Topographia Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pomeraniae: Soltwedel

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Topographia Germaniae
Soltwedel (heute: Salzwedel)
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1652, S. 95–96.
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Soltwedel / Soltquedel / Soltquell /

Diese Churfürstliche Brandeburgische Stadt ligt in der Alten Marck / am Fluß Jetze / und ist eine Gräntzstadt gegen den Lauenburg- und Lüneburgischen Fürstenthumben. Christophorus Besoldus vermeinet / im Thesauro Practico, voc. Wie / daß das Sächsische Wic / vom Lateinischen vicus, gleich wie von vella (dann also schrieben die Alten an statt villa,) das Wort Welle / Schwäbisch Weil / oder Weiler / herkomme / so ein Hauß / oder kleine Zusammenfügung der Häuser / bedeute und / in stärckerm Laut / Wedel außgesprochen werde; wie deß Nahmens das Städtlein Wedel in Holstein / und ein Dorff nahend Riddagshusen / seyen. Daher kommen die composita, als Borchwedel / und Steinwedel / im Lüneburgischen / Soltwedel in der Alten Marck Brandeburg / Langwedel im Stifft Bremen / etc. Johan. Angelius à Werdenhagen sagt part. 3. c. 1. de Reb. Hans. p. 206. das Well / und Hues / in der alten Sächsischen Spraach einerley bedeuten; und daß Soltquella, von der Sonnen / oder Sole, und Hauß / oder domo, genannt werde; so die Longobarder 318. Jahr vor Christi Geburt / wie Andreas Angelus, auß deß Enzelii Brandeburgischer Chronic / erzehle / zu erbauen angefangen haben. Und vorhero / part. 2. c. 1. p. 94. schreibet er / wieder den Meibomium, in Bardovico, welcher wolle / daß das Teutsche / als ein Original Spraach / gantz keine Gemeinschafft mit der Lateinischen habe; und sonderlich zu jenen alten Zeiten / die Teutschen mit den Lateinern nichts zu schaffen hatten / und daher von denselben / als die ihnen noch unbekant waren / keine Wörter haben entlehnen können: Sondern es komme das Wort Wellen vom Teutschen wallen / oder hin und wider schweben / und wandern / her; gleich wie auch wedeln / quasi flabello vacillare. Wann aber die alte also hin und her wedelnde / oder wallende Teutsche / sich an einem Orth gesetzt / so haben Sie zu desselben Nahmen gedachte Wort Wellen / oder Wedel / gethan. Ferners meldet er in Antegressu part. 4. p. 370. daß diese 10. Meilen von Stendal / und 10. von Lüneburg gelegne Stadt / sonsten auch Soltquedel / und von theils verderbt Salquell genant werde / da doch kein einige Anzeig einiger Saltzquellen an diesen Orthen anzutreffen / und daher die jenigen eine in Historien besser gegründte Meinung haben / welche von der Abgöttischen Verehrung der Sonnen / solchen herführen / wie er solches mit mehrerm daselbst außführet / auch von der obgedachten deß Enzelii Jahrrechnung Erinnerung thut / und vermeinet / daß folgends / zun Zeiten Käysers Augusti, Claudius Drusus auch hieher wider die Schwaben gelangt seye / und an dem Orth / wo vorzeiten die Longobarder ihrem Abgott / der Sonnen / nahend dem Fluß Goetza / ein Welle / oder Herberg / Capellen / oder Kirchen / erbauet hatten / solchen / wegen guter Gelegenheit deß besagten Flusses Goetzae, mehrers bevestiget / und zum ersten Marggrafen Clodium, mit einer Besatzung / hieher gelegt; so aber nicht lang gewehret / sondern dieser Orth gäntzlich zerstöret worden / biß ihn Tiberius zu einer stärckern Stadt gemacht habe. Folgends seye Soltwedel etlich hundert Jahr in zimlichem Ansehen / biß auff die Zeiten Käyser Carls deß Grossen / gebliben / und habe seine Vögte / wider allerhand Einfälle / da gehabt; welcher Carolus, als er die Einwohner der alten Marck zu völligerm Gehorsam gebracht / solche Stadt erweitern lassen / welche Form sie auch hernach behalten; ausser / daß mit der Zeit ein schönes Schloß alhie erbauet worden seye. Auß dem alten Gemäuer / und einen auf einem Hügel gelegnen Thurn / auch dem Kirchenthurn / so höher ist als die andere / könne man noch sehen / wie vorzeiten es mit dem Bau dieser Städt bewandt gewest seye; die Stadt sehe man von fernen; und der gedachte Fluß Goetza, oder Jetze / rausche von 4. Meilen her / lustig durch die Wiesen / ehe er mitten durch beede Städte (alt und neu Soltwedel) durchlauffe / sich von dannen nach Luchau / Dannenberg / [96] Hitzacker oder Hitzker (alda Hertzog Augustus von Lüneburg vor diesem Hoff gehalten /) wende / und (endlich) sich also in die Elb ergiesse / daß man die Güter auf kleinen Schifflein / von Soltwedel biß dahin / bringen könne. Beede Städte seyn in einer Ey-form erbauet. Und ob sie wol beede in einer Ringmauren begriffen / so werden sie doch inwendig durch ein Thor unterscheiden / welches aber nie geschlossen werde / es seye dann ein Nothfall vorhanden; also einhellig leben die unterschiedliche Obrigkeiten / und Burger / unter einander. Der Churfürst von Brandenburg hab zwar im Schloß die Vogtey / allda der Zoll erlegt werde; es habe aber die Stadt (als ein Hansee-Stadt) ihr unterschiedliche Privilegia. Und hat dieselbe etlich hundert Jahr ihre eigne / und sehr berühmte Marggrafen gehabt / die sich tapffer / und unter anderm / zun Zeiten Käyser Heinrichs deß I. wider die Hunnen verhalten haben. Und kam solche Marggrafschafft folgends auff das Fürstliche Hauß Anhalt / und wurden auß zweyen Marggraffschafften / Brandeburg / und Soltwedel / oder Zermund / eine gemacht / und / zun Zeiten Käysers Sigismundi, auff das jetzige Churfürstliche Hauß gebracht; wie hievon beym gedachten Werdenhag p. 371. seq. weitläuffig zu lesen; der auch p. 373. folgende Verß von ihr setzet:

