Stunden der Andacht/Vorwort

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[IX]
Vorwort.

Vorliegende Gebete sind ursprünglich nicht für die Veröffentlichung verfaßt worden. – In meinem von den mannigfachsten Ereignissen reich durchwirkten Leben ward es mir gar oft zum unentbehrlichen, mächtigen Bedürfnisse, mit dem erhabenen Weltgeist, der so hoch thront und so tief niederschaut, Zwiesprache zu pflegen, um bei ihm die Einsicht und die Kraft zu finden, auf dem Pfad meiner oft gar schwere Opfer heischenden Pflichten nicht zu wanken und nicht zu weichen. Derart entstanden die meisten der vorliegenden Gebete. In ihnen fand ich den Moses-Stab, der aus dem dürren Fels eines traurigen Geschickes den Born erhebender Gefühle und himmlischer Tröstung mir hervorrief, die Jakobsleiter, auf der die Engel der Geduld, der Hoffnung und der Gottergebenheit mir vom Himmel niederstiegen.

Ich ward schon früher von mehreren kompetenten Seiten aufgefordert, diese Gebete der Oeffentlichkeit zu übergeben; aber es widerstrebte mir stets, die Gefühle und Gedanken, die in meinen einsamsten und heiligsten Stunden mein Herz bewegten, vor die richtende Kritik hinzustellen.

Doch jetzt drängt mich mein eigenes Herz aus besonderen Rücksichten hierzu. Ich möchte nämlich den Manen meines theuern, mir unvergeßlichen Gatten Abraham Neuda, der als Rabbiner zu Loschitz in Mähren nach schwerem Krankenlager in der Mitte seines an edlen und gesegneten Thaten so reichen Lebens, in seinem 42. Lebensjahre, am 22. Februar 1854, durch den Tod mir genommen ward, durch die Herausgabe dieser Blätter ein Denkmal liebender Erinnerung nach meinen schwachen Kräften setzen. Die [X] meisten dieser Gebete sind ohnehin Herzensergüsse, die sich an Ereignisse knüpfen, welche ich an seiner Seite, mit ihm und durch ihn erlebt habe. Möge seine verklärte Seele im Jenseits darin jene Treue und Liebe erkennen, womit ich sein Leben hienieden zu beglücken strebte.

Wir besitzen bereits wohl manche vorzügliche Schriften dieser Art, Andachtsbücher für Frauen, männlicher Feder entflossen, und die meinigen dürften wohl schwerlich der nüchternen Prüfung ebenso Stand halten, als jene. Doch der Probirstein für den Werth derartiger Arbeiten ist wohl der: welche Gefühle sie in der Seele des Betenden erregen und zurücklassen. Ich weiß, daß den Meinigen Vieles zu ihrer Vollendung abgeht; jedoch hoffe ich, daß sie als das Ergebniß eines weiblichen Herzens um so eher im Herzen der Frauen ihr Echo finden dürften. Ein Mann, wenn er noch so gelehrt und groß sein mag, kann sich doch nicht in alle Lagen und Verhältnisse der Frauen versetzen, kann doch nicht so leicht in die verborgensten Windungen des weiblichen Gemüthes dringen, um auf die Töne seiner zartesten Saiten zu lauschen und ihnen dann durch das lebendige Wort einen Ausdruck zu geben: während die Frau nur in ihr eigenes Herz zu blicken braucht, um in den Herzen ihrer Schwestern zu lesen, nur ihre eigenen Erlebnisse sich vergegenwärtigt, um all deren Leiden und Freuden mit zu empfinden.

So mögen denn Sie, meine freundlichen Leserinnen, dieses Buch wohlwollend und nachsichtig aufnehmen, und möge Gott, der Allweise, es segnen mit der Kraft, in den Herzen der Betenden die Gefühle der Andacht zu wecken, ihnen Trost zu spenden, wenn sie des Trostes bedürfen, und Erhebung und Ausdauer in allen Perioden und Ereignissen ihres Lebens.

Loschitz, den 21. Elul 5614.

Die Verfasserin.