebiete das Enteignungsrecht nach den dort jeweilig geltenden gesetzlichen Bestimmungen eingeräumt werden.
Die Spurweite der Geleise soll in Uebereinstimmung mit den anschließenden Bahnen 1,435 Meter im Lichten der Schienen betragen. Auch im Uebrigen sollen die Konstruktionsverhältnisse der anzulegenden Eisenbahnen und deren Betriebsmittel dergestalt nach gleichmäßigen Grundsätzen festgestellt werden, daß auf den beiderseitigen Bahnstrecken ein ineinandergreifender Betrieb stattfinden kann, insbesondere auch die Betriebsmittel von und nach den anschließenden Bahnen ungehindert übergehen, beziehungsweise wechselseitig benutzt werden können.
Die von einer der beiden Hohen Regierungen geprüften Betriebsmittel werden ohne nochmalige Prüfung auch auf der im Gebiete der anderen liegenden Bahnstrecke zugelassen werden.

Artikel VII.[Bearbeiten]

Die beiden Hohen Regierungen verpflichten sich, zuzulassen und anzuordnen, daß die neu herzustellenden Eisenbahnen an ihren Endpunkten in angemessene, den Uebergang der Betriebsmittel gestattende Schienenverbindung mit den zur Zeit daselbst anschließenden Eisenbahnen gesetzt werden.

Artikel VIII.[Bearbeiten]

Die volle Landeshoheit (also auch die Ausübung der Justiz- und Polizeigewalt) bleibt in Ansehung der die beiderseitige Reichsgrenze überschreitenden [202] Bahnstrecken auf jedem der beiden Gebiete der betreffenden Territorialregierung ausschließlich vorbehalten.

Artikel IX.[Bearbeiten]

Die Hohen Regierungen behalten sich vor, zur Handhabung der ihnen über die Bahnstrecken in ihrem Gebiete und den Betrieb auf denselben zustehenden Hoheits- und Aufsichtsrechte Kommissarien zu bestellen, welche die Beziehungen ihrer Regierungen zu den Eisenbahnverwaltungen in allen denjenigen Fällen zu vertreten haben, die nicht zum direkten gerichtlichen oder polizeilichen Einschreiten der kompetenten Landesbehörden geeignet sind.

Artikel X.[Bearbeiten]

Unbeschadet des Hoheits- und Aufsichtsrechtes der Hohen vertragschließenden Theile über die in ihren Gebieten belegenen Bahnstrecken und über den darauf stattfindenden Betrieb, verbleibt die Ausübung des Oberaufsichtsrechtes über die den Betrieb führenden Eisenbahngesellschaften oder Eisenbahnverwaltungen im Allgemeinen derjenigen Regierung, in deren Gebiete dieselben ihren Sitz haben.

Artikel XI.[Bearbeiten]

Die Bahnpolizei wird unter Aufsicht der dazu in jedem der beiden Gebiete kompetenten Behörden in Gemäßheit der für jedes Gebiet geltenden Vorschriften und Grundsätze zunächst durch die Beamten der Eisenbahnverwaltung gehandhabt werden.

Artikel XII.[Bearbeiten]

Insoweit ein österreichischer Unternehmer innerhalb des preußischen Gebietes, oder ein preußischer Unternehmer innerhalb des österreichischen Gebietes den Bau beziehungsweise Betrieb der den Gegenstand dieses Vertrages bildenden Eisenbahnen ganz oder theilweise übernimmt oder künftig übernehmen sollte, hat sich derselbe rücksichtlich aller aus der Anlage und beziehungsweise dem Betriebe der Bahn herzuleitenden Entschädigungsansprüche den Gesetzen und der Gerichtsbarkeit des Staates, in welchem die Schadenszufügung stattgefunden hat, zu unterwerfen, insofern der Entschädigungsanspruch nicht aus einem mit der betriebführenden Bahnverwaltung oder mit einer der übrigen an dem Transport betheiligten Bahnen abgeschlossenen Frachtgeschäfte hergeleitet wird.

