Verwaltungsordnung vom 22. Februar 1811

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Autor: August Christian (Anhalt-Köthen)
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Titel: Verwaltungsordnung vom 22. Februar 1811
Untertitel:
aus: Die Constitutionen der europäischen Staaten seit den letzten 25 Jahren, Band 2, S. 268–275
Herausgeber: Karl Heinrich Ludwig Pölitz
Auflage:
Entstehungsdatum: 1811
Erscheinungsdatum: 1817
Verlag: F. A. Brockhaus
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Erscheinungsort: Leipzig und Altenburg
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[268]
c) Verwaltungsordnung vom 22. Februar 1811.

Wir August Christian Friedrich, von Gottes Gnaden souverainer Herzog zu Anhalt etc. etc.

setzen in Gefolge Unsers Edicts vom 19. Februar folgende Verwaltungsordnung fest.

Erster Titel.
§. 1.
Departementalbehörden.

Art. 1. In Gemäßheit der neuen Constitution soll ein Präfect, ein Generalsecretair der Präfectur, ein Präfecturrath und ein Departemensrath seyn.

Art. 2. Der Präfecturrath besteht aus zwei Mitgliedern, außer dem Präfecten; und der Departemensrath aus sechs Mitgliedern, wozu aus jedem Districte eins ernannt wird.

§. 2.
Von dem Präfecten.
Erster Abschnitt.
Verwaltung.

Art. 3. Der Präfect ist unter der Autorität und Aufsicht von Uns, als dem Oberhaupte des Landes und der [269] Verwaltung, mit allen Zweigen dieser Verwaltung und insonderheit mit denen beauftragt, welche Bezug haben:

1) auf die Aufsicht über das Erziehungswesen, namentlich alle Schul- und Unterrichtsanstalten jeglicher Art;
2) auf die Verwaltung und Verwendung der Etats oder Fonds, welche zur Ermunterung von Ackerbau, Kunst und Gewerbe, auch öffentlicher Wohlthätigkeit bestehen;
3) auf die Verwaltung der Hospitäler, Kranken- und Arbeitshäuser, der Gefängnisse und auf die Verbesserung dieser Anstalten;
4) auf die Unterstützung der Armen und Aufsicht über Stipendien, milde Stiftungen und sonstige wohlthätige Anstalten;
5) auf die Erhaltung des öffentlichen Eigenthums;
6) auf die Erhaltung der Wälder, Wege, Gewässer und anderer Gemeinheitsgegenstände;
7) auf die Leitung und Vollendung der zur Anlegung und Unterhaltung der Heerstraßen abzweckenden Arbeiten;
8) auf die Erbauung und Ausbesserung der Kirchen, Pfarrhäuser und anderer zur Ausübung des Gottesdienstes nöthigen Gegenstände;
9) auf die Erhaltung der Gesundheits- und Sicherheitsanstalten und der öffentlichen Ruhe, besonders auf Unterdrückung des Vagabundenwesens und der Bettelei.
Zweiter Abschnitt.

Art. 4. Dem Präfecten soll ferner alles, was den Dienst der Gensd’armerie betrifft, übertragen seyn.

Art. 5. Derselbe hat über die Erfüllung der Contracte zu wachen, welche wegen Verpflegung von Militär oder Gensd’armerie, so wie wegen Lieferungen für selbige geschlossen werden.

Art. 6. Derselbe leitet die Maasregeln Behufs der Aushebung der Conscribirten und der Anfertigung der Listen von denen zum Dienst einberufenen Conscribirten; er hat bei der Ziehung den Vorsitz, und entscheidet nebst dem mit der Conscription beauftragten Officier über Dienstbefreiungen, [270] nach Maasgabe besonderer Verordnungen, welche Wir darüber erlassen werden. Ueber die Ausmusterung dagegen entscheidet jener Officier allein.

Dritter Abschnitt.

