Stunden der Andacht/Am Freitag

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« Am Donnerstag Stunden der Andacht Beim Eingange des Sabbath nach dem Lichtzünden »
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Am Freitag.

 Und Gott sprach:
„Wir wollen einen Menschen machen
in unserm Ebenbilde in Aehnlichkeit mit uns.”
 (1. B. M. 1, 26.)

Groß bist du, o Gott, in deinen sichtbaren Wundern und Werken; und größer noch in deinem unsichtbaren Wirken und Walten.

In den sechs Schöpfungstagen hat dein allmächtiges Wort diese große, herrliche Welt ins Dasein gerufen, die Erde, und was sie füllet, die Thiere und die Pflanzen, den erquickenden Thau und den leuchtenden Sonnenstrahl. Und als sie dastand, die Welt in ihrer Herrlichkeit, führtest du ihr den Menschen zu, auf daß er erkenne all die Herrlichkeiten, daß er genieße all das Geschaffene und dich preise, der du so gütig und so huldvoll bist.

Allgütiger, Welten preisen dich, Engelschöre lobsingen dir, und wie sollte nicht erst der Mensch, der Sohn der Erde, dich anbeten und preisen, den du also bedacht, also väterlich begabt hast, und gesegnet, geehrt und verherrlicht.

Ja, mein Gott, ich will dich anbeten, dich preisen durch ein Leben voll Tugend, voll Heiligkeit und Reinheit, voll Gottesfurcht [16] und Menschenliebe, und mich niemals der Sünde, der Undankbarkeit gegen deine Güte hingeben.

Du hast, o Gott, in deinem Ebenbilde den Menschen geschaffen und gebildet. Einen Körper hast du ihm gegeben, so kunstreich, so edel an Form und Gestalt, und einen Geist, noch edler, noch erhabener, ein Funke deiner Weisheit, ein Abglanz deiner Liebe, und sie beide verbunden zu einem herrlichen, wunderbaren Ganzen. Und dies Meisterwerk der Schöpfung sollte ich in mir verunstalten, zerstören durch Sünde und Laster, sollte meinen Körper entstellen durch Unmäßigkeit und Unsittlichkeit, ihn seiner Anmuth berauben durch gemeine Lüste, durch ungezügelte Begierden, durch Bosheit, Haß, Neid und Scheelsucht! – Und sollte dem Geiste seinen Adel nehmen durch gemeines Sinnen und Trachten, durch unheiliges, thierisches Streben und Treiben! – Nein, nein, ich will sorgfältig auf mich achten, will mein Gemüth veredeln durch Wohlthun, will meinen Geist erheben durch deine Lehre und dein göttliches Gesetz, will meinen Körper, diese zarte Hülle der Seele, vor jedem schädlichen Einfluß behüten, vor Allem, was seine Gesundheit erschüttern, die Regsamkeit seiner Kräfte schwächen könnte: denn er ist ein Gebilde deiner Hände, das Mittel und Werkzeug unserer Wirksamkeit auf Erden! –

Mögest nur du mir beistehen, mein Gott und Herr, und mich stärken in meinem Streben, mögest du mich bewahren, Allbarmherziger, vor jeder Versuchung, daß nicht Mangel und Noth, Kummer und Sorge mich bewältigen, daß nicht körperliche Leiden und Drangsale das Licht meines Geistes trüben, daß nicht Seelenkummer und Pein meinen Körper schwächen und zerstören vor der Zeit, damit ich stets aufwärts strebe, und dir die Kraft des Geistes, und die Gluth des Herzens zum Opfer bringe, bis einst nach deinem unerforschlichen Rathschlusse Körper und Geist sich trennen, und die Seele sich emporschwingt, um wieder zu sein bei dir, Allerhabener, der du bist und bleibst von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.