Artikel XIII.[Bearbeiten]

Reichsangehörige des einen der Hohen vertragschließenden Theile, welche von den Eisenbahnverwaltungen beim Betriebe der Bahnstrecken im Gebiete des [203] anderen Theiles angestellt werden, scheiden dadurch nicht aus dem Unterthanenverbande ihres Heimathlandes aus.
Die Stellen der Lokalbeamten mit Ausnahme der Bahnhofsvorstände, der Telegraphen- und derjenigen Beamten, welche mit der Erhebung von Geldern betraut sind, sollen jedoch thunlichst mit einheimischen Staatsangehörigen besetzt werden.
Sämmtliche Beamte sind ohne Unterschied des Ortes ihrer Anstellung bei der Bahn rücksichtlich der Disziplinarbehandlung nur der Anstellungsbehörde, im Uebrigen aber den Gesetzen und Behörden des Staates unterworfen, in welchem sie ihren Wohnsitz haben.

Artikel XIV.[Bearbeiten]

Die Feststellung und Genehmigung der Fahrpläne und Tarife bleibt derjenigen Regierung vorbehalten, in deren Gebiete die betriebführende Eisenbahnverwaltung ihren Sitz hat. Jedoch soll die Feststellung der Tarifsätze für diejenigen Strecken der neu anzulegenden Eisenbahnen, welche zwischen den beiderseits zunächst der Grenze befindlichen Stationen belegen sind und von ein und derselben Verwaltung betrieben werden, nach gleichen Grundsätzen erfolgen.

Artikel XV.[Bearbeiten]

Die im Interesse der Erleichterung des gegenseitigen Eisenbahnverkehrs zwischen dem Deutschen Reich und Oesterreich-Ungarn jeweilig bestehenden Vertragsbestimmungen, insbesondere also die Bestimmungen der Artikel 15 bis einschließlich 18 des Handelsvertrages vom 23. Mai 1881, insolange derselbe Gültigkeit hat, finden auch auf die durch den gegenwärtigen Vertrag gesicherten Eisenbahnanschlüsse Anwendung.
Beide Hohe vertragschließende Theile werden namentlich dafür Sorge tragen,
1. daß auf jeder der in Frage stehenden Eisenbahnen möglichst im Anschlüsse an die Züge der angrenzenden Bahnstrecken für die Personenbeförderung mindestens zwei Züge täglich in beiden Richtungen und für den Güterverkehr so viele Züge eingerichtet werden, als zur Bewältigung desselben erforderlich sind, sowie daß die sonstigen Vetriebsanordnungen den Verkehrsinteressen entsprechend geordnet werden;
2. daß der Einführung direkter Expeditionen im Personen- und Güterverkehr zwischen jeder der den Gegenstand dieses Vertrages bildenden Eisenbahnen und den angrenzenden beiderseitigen Bahnstrecken, falls dieselbe im Interesse des Verkehrs von beiden Hohen Regierungen als wünschenswerth bezeichnet wird, seitens der betriebführenden Verwaltungen jener Eisenbahnen, soweit dieselben betheiligt sind, nicht widersprochen werde. [204]

Artikel XVI.[Bearbeiten]

