Theodor Körner’s erstes Gedicht

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Hermann Langer
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Theodor Körner’s erstes Gedicht
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1863
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[639] Theodor Körner’s erstes Gedicht. Das Bild des männlich-kühnen fromm-vertrauensvollen Freiheitskämpfers, Theodor Körner’s Bild, wurde uns in den ersten Stunden des 26. August auf die erhebendste Weise durch die eigenen Worte des einzigen Dichterhelden vorgeführt. „Ahnungsgrauend“ sehen wir ihn mit hehrer Heldenbegeisterung „der ersehnten Freiheit Seligkeit“, dem Tode, entgegeneilen. Dem Heldentode gelten seine letzten dichterischen Herzensergießungen. Eigenthümlich – auch des Knaben erstes dichterisches Wort ist „an den Tod“ gerichtet, an den Tod, der ihm in den frühen Jugendtagen oft nahe getreten.

Des Knaben Theodor Lehrer, Candidat Körner, durfte nach langer Unterbrechung, die Krankheit veranlaßt hatte, seinem lieben, noch nicht zwölf Jahre alten Schüler auf’s Neue Unterricht ertheilen. Eine recht zeitgemäße Aufgabe dünkte dem Lehrer die zu sein, Theodor aufzufordern, die Gedanken niederzuschreiben, welche ihn während so schwerer Krankheit beschäftiget hätten. Der kaum genesene, sich seiner Gesundheit erfreuende Knabe löste die Aufgabe mit leichtem Sinne und keckem Uebermuthe in dichterischer Weise, wohl angeregt durch viele Gedichte, die im Elternhause an seinem Ohr vorübergegangen waren. Er dichtete, wie Kinder dichten, die den Reim als das einzige Merkmal des Gedichtes kennen.


     An den Todt!
Lieber Todt! O komm noch nicht,
Blas noch nicht aus mein Lebenslicht,
Es brennt ja so nicht helle.
Ach! gieb mir lieber eine Schelle.

5
Auf Erden gefällt mir es noch sehr,

Das versichre ich Dir, auf meine Ehr.
Hier kann man doch noch fest auftreten,
Dort oben darf man nicht einmahl sehr laut reden,
Um daß die Wolken nicht aus einander gehen

10
Und man zum Fallen kömt aus den Stehen.

Hier kann man doch Leckerbissen bekommen,
Dort oben aber muß es einen frommen,
Zu speißen lauter Wasser und Brod,
Welches man auf Erden nur thut in der größten Noth.

15
Mir gefällt’s auf Erden besser,

Denn dort oben ist es feuchter und nässer,
Denn wo kam denn sonst der Regen her,
Da gäb mir gleich das Podagra die Ehr,
Mich ein wenig zu incommodiren.

20
Dazu soll mich niemand verführen,

Daß ich so mein Erdenloß
Wegwerf, und mich in den Schooß
Des Himmels über uns setze.
Nein mich bekömmts Du noch nicht in Deine Netze,

25
Ich trink noch nicht das Todten Glas,

Ich empfele mich Ihnen also Herr Vielfraß.

Mit lachender Miene wohl, doch auch mit Hoffnung auf des Schülers vielseitige Begabung, verwahrte diesen ersten dichterischen Versuch der treue Lehrer, und nicht ohne Rührung übergab er nach vielen Jahren das ihm theure Andenken von seinem längst dahingegangenen Schüler seinem Sohne. Dieser, mein Universitätsfreund Dr. Körner zu Schellenberg, konnte bei seinem Scheiden von Leipzig mir kein werthvolleres Freundschaftszeichen übergeben, als das Blatt mit Theodor Körner’s Handschrift, mit seinem ersten Gedichte.

Dr. Herm. Langer.