Thierschutz und Hunde-Asyle in London

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Autor: Arnold Ruge
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Titel: Thierschutz und Hunde-Asyle in London
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aus: Die Gartenlaube, Heft 19, S. 307–309
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1872
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Thierschutz und Hunde-Asyle in London.

Von Arnold Ruge.

„Vor der Parlamentsacte von 1822 gegen Thierquälerei“, sagt der Secretär der Gesellschaft, J. Colam, „wurden Hausthiere in unserem Vaterlande unmenschlich behandelt. Sei es aus Unwissenheit, Unbedacht, Nachlässigkeit oder purer Rohheit, genug, sie hatten den ärgsten Schmerz und die größte Qual zu erdulden, ohne daß sich ein Mitleid für sie geregt, ja ohne daß man es auch nur beachtet hätte. Wenige humane und feinfühlende Ermahner und Tadler hatten keine Macht gegen dies wachsende Uebel; und so wurde es nöthig, eine Gesellschaft zu gründen und die Freunde unserer armen stummen Mitgeschöpfe in ihr zu vereinigen.“

Diese Gesellschaft wurde am 16. Juni 1824 gestiftet, und sollte wirken: durch Tractätchen, durch Einführung derselben in Schulen, durch die Tagespresse, durch Predigten, und endlich durch eine eigene Polizeimannschaft auf Märkten und Straßen und Verfolgung der Schuldigen vor Gericht.

Zuerst fand die Gesellschaft Spott und Widerstand, von Jahr zu Jahr mehrten sich aber ihre Theilnehmer und zeigte sich eine Besserung in der Behandlung der Thiere. Endlich wurde die Königin erklärte Beschützerin und seit 1840 heißt die Gesellschaft die „königliche“. Die ersten Damen des Adels und berühmte Namen aus beiden Häusern sind auf der Liste der Beschützer und Ehrenpräsidenten der Earl of Harrowby ist der active Präsident und die Gesellschaft hat den Widerstand der Spötter überwunden.

Die Gesellschaft wurde reich und erlangte Einfluß. Sie setzte die Aufhebung des Smithfield-Marktes durch und brachte es zu Gesetzen gegen Stierhetzen, Stierwettrennen, Hahnengefechte, Dachshetzen und andere barbarische Vergnügungen, auch gegen den Gebrauch der Hunde als Zugvieh; sie uniformirte ihre Mannschaft, die sie in London und in den Provinzen verwendete und durch die sie mit Hülfe der gewöhnlichen Polizei von 1835 bis 1865 die Zahl von 10,869 Verurtheilungen erzielte.

Man hätte nun denken sollen, die Verurtheilungen würden sich allmählich vermindern, sie vermehrten sich aber in den dreißig Jahren derart, daß das Jahr 1835 nur achtzig, das Jahr 1855 schon fünfhundertfünfundzwanzig und das Jahr 1863 sogar neunhundertvierundsiebenzig Verurtheilungen zeigte. In der ganzen Zeit von 1835–1865 durchschnittlich 362, also etwa täglich Eine Verurtheilung. In so bemerkenswerther Weise hat sich die Wachsamkeit der Gesellschaft gesteigert; „die Grausamkeit“, sagt der Secretär, „muß verfolgt und entdeckt werden: sie existirt [308] noch, aber nicht offen; um sie niederzuschlagen und den Schuldigen zu fassen, ist die bereiteste Wachsamkeit nöthig.“ Man sieht allerdings, daß sie nicht ausgerottet worden sein kann, denn sonst wäre eine Steigerung von 80 auf 974 Verurtheilungen nach einer mehr als dreißigjährigen Wirksamkeit der Gesellschaft nicht möglich gewesen.

Welche Thiere wurden nun gequält und wie? 552 Pferde, davon kommen 483 auf die Kärrner, die ihre Karren überladen, Eins, das man hatte verhungern lassen, 2, die man verbrannt, und Eins, das durch Schlagen verstümmelt worden. 47 Esel wurden schlecht behandelt und gepeinigt, ebenso 25 Ochsen, 10 Schafe und Schweine, 3 Kühe ließ man verhungern, 22 Hunde wurden schlecht behandelt und gepeinigt, Einer in einem Backofen verbrannt, 6 auf Dächse, Einer gegen einen andern Hund gehetzt; 88 Hahnengefechte wurden bestraft; gegen das Halten einer Arena zum Hahnengefecht wurde eine Bestrafung erzielt, ebenso gegen das Rupfen eines lebendigen Huhns und gegen das Jagen zweier lahmen Füchse (das Jagen der nicht lahmen Füchse hat sich die Aristokratie noch nicht verbieten lassen).