Der Betriebswechsel soll stattfinden:
a) bezüglich der Eisenbahn von Mittelsteine nach Ottendorf (Braunau) in der Station Mittelsteine der bestehenden preußischen Eisenbahnlinie Dittersbach – Glatz;
b) bezüglich der Eisenbahn von Hannsdorf über Lindewiese nach Ziegenhals in der bestehenden preußischen Station Ziegenhals;
c) bezüglich der Eisenbahn von Lindewiese nach Ottmachau in der in unmittelbarer Nähe der beiderseitigen Reichsgrenze bei Barzdorf oder Heinersdorf neu anzulegenden Uebergangsstation;
d) bezüglich der Eisenbahn von Ratibor nach Troppau in der bestehenden Station Troppau der Mährisch-Schlesischen Zentralbahn.
Zu diesem Zweck wird Folgendes vereinbart:
Zu a): Die Königlich preußische Regierung wird der privilegirten österreichisch-ungarischen Staatseisenbahngesellschaft den Betrieb auf der Strecke von der beiderseitigen Grenze bis zur Wechselstation Mittelsteine überlassen und derselben die Mitbenutzung dieser Wechselstation gestatten (Artikel XVII und XVIII).
Zu b): Dem österreichischen Unternehmer der Eisenbahn Hannsdorf – Ziegenhals wird seitens der Königlich preußischen Staatseisenbahnverwaltung das Recht der Mitbenutzung der bestehenden Station Ziegenhals eingeräumt werden.
Zu c): Je nachdem die Uebergangsstation auf preußischem Staatsgebiete bei Heinersdorf oder auf österreichischem Staatsgebiete bei Barzdorf angelegt wird, soll dem Unternehmer der österreichischen Theilstrecke die Mitbenutzung der Uebergangsstation Heinersdorf, beziehungsweise der preußischen Staatseisenbahnverwaltung die Mitbenutzung der Uebergangsstation Barzdorf eingeräumt werden.
Zu d): Die Kaiserlich Königlich österreichische Regierung wird die Verwaltung der Mährisch-Schlesischen Zentralbahn anhalten, der Königlich preußischen Staatseisenbahnverwaltung die Mitbenutzung ihrer bestehenden Station Troppau und eventuell auch der Verbindungsbahn von dieser Station nach dem Bahnhofe der ausschließlich privilegirten Kaiser-Ferdinands-Nordbahn bei Troppau zu gestatten. Desgleichen wird, im Falle der Bau der Bahnstrecke von Troppau bis zur beiderseitigen Reichsgrenze nicht der Königlich preußischen Regierung überlassen, sondern einem Privatunternehmer konzessionirt werden sollte (Artikel IV), dem letzteren seitens der Kaiserlich Königlich österreichischen Regierung die [205] Verpflichtung auferlegt werden, den Betrieb dieser Bahnstrecke der Königlich preußischen Staatseisenbahnverwaltung für die Dauer der Konzession zu überlassen.
Die Einrichtungen des Baues und Betriebes, die Konstruktion des Oberbaues und die Signaleinrichtungen von der beiderseitigen Grenze bis zu den vorgenannten Wechselstationen, eintretendenfalls bis zum Anschluß an die Troppauer Verbindungsbahn, sollen mit denjenigen Einrichtungen übereinstimmen, welche für die auf dem benachbarten Gebiete belegenen Strecken dieser Bahnen genehmigt werden. Für die Anlage und die Ausrüstung der Wechselstationen sind die Grundsätze maßgebend, welche in dem Staate gelten, in dessen Gebiete diese Stationen belegen sind.

Artikel XVII.[Bearbeiten]

Ueber die Bedingungen der Betriebsüberlassung auf der preußischen Theilstrecke der Linie Mittelsteine – Ottendorf bleibt eine Verständigung zwischen der Königlich preußischen Staatseisenbahnverwaltung und der privilegirten österreichisch-ungarischen Staatseisenbahngesellschaft vorbehalten.
Beim Mangel eines Einverständnisses haben sich die Bahnverwaltungen den nach vorgängiger Verständigung gemeinschaftlich zu treffenden Anordnungen der beiden Hohen Regierungen zu fügen.
Jedenfalls soll aber die betriebführende Gesellschaft seitens der Kaiserlich Königlich österreichischen Regierung bindend verpflichtet werden, die ordnungsmäßige Instandhaltung der ihr in Betrieb gegehenen Strecke nebst allem Zubehör einschließlich der nach preußischen Verwaltungsgrundsätzen erforderlich werdenden Erneuerungen auf eigene Kosten zu übernehmen und der Königlich preußischen Regierung das auf die betreffende Strecke nachweislich verwendete Anlagekapital, jedoch ohne Einrechnung etwaiger Kosten der Geldbeschaffung und Kursverluste, mit jährlich fünf Prozent zu verzinsen.
Nach gleichen Grundsätzen werden die Erweiterungen der ursprünglichen Bahnanlagen behandelt, welche die Königlich preußische Regierung im Interesse des Verkehrs für geboten erachten möchte.
Die Bestimmungen dieses Artikels finden auch auf die österreichische Theilstrecke der Eisenbahn von Ratibor nach Troppau für den Fall sinngemäße Anwendung, daß jene Theilstrecke von einem Privatunternehmer hergestellt und an die Königlich preußische Staatseisenbahnverwaltung zum Betriebe überlassen werden sollte.

