Stunden der Andacht/An den letzten Tagen des Pessachfestes

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Zur Navigation springen Zur Suche springen
« Nach dem Priestersegen Stunden der Andacht Gebet am Wochenfeste »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
[30]
An den letzten Tagen des Pessach-Festes.

„Gott ist mein Sieg, mein Sang, mein Theil,
Er war, er ist und bleibt mein Heil.”
 (2. B. M. 15, 2.)

Wir feiern heute den Jahrestag des ewig denkwürdigen Durchzuges unsrer Väter durchs Meer. Mit Jubel und Begeisterung wendet sich unser Herz nach jenen gesegneten Gefilden hin, die Zeugen der unvergeßlichen Wunder waren, durch welche du die Befreiung und Erlösung unserer Väter verherrlichtest.

Groß war die Noth Israels. Vor ihnen das tobende Meer, hinter ihnen die unzähligen Schaaren der Egypter, ein kampfgeübtes Herr, gewappnet und gerüstet gegen die wehr- und waffenlosen Pilger; keine Aussicht, kein Weg blieb den Bedrängten offen, um der furchtbaren Macht ihrer Dränger zu entgehen, aber du Retter der Verfolgten, du Hort der Gedrückten, du Rächer der Unschuldigen, du sahest ihren Jammer, hörtest ihren Nothschrei, und öffnetest für sie den wundersamen Pfad, den noch kein Menschenfuß gewandelt, noch kein Menschentritt entweihet. Es tönte dein mächtig Wort hin über die Fluthen. „Stimme Gottes über die Wasser, Stimme Gottes über die rauschenden Wasser.“ Da erstarrten die Fluthen im Herzen des Meeres, es thürmten sich die Strömungen zu festen Mauern und die Untiefe ward für Israel zum sichern Geleise. Aus Wellen und Wirbeln bauetest du ihnen die Brücke, auf der sie gehoben und getragen von deiner Allmacht hinübergelangten zum rettenden Uferland. Aber unter den Füßen ihrer Verfolgten sank der Boden, öffnete sich der Abgrund, und Pharao und sein Heer sanken in die Tiefen des Meeres und über ihnen tobte die Fluth, thürmten sich hoch auf die schäumenden, zischenden Wogen! – Die Strafe Gottes folgte den Frevlern in die Tiefen des Abgrunds.

Endloses Halleluja ertönte aus dem Munde der Geretteten. „Dies ist mein Gott, ihn will ich preisen, denn hoch erhaben ist er.“ Und der Säugling an der Mutterbrust stimmte mit ein in den Wettgesang Moses und Israels, der heute noch in unsern Tempeln ertönt, zu deines Namens Ehre und Ruhm. So preise auch du meine Seele den Herrn, der da demüthigt des Stolzen Haupt und hoch emporhebt das gedehmüthigte und gebeugte. Er ist unser Hüter und Beschützer zu jeder Zeit der Noth. „Er war, er ist – und wird sein unser Hort immerdar.“

[31] Die Zeit der sichtbaren Wunder ist längst vorüber; die Natur tritt nicht mehr zu unsern Gunsten aus ihrem ewigen Geleise; aber deine Allmacht mein Gott, waltet noch jetzt wie ehedem über uns, deine Wunderkraft wirkt still und unsichtbar zu unserem Heile fort, und die Werkstätte der Natur ist noch immer in ewiger Bewegung zur Erzeugung alles dessen, was uns noth und wohl thut. Wenn wir bedrängt, verfolgt, verzweifelnd einen Ausweg suchen, zeigst du uns noch immer den wundersamen Rettungsweg, den Pfad des Heils und der Hilfe. Bald ist es der treue Freund von außen, der uns hilft und räth, bald ist’s die innere Herzensstimme, der Gottesengel in uns, der uns sicher und ungefährdet durch das Lebensmeer führt, über dessen Fluthen du, Gott, thronest, und dessen Wogen und Brandungen du nach deinem allmächtigen Willen aufregst und wieder sänftigest.

Drum freue dich, meine Seele, des Herrn und wandle in Gläubigkeit und Demuth seine Wege, und wie auch dein Lebenshimmel sich umdüstert, und der Boden unter deinen Füßen einzubrechen droht, zage nicht und wanke nicht in deinem Vertrauen auf den Herrn; zur rechten Zeit wird auch dir die Hilfe kommen, woher alle unsere Hilfe kommt.

Befiehl dem Herrn deine Wege und er wird sie dir ebnen, sein ist die Macht und die Gewalt, die Huld und die Gnade ewiglich. Amen.