Art. 7. Dem Präfect liegt endlich ob:

1) die Steuerregister fertigen und die Vertheilung der Grundsteuer unter die Steuerpflichtigen einer jeden Municipalität besorgen zu lassen;
2) über die Erhebung der indirecten und Consumtionsauflagen die Aufsicht zu führen;
3) über einen gänzlichen oder theilbaren Steuererlaß zu erkennen;
4) alles das, was sowohl die Erhebung und Abzahlung des Steuerertrags, als die Dienstverrichtungen der Steuerbeamten betrifft, zu reguliren und in Aufsicht zu halten;
5) die Berichtigung der auf den Steuerertrag angewiesenen Ausgaben anzuordnen und vollstrecken zu lassen.
§. 3.

Streitige Gegenstände.

Präfecturrath.

Art. 8. Dem Präfecturrath liegt ob zu erkennen:

1) über die Gesuche von Privatpersonen um Verminderung oder Erlaß ihres Beitrags zur directen Steuer;
2) über alle Schwierigkeiten, welche wegen Beitreibung der indirecten und Consumtionssteuern entstehen können; so wie auch über die Defraudationen und Uebertretungen, wobei sie die gesetzlichen Geldstrafen und Confiscationen auszusprechen haben; ausgenommen, wenn die abgehaltenen Protocolle wegen Unrichtigkeit angefochten worden sind, oder eine der Partheien sich an das Kriminalgericht gewendet hat;
3) über die zwischen den Unternehmern öffentlicher Arbeiten und den Verwaltungen entstehenden Streitigkeiten über die Auslegung und Vollstreckung der Contractsbedingungen;
4) über die Ansprüche von Privatpersonen, welche sich

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über Schäden beschweren, die ihnen durch die persönliche Schuld der Unternehmer öffentlicher Arbeiten bei deren Vollführung zugefügt worden;
5) über Entschädigungsgesuche von Privatpersonen wegen der beim Straßen- oder Wasserbau, oder zu sonstigen öffentlichen Arbeiten ihnen genommenen oder beschädigten Ländereien;
6) über die wegen der Brücken und Chausseen, der Leinpfade, Land- und Heerstraßen entstehenden Schwierigkeiten;
7) über Gesuche der Communen um Erlaubniß vor Gericht auftreten zu dürfen.
8) Der Präfect soll den Sitzungen beiwohnen und den Vorsitz führen.
§. 4.
Vertheilung der Auflagen.

Art. 9. Der Departementsrath soll sich alljährlich einmal versammeln. Wir werden die Zeit seiner Zusammenkunft bestimmen, und sollen seine Sitzungen längstens acht Tage dauern.

Art. 10. Er hat eins seiner Mitglieder zum Präsidenten und eins zum Secretair zu ernennen. Der Präsident hat eine entscheidende Stimme.

Art. 11. Der Departementsrath hat:

1) die Vertheilung der directen Steuern unter die Districte zu nehmen;
2) auf die von einzelnen Communen eingehenden Gesuche um Steuerverminderung zu verfügen;
3) den Betrag der Steuerzulage, welche zur Bestreitung der Departementsausgaben erforderlich ist, mit gesetzmäßiger Einschränkung festzusetzen;
4) die Rechnung des Präfecten über die Verwendung dieser Steuerzulage abzuhören;
5) sein Gutachten über die Lage und Bedürfnisse des Landes abzugeben.

Art. 12. Der Departementsrath kann nur dann berathschlagen, wenn wenigstens zwei Drittheile der Mitglieder zugegen sind.

[272] Art. 13. Er darf durchaus keine Verwaltungsacte machen, da solche lediglich dem Präfecten zustehen.

§. 5.
Secretariat und Archive.

Art. 14. Der Generalsecretair ist der Vorsteher des Archives und Director der Verwaltungsbüreaux.

Art. 15. Er vertritt die Stelle des Präfecten bei dessen Abwesenheit oder Krankheit; jedoch