Artikel XVIII.[Bearbeiten]

Wegen Mitbenutzung der Bahnhöfe und der Bahnhofsanlagen bei Mittelsteine, Ziegenhals, Barzdorf beziehungsweise Heinersdorf sowie bei Troppau und wegen der den Eigenthümern dafür zu leistenden besonderen Entschädigung haben die beiderseitigen Bahnverwaltungen unter Vorbehalt der Genehmigung ihrer Regierungen gleichfalls ein Abkommen mit einander zu treffen und beim Mangel [206] eines Einverständnisses sich den nach vorgängiger Verständigung gemeinschaftlich zu treffenden Anordnungen der beiden Hohen Regierungen zu fügen.
Dabei sollen die Kosten für diejenigen Neuanlagen, Um- und Erweiterungsbauten einschließlich derjenigen für die Zoll-, Post-, Telegraphen- und Polizeiverwaltung, welche in Folge Einführung der neu herzustellenden Bahnen in die im Eingange dieses Artikels bezeichneten Bahnhöfe auf den letzteren durch das wirkliche Bedürfniß erfordert werden, seitens der diese Bahnhöfe mitbenutzenden Eisenbahnverwaltungen nach Verhältniß der Mitbenutzung den Eigenthümern mit fünf Prozent verzinst werden.

Artikel XIX.[Bearbeiten]

Auf den Grenzstationen Mittelsteine, Barzdorf beziehungsweise Heinersdorf und Troppau wird zur Erreichung des im Artikel 8 des Handelsvertrages vom 23. Mai 1881 bezeichneten Zweckes von beiden Seiten je ein Grenzzollamt mit den den Verkehrsverhältnissen entsprechenden Abfertigungsbefugnissen errichtet werden.
Außerdem sollen in der Station Braunau, nach Maßgabe des einverständlich zu ermittelnden und auf Antrag einer der beiden Hohen Regierungen jeweilig einverständlich neu festzustellenden Bedürfnisses, von den beiderseitigen Zollverwaltungen die erforderlichen Einrichtungen zur zollamtlichen Behandlung und Abfertigung des dortigen Lokalgüterverkehrs getroffen werden.
Die hierfür in Braunau erforderlichen baulichen Einrichtungen hat die privilegirte österreichisch-ungarische Staatseisenbahngesellschaft unentgeltlich beizustellen und zu erhalten und den Beamten der beiderseitigen Zollverwaltungen zur Durchführung ihrer Amtshandlungen freie Fahrt auf der Bahnstrecke von Halbstadt bis Mittelsteine zu gewähren.
Die zollamtliche Revision und Abfertigung der über die beiderseitige Reichsgrenze bei Ziegenhals auf der Eisenbahn Hannsdorf – Ziegenhals ein- und ausgehenden Reisegepäckstücke und Güter wird von den in der bestehenden Station Ziegenhals vertragsmäßig bereits errichteten beiderseitigen Zollämtern besorgt werden.
Die vertragschließenden Hohen Regierungen erklären sich bereit, die Befugnisse der vorgenannten Zollämter zu erweitern, sobald und soweit die Ausdehnung des Verkehrs dies erfordern sollte.

Artikel XX.[Bearbeiten]

Die Förmlichkeiten der zollamtlichen Revision und Abfertigung des Passagiergepäcks und der ein- und ausgehenden Güter, sowie der zollamtlichen Ueberwachung des im Artikel 18 Alinea 2 und 3 des Handelsvertrages vom 23. Mai 1881 vorgesehenen Durchzugsverkehrs sollen seinerzeit durch beiderseitige Kommissarien noch näher verabredet werden.