Die Constabler allein bewiesen 635 Fälle vor Gericht; mit Beistand von Privaten 114; in 105 Fällen hatte die Gesellschaft die Gerichtskosten zu tragen, wo die Verurtheilten in Ermangelung der Geldstrafe eingesperrt wurden; in 644 Fällen konnten diese zahlen und zahlten wirklich 985 Pfund Sterling 2 Schillinge 3 Pence an die Gerichte.

In der Zeit ihrer Existenz bis 1865 hat die Gesellschaft über vierzig Broschüren publicirt, darunter eine „gegen Kirchthurmrennen und Hundekämpfe“, eine andere „gegen das Nesterausnehmen“, eine „gegen den Kappzaum“ und eine „Anweisung, ein Pferd zu behandeln und zu halten: Das Pferdebuch“. Broschüren gegen Hasen- und Fuchshetzen fehlen noch aus naheliegenden Gründen, da die Gesellschaft so hohe Fuchsjäger zu ihren Patronen zählt. In Holland hat sich eine Zweiggesellschaft gebildet, in Spanien hingegen ist man auf Schwierigkeiten gestoßen, und suchte dieselben durch Beistand der Franzosen zu beseitigen, weil die Spanier religiöse Vorurtheile gegen die Engländer hegen. Der Verein hat einen Preis für eine Schrift gegen Vivisection ausgesetzt und hofft, letztere werde sich unterdrücken lassen.

Einhundertundfünfzig Mause- und Maulwurfsfallen wurden vorgelegt, welche diese Thierchen am wenigsten oder gar nicht quälten; der ganze Preis von 50 Pfund Sterling konnte nicht bewilligt werden, sondern nur 10 Pfund Sterling. Zu weiterer Vervollkommnung solcher Fallen hatte Herr John Laurie dem Verein 100 Pfund Sterling angewiesen. Leichter ließ sich für Saufstände der Droschkenpferde sorgen; dagegen hatte es Schwierigkeiten, den Londoner Magistrat zu Maßregeln zu bewegen, das Fallen der Pferde bei Frost in den Straßen der Hauptstadt zu verhindern. 1865 hatte Herr Colam in seinem Jahresbericht zu bedauern, daß die Viscounteß D’Alte der Gesellschaft „gegen die Grausamkeit in den Schlachthäusern“ 10,000 Pfund Sterling hinterlassen, daß aber der Lord-Kanzler das Legat für nichtig erklärt hatte wegen des Gesetzes über die „todte Hand“. „Und das Geld wäre so willkommen gewesen,“ sagt er, „da die Gesellschaft sich gerade damit beschäftigt hat, Methoden zu prüfen, wie man das Schlachtvieh ohne Schmerz tödten könne.“ Dagegen waren 1865 ungehindert eingegangen an kleineren Legaten 1100 Pfund Sterling und an Geschenken 520 Pfund Sterling, die der Secretär auszeichnet.

Im Ganzen betrug die Einnahme 1865 an Beiträgen der Mitglieder und an Schenkungen 2712 Pfd. St. 17 Sch. 7 Pence, eine hübsche Summe außer den kleinen Vermächtnissen, gegen die kein Einspruch beim Lord-Kanzler erhoben werden konnte oder wurde.

Mit sorgfältiger Beobachtung aller bei Vermächtnissen einzuhaltenden Vorschriften hat denn auch die Gesellschaft, wenn nicht größere Vermächtnisse als das der Viscounteß D’Alte, doch recht ansehnliche, meist von Damen erhalten, darunter einzelne von 10,000 Thaler und noch höher.

Mit den 29,918 Pfd. Sterl. 18 Sh. 6 P., welche die Gesellschaft auf solche Art im Jahre 1865 nur an Legaten und Geschenken erhielt, hätte sich auf dem Wege der Lehre, Predigt und Literatur und mit einer Jahreseinnahme von mehr denn 2000, ja von nahezu 3000 Pfd. Sterl. für die passende Circulation solcher Schriften mehr thun lassen, wäre nicht die Richtung auf die Entdeckung und Bestrafung der Uebelthäter vorherrschend gewesen. Diese Thätigkeit erfordert tüchtige und gut bezahlte Beamte, ist daher ziemlich kostspielig, namentlich bei einer so bedeutenden Steigerung der Verfolgungen, wie sie der Bericht angiebt. Dabei wird das Publicum aufgefordert, dem Secretär Anzeigen zu machen, und Verschwiegenheit versprochen, wenn sie gewünscht wird. Die Gesellschaft treibt damit etwas stark in die Gewohnheiten und Vorurtheile der Polizei hinein. Sie denkt: je weniger sie ausrichtet (denn sie sagt selbst, die Grausamkeit existire nach wie vor, sie verstecke sich nur), desto eifriger müsse sie verfolgen; und weil sich die Grausamkeit versteckt, so fordert sie „zur Anzeige“ auf, damit die Schuldigen sich vor dem ganzen Publicum fürchten sollen.

Das Beste in dieser Richtung ist noch, daß sie die gewöhnlichen Constabler belohnt, wenn sie schlimme Fälle vor Gericht bringen; daß sie hingegen sich ihre eigene Polizei mit ihrem eigenen Chef eingerichtet, ist dem eigentlichen Zweck, der Humanisirung des allgemeinen Geistes, nur im Wege, indem diese kostspielige Einrichtung das Geld der Propaganda wegnimmt.

Die Propaganda fällt daneben in das niedere Tractätchenwesen, während gute Vorlesungen, gute belehrende Bücher, Vorlesungen in Schulen und gute Zeitungsartikel in populären Journalen unendlich wichtiger wären. Warum? Weil sie sowohl der Sache, als auch dem Publicum auf den Grund kommen, eine Einsicht und eine öffentliche Meinung bilden, die, wenn erstarkt, das Unwiderstehlichste und Wirksamste ist. Auf diesem Wege würden sich in mehr als dreißig Jahren ohne Zweifel die Fälle der Verfolgung vermindert und die Grausamkeit sich nicht nur vorgesehen, sondern mehr und mehr aus den Sitten verloren haben.

Wenn es indessen wahr ist, daß vor der Parlamentsacte von 1822 die Hausthiere in England unmenschlich behandelt wurden, so muß denn doch seitdem und vielleicht durch die Thätigkeit der Gesellschaft eine große Besserung eingetreten sein. Die Pferde, die Hunde und die Katzen zeigen sich ungemein zutraulich und furchtlos, was sie bei schlechter Behandlung durchaus nicht thun. Jeder Droschkenkutscher läßt sein Pferd ohne Leine allein stehen, und öffnet den Schlag, jedes Pferd hört präcis auf den Ruf seines Herrn; diese Folgsamkeit und Gelehrigkeit ist kein Resultat der Furcht, sondern des Zutrauens. Die Katzen flüchten sich nicht, wie sie es in Gegenden thun, wo sie geneckt und gejagt werden; die Hunde gehen Erwachsenen kaum aus dem Wege, während sie vor den Straßenjungen, die ihnen mit Steinen auflauern, einen Heidenrespect haben. Man sollte daher wohl sagen: aus dem Betragen dieser Thiere sieht man, wie human sie im Ganzen behandelt werden, und daß denn doch seit 1822 eine wesentliche Besserung eingetreten sein müsse.

Die Parlamentsacte ist interessant. Ich führe einige Sätze daraus an:

Section II Act 12 und 13 Victoria c. 92 vom 1. August 1850: „Und es soll Gesetz sein: daß Jeder, der ein Thier grausam schlägt, mißhandelt, überarbeitet, mißbraucht, quält oder solche Mißhandlung anordnet, Jeder, der sich dies zu Schulden kommen läßt, soll eine Strafe von nicht mehr als 5 Pfd. Sterl. zahlen.“

Dieselbe Strafe wurde gesetzt auf das Halten und Gebrauchen von einer Arena für Stier-, Bär-, Dachs-, Hunde- und Hahngefechte, oder für Stier-, Bär-, Dachs- oder Hundehetzen. Auch die Beförderer alles Dessen werden so bestraft.

Die Acte geht auf’s Einzelne ein, kommt auf die Schlächter und Abdecker und bestimmt, daß gepfändetes Vieh gefüttert werden muß, daß bei Verurtheilungen in Ermangelung des Geldes mit Gefängniß gebüßt werden soll etc., und schließt zu mehrerer Deutlichkeit so: „Die Wörter im Singular sollen auch für mehrere Personen und Thiere gelten, die im männlichen Geschlecht auch auf weibliche Personen und Thiere Anwendung finden und ‚überarbeiten‘ soll heißen durch Reiten oder Fahren. Das Wort ‚Thier‘ soll bedeuten Pferd, Stute, Walach, Stier, Ochse, Kuh, Starke, Bulle, Kalb, Maulesel, Esel, Schaf, Lamm, Eber, Schwein, Sau, Ziege, Hund, Katze und jedes andere Hausthier.“

Ich habe die Aufzählung nicht verfälscht, was ein leichtsinniger Anhänger der Logik vermuthen möchte; vielmehr scheint mir der Fuchs, der Hase, der Dachs und der Bär noch zu fehlen. Wie erlangte die Gesellschaft unter diesen Umständen ihre Verurtheilung der Jäger der beiden lahmen Füchse?

[309] So eigenthümlich Vieles in dem Mitgetheilten erscheinen muß, so ist darin doch eine starke Seite der Engländer zu beachten. Sie thun sich gleich zusammen, wenn einem Uebelstande abzuhelfen ist, und verlassen sich keineswegs auf den Staat und das papierne Gesetz, sie greifen in die Tasche und tief, wenn es sein muß, und der Gegenstand oder die Person, für die sie eintreten, sie hinlänglich interessirt. Sie sind durchaus nicht kalt, und die Viscounteß D’Alte, welche jene sechsundsechszigtausend Thaler spenden wollte, steht keineswegs allein da. Sie sagt: „Rindfleisch muß es geben, so sorge man dafür, daß die armen Rinder möglichst schmerzlos getödtet werden; hier ist mein Beitrag.“ So weit, als die Indier, daß sie die Rinder gar nicht schlachten, gehen die Engländer nicht; ohne Rindfleisch können sie sich die Welt nicht denken. So sinnen sie wenigstens darauf, wie das Schlachten human eingerichtet werden könne, und wenn auch oft genug die Pferde hinter dem Wagen angespannt werden und wenn das Wort eines thierfreundlichen Fuchsjägers „Fuchsjagden muß es geben, aber es ist infam, einen lahmen Fuchs zu jagen!“ auch seltsam genug klingt, so wollen wir uns dennoch schon mit Abschlagszahlungen begnügen und weder die „Mäßigkeitsvereine“, noch die „Vereine gegen Thierquälerei“, weil sie nicht durchgreifend und nicht nach unserm Recept curiren, unfreundlich ansehen. Sie wirken ohne Zweifel humanisirend.

Zu den Einrichtungen der königlichen Gesellschaft gegen Thierquälerei gehört auch die Anstalt für verlorene und verhungernde Hunde, welche Freitag den 10. und Sonnabend den 11. Mai in Willis’s Rooms, Kingstreet, St. Jamesstreet, London, einen Bazar abhält. Mrs. Hillas, Park Villa, Brighton, hat sich gütigst bewegen lasten, Beiträge an Verkaufsgegenständen von Thierfreunden zur Beförderung nach London entgegenzunehmen.

Bei dem einflußreichen, ja allerhöchsten Schutz, dessen sich die Gesellschaft erfreut, ist es wohl keinem Zweifel unterworfen, daß der vornehm angelegte Bazar einen glänzenden Erfolg haben wird. Ein Bazar, wo sich die vornehme Welt einige Stunden vor Tische trifft und etwas Musik anhört, hat immer Erfolg. So war vor einigen Monaten hier in Brighton ein Bazar für ein Hospital für Kinder, dem angesehene Damen aus der Stadt sich als Verkäuferinnen und hübsche junge Mädchen zum Herumtragen und Anbieten zur Verfügung gestellt; und es wurden über 7330 Thaler gelöst.

Das zeitweilige Asyl für verlorene und verhungernde Hunde steht in Lower Wandsworth Road, Battersea, unter der Leitung von James Johnson und einem eignen Ausschuß, welcher jetzt die Wohlthaten der Anstalt auszudehnen und das Asyl bequemer einzurichten wünscht. Die Anstalt wurde durch das Bedürfniß der ungeheuren Stadt, in deren Straßen verlorene und heimathlose Hunde in großer Anzahl umherirrten, hervorgerufen, die vor dem Verhungern gerettet, ihren Eigenthümern wieder zugestellt, wenn nicht reclamirt, mit einer neuen Heimath versorgt oder im Nothfall anderweitig verwandt werden sollten.

Das Asyl soll kein dauerndes für alte ausgediente Lieblinge, noch weniger ein Hospital für die Heilung kranker Hunde vornehmer Herren sein, sondern nur, wofür es sich ausgiebt, ein Ort, wohin wohlgesinnte Leute wirklich heimathlose und verhungernde Hunde senden können, die sie auf der Straße finden.

Das Comité wünscht besonders hervorzuheben, daß es ein großes Unrecht gegen die milde Anstalt und eine große Grausamkeit gegen die armen Thiere ist, aus bloßer Laune oder um einer geringen Unbequemlichkeit zu entgehen, Hunde in das Asyl zu bringen. Während nämlich der wirklich heimathlose Hund sehr bald seine Dankbarkeit zeigt, wenn er mit Futter und Obdach versorgt wird, härmt sich natürlich der Hund, der aus einem Hause hergebracht wird, das er als seine Heimath hat ansehen lernen, und der von einem Herrn kommt, der vielleicht bis dahin gut gegen ihn gewesen ist und den der arme Hund ernstlich liebt, wie Jeder gern glauben wird, der den gefühlvollen und zuthulichen Charakter dieses Thieres kennt.

Das Comité kann dem Publicum nicht genug die Gottlosigkeit vorhalten, absichtlich Hunde zu verstoßen und einem qualvollen Hungertode in den Straßen der Stadt auszusetzen. Es rieth den Mildgesinnten, zweifelhafte Fälle der Polizei mitzutheilen und, wenn sie den Hund in’s Asyl schicken und gerade weit von Hause sind, den Botenlohn zu deponiren und erst gegen Quittung auszahlen zu lassen. Es seien oft schöne, immer nützliche Hunde in dem Asyl zu finden; wer daher einen anzuschaffen wünsche, möge sich nur hinbemühen.

Im Jahre 1870 wurden neunhundertfünfundsiebenzig Hunde mit einer neuen Heimath versorgt oder ihren Eigenthümern zurückerstattet. Das Comité hat eine Hypothek auf die neuen Gebäude des Asyls aufgenommen, und der Bazar soll dazu dienen, diese abzutragen und die laufenden Kosten der Anstalt zu decken.

Das in den vorstehenden Zeilen Mitgetheilte, das ich meinem Nachbar, einem eifrigen Thier- und Menschenfreunde, verdanke, hat so viel Eigenthümliches, daß Einiges vielleicht der Erklärung bedarf. Wir wissen, wie unendlich weit unter den schwierigsten Umständen Hunde sich nach Hause finden; sollte das in London anders sein? Gewiß nicht. Es ist aber wohl oft der Fall, daß Familien zu Schiffe fortgehen und die Hunde zurückbleiben; auch die Eisenbahn kann ein solches Abhandenkommen der Heimath des Hundes herbeiführen. Sodann giebt es aber auch einzelne Hunde, die sich nicht so zurecht finden wie andere. Sonst möchte es selbst in London schwer sein, einen Hund mit Willen zu verlieren, wenn er sich wieder nach Hause zu finden entschlossen ist.

Zur Entstehung des Asyls hat der größere Werth des Hundes und die ganz besondere Schätzung, die er in England erfährt, ohne Zweifel sehr beigetragen. Eine Dame meiner Bekanntschaft hat ein häßliches kleines Schooßhündchen, das sie mit 333⅓ Thaler bezahlt hatte, und sie versicherte mir, das sei es unter Brüdern werth. Wegen dieses Phantasiewerthes, den gewisse „echte“ Racen haben, giebt es denn auch eine äußerst schlaue Gesellschaft von Hundedieben. Diese stehlen aber keine „gemeinen“ Hunde, sondern nur die theuren Sorten, und daher bleibt eine so ansehnliche Ernte für das Asyl übrig. Daß der Engländer im Ganzen den Hund besonders hoch stellt, kann man auch daran sehen, daß er ihn Sir nennt und daß die englische Philosophie ihm unbedenklich alle geistigen Eigenschaften zuertheilt, die sie selbst besitzt.

Es wäre viel darüber zu sagen, daß den Grausamkeiten gegen die Menschen noch in manchen Gebieten nicht genug Einhalt geschieht, daß in diesem reichen Lande viele Menschen die bitterste Noth leiden, doch das gehört nicht hierher, und jede Milderung der Gesinnung muß man willkommen heißen, wo sie sich auch zeigt.

Es war hier die Absicht, diese englischen Eigenthümlichkeiten mitzutheilen, und es wird nicht uninteressant sein, wenn wir uns nach dem 11. Mai erkundigen, wie der Bazar ausgefallen ist.