Stunden der Andacht/Gebet einer Wöchnerin, wenn sie zum erstenmal wieder das Gotteshaus besucht

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« Gebet einer Mutter, deren weiblichem Kinde der Name gegeben wird Stunden der Andacht In kinderloser Ehe »
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Gebet einer Wöchnerin, die zum erstenmal wieder das Gotteshaus besucht.

„Wie dem Vogel sein Haus,
Der Schwalbe ihr Nest;
Also sind mir deine Altäre:
Mein Gott und Herr!”
 (Ps. 84, 4.)

Gesegnet sei mir die Stunde, wo ich wieder betrete die heilige Stätte des Herrn! wo ich Gott, meinem Hort und Retter, mein Herz erschließen kann, in der Mitte seiner Verehrer! Viele Tage sind verflossen, seitdem ich zum letztenmal hier weilte, Tage, an denen ich tief und innig des Herrn Gnade empfunden habe, wo sein Schutz mich sichtbarlich umschwebte, wo sein Erbarmen mich durch die Gefahr zum Heil geführt, und durch vorübergehende Schmerzen mir dauernden Gewinn gebracht!

Allgütiger, hier, wo so viele Herzen in Gemeinschaft sich erheben zu deines Namens Anbetung und Verherrlichung, empfange auch meinen Dank und Preis! Mögen dir meine inbrünstigen Gefühle, mein herzvolles Dank- und Lobgebet in dieser Stunde so wohlgefällig sein, wie jenes Opfer, das nach unseres heiligen Glaubens Sitte Israels fromme Mütter dir einst gebracht. Auf dem Altare meines Herzens will ich dir alle eitlen, sündigen Gelüste und Wünsche opfern, und hier in deinem heiligen Tempel, in [85] dieser köstlichen Stunde, wo meine Seele so voll ist von Andacht und Rührung, will ich dir, du Heil- und Lebensspender, alle meine Lebenstage angeloben, will dir und mir selber angeloben, alle meine Kräfte und Fähigkeiten zu vereinen, um meine Pflichten als Mutter, als Gattin, als Mensch und Israelitin zu erfüllen, und ihnen Herz und Geist zu widmen und zu weihen mein Leben lang.

Allmächtiger, nimm gnadenreich mein Gelöbnis an, und verleihe mir dazu deinen Segen, daß ich es standhaft und ausdauernd vollbringe, daß die Erfüllung meiner Pflichten mir stets angenehm und herzbefriedigend bleibe, und die Ausübung des Guten mir stets theurer und vorzüglicher sei, als alle Freuden und Reize der Welt. Verleihe mir Weisheit und Kraft, meine Kinder zu erziehen zu guten und edlen Menschen, zu redlichen und nützlichen Staatsbürgern, zu frommen, eifrigen Anhängern unseres Glaubens. Segne meinen Gatten, daß er lange lebe in unserer Mitte, und daß sein Streben und Mühen für unsere Kinder, als ihr Ernährer, Erzieher und Beschützer stets einen reichlichen Gewinn bringe, und uns und ihnen niemals etwas abgehe. Segne unsre Kinder, daß sie wachsen und gedeihen, an Geist und Körper, und daß sie werden die Freude und der Stolz unseres Herzens und die Lieblinge Gottes und der Menschen. Amen.