Artikel XXI.[Bearbeiten]

Die wegen Handhabung der Paß- und Fremdenpolizei im Eisenbahnverkehr zwischen beiden Regierungen schon bestehenden oder noch zu verabredenden [207] Bestimmungen sollen auf die in Rede stehenden Eisenbahnverbindungen Anwendung finden.
Ueber die Amtsbefugnisse derjenigen Polizeibeamten, welche von einer der beiden Hohen Regierungen auf den in dem Nachbarstaate belegenen Grenzbahnhöfen stationirt werden sollten, bleibt eine besondere Verständigung vorbehalten. Die diesfällige Verhandlung soll mindestens drei Monate vor Inbetriebsetzung der betreffenden Eisenbahn beginnen und vor der Eröffnung des Betriebes thunlichst vollständig zum Abschluß gebracht werden.

Artikel XXII.[Bearbeiten]

Die Regulirung des Post- und Telegraphenbetriebes bleibt der besonderen Verständigung zwischen den beiderseitigen Post- und Telegraphenverwaltungen vorbehalten.
Für den Fall, daß hiernach bei den Eisenbahnverbindungen von Mittelsteine nach Ottendorf (Braunau) und von Hannsdorf nach Ziegenhals der Betriebswechsel auch für den Postbetrieb an denselben Punkten stattfindet, welche nach Artikel XVI für den Eisenbahnbetriebswechsel in Aussicht genommen sind, haben die betriebführenden Eisenbahnverwaltungen die Verpflichtung zu übernehmen, auf den Strecken zwischen der beiderseitigen Reichsgrenze und den Bahnhöfen bei Mittelsteine und Ziegenhals dieselben Leistungen zu Gunsten der Kaiserlich Königlich österreichischen Postverwaltung auszuführen, welche denselben für die auf österreichischem Gebiete belegenen Bahnstrecken konzessionsmäßig auferlegt werden.

Artikel XXIII.[Bearbeiten]

Jede der beiden Hohen Regierungen wird den Betrieb der auf ihrem Gebiete belegenen Bahnstrecken, soweit und so lange derselbe von einer Eisenbahnverwaltung des anderen Landes geführt wird, mit keinen anderen oder höheren Abgaben belegen, als denjenigen, welche daselbst den Bahnbetrieb ausländischer Eisenbahnverwaltungen im Allgemeinen treffen.

Artikel XXIV.[Bearbeiten]

Die Königlich preußische Regierung behält sich das Recht vor, die innerhalb ihres Gebietes belegene Strecke der Hannsdorf – Ziegenhalser Eisenbahn nebst allem Zubehör jederzeit, von dem Tage der Betriebseröffnung an gerechnet, nach einer mindestens ein halbes Jahr vorher zu machenden Ankündigung zu erwerben. Macht sie von diesem Rechte Gebrauch, so hat sie der Eigenthümerin das nachweislich aufgewendete Baukapital, einschließlich viereinhalb Prozent Bauzinsen, sowie den für inzwischen etwa ausgeführte Meliorationen verausgabten Betrag, abzüglich des in Folge etwaiger Deteriorationen eingetretenen Minderwerthes, zu vergüten. [208]
Die Ermittelung des für Deteriorationen abzuziehenden Betrages soll durch Sachverständige stattfinden, von denen jeder Theil Einen ernennt. Können die beiden Sachverständigen sich nicht einigen, so haben die beiden Hohen Regierungen je einen unparteiischen, keinem der beiden Staaten angehörenden Sachverständigen zu dem Zweck zu bezeichnen, damit nach Bestimmung des Looses einer dieser beiden Sachverständigen den beiden anderen Sachverständigen als Dritter hinzutritt. Diese drei Sachverständige entscheiden dann nach Stimmenmehrheit.
Desgleichen bleibt der Kaiserlich Königlich österreichischen Regierung das Recht vorbehalten, die auf österreichischem Gebiete belegene Strecke der Eisenbahn von Ratibor nach Troppau, falls auch diese Strecke von der Königlich preußischen Regierung für eigene Rechnung hergestellt worden sein sollte, vom Tage der Betriebseröffnung an gerechnet, jederzeit unter den oben bezüglich der preußischen Strecke der Hannsdorf – Ziegenhalser Bahn festgesetzten Bedingungen einzulösen.
Auch behält sich die Königlich preußische Regierung bezüglich der in ihrem Gebiete belegenen Strecke der Linie Hannsdorf – Ziegenhals das Heimfallsrecht im Sinne des österreichischen Eisenbahnkonzessionsgesetzes vom 14. September 1854 (Reichs-Gesetzbl. Nr. 238) derart vor, daß der Heimfall nach 90 Jahren, vom Tage der Konzessionsertheilung für die preußische Strecke an gerechnet, eintritt.
Desgleichen bleibt der Kaiserlich Königlich österreichischen Regierung das Heimfallsrecht bezüglich der Bahnstrecke von der beiderseitigen Reichsgrenze bis Troppau nach Maßgabe der vorerwähnten gesetzlichen Bestimmungen vorbehalten.

Artikel XXV.[Bearbeiten]

Bei Eintritt einer Aenderung in den Eigenthumsverhältnissen der den Gegenstand dieses Vertrages bildenden Eisenbahnen, in Folge Einlösung oder Heimfalls von Strecken derselben, soll zwischen den Hohen Regierungen ein dem Verkehr und den beiderseitigen Interessen entsprechendes besonderes Uebereinkommen getroffen werden.
Uebrigens soll auch in diesen Fällen der Betrieb der Strecken einerseits von der beiderseitigen Reichsgrenze nach Mittelsteine und Ziegenhals dem Betriebsführer der anschließenden österreichischen Strecken, andererseits von der beiderseitigen Reichsgrenze nach Troppau dem Betriebsführer der anschließenden preußischen Strecke überlassen werden. Ueber die näheren Bedingungen dieser Betriebsüberlassung bleibt eine Verständigung der beiderseitigen Eisenbahnverwaltungen vorbehalten, jedoch sollen bei dem hierüber abzuschließenden Abkommen dieselben Grundsätze Anwendung finden, welche wegen der Ueberlassung des Betriebes der preußischen Anschlußstrecke der Mittelsteine – Ottendorfer Eisenbahn an die privilegirte österreichisch-ungarische Staatseisenbahngesellschaft und wegen Mitbenutzung der Bahnhöfe Mittelsteine beziehungsweise Ziegenhals und Troppau in diesem Vertrage vereinbart sind.
Sofern die Kaiserlich Königlich österreichische Regierung den Betrieb der Eisenbahnen Hannsdorf – Ziegenhals beziehungsweise Lindewiese – Reichsgrenze selbst [209] übernehmen sollte, ohne das Eigenthum dieser Bahnen zu erwerben, bleiben für die Dauer dieser Betriebsübernahme die bezüglichen Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages unverändert in Kraft.
Der Königlich preußischen Regierung soll es freistehen, die aus diesem Vertrage für sie hervorgehenden Rechte und Pflichten auf das Deutsche Reich zu übertragen.

Artikel XXVI.[Bearbeiten]

Gegenwärtiger Vertrag soll beiderseitig zur Allerhöchsten Genehmigung vorgelegt und die Auswechselung der darüber auszufertigenden Ratifikations-Urkunden soll baldthunlichst in Berlin bewirkt werden.
Zur Beglaubigung dessen haben die Bevollmächtigten denselben unterzeichnet und besiegelt.
So geschehen zu Berlin, am 14. März 1885.
(L. S.) Busch.   (L. S.) Széchényi.
(L. S.) Reichardt. (L. S.) Wrba.
(L. S.) Rathjen. (L. S.) Dr. Lange Burgenkron.
(L. S.) Schmidt. (L. S.) Schuck.
(L. S.) Dr. Micke.
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Der vorstehende Vertrag ist ratifizirt worden und die Auswechselung der Ratifikations-Urkunden hat stattgefunden.