Marchatus veteris tu Soltwedelia tractum,
     Custodire diu sat solita es, Domina:
Jam tibi sufficiat, quod sis contermina primis
     Urbibus, & cedas Imperium reliquis.

In dem nechsten Teutschen Krieg / hat diese Stadt auch sehr viel ausgestanden / daß viel Burgerhäuser alhie darnider gelegen / und vernichtet worden seyn. Weilen aber dieser Ort in den Relationen vielmals Saltzwedel genant wird / so weiß man desto weniger von Soltwedel zu sagen; alda sich aber die Schwedischen / weilen der Ort / deß Morasts / und Wassers halben / vest / vor den Käyserischen / sonderlich Anno 1642. versichert haben. Das Bier alhie gesotten / ob es wol dem Gardelebischen / so wegen seiner Krafft ein Königin alles andern gehalten wird / gar nicht zuvergleichen; So ist es doch so guten Geschmacks / und nehrhafft / daß es allen andern gegen dem Lüneburger Land vorgezogen / und deßwegen stetigs dahin / mit grossem der Burger Vertrieb / gebracht wird. Zum Beschluß dieser Beschreibung wollen wir noch mit anhencken / was Johannes Micraelius in seiner Pommerischen Histori / von diesem Orth setzet; der dann lib. 6. p. 541. von dem vornehmen Adelichen Geschlecht der Wedel / in Polen / Marck / und Pommern / gesessen / also saget. Albinus zeuget in dem Meißnischen Chronico, daß zu Soltwedel in der Alten Marck ein Abgott der Sonnen zu Ehren gesetzet gewesen sey / welcher von dem Volck Wedel genennet worden / in Gestalt eines Menschen / so für der Brust mit beyden Händen ein Rad gehalten / und einen breiten Schein mit Stralen gehabt / und von Carolo M. im Jahr 810. verstöret ist. Diese Antiquität siehet man noch in der Wedel Wapen: Auch in deß Holsteinischen Städtleins Wedel Wapen findet man fast dergleichen / wie zu sehen ist bey Jona von Elverfeld classe tertia Holsatiae. Biß hieher gedachter Autor. In der Vorstatt dieses Orths ligt das Closter zum H. Geist / und dabey ein Churfürstlich Schloß und Ampt: und eine Meil von hinnen das Jungfrauen Closter Dambeck / welches Ihr. Churf. Durchl. der Academi zu Franckfurt / und der Fürstlichen Schul zu Joachims Thal übergeben. Ligt auch dieser Orthen das Closter Dißdorff / und dabey ein Churfürstlich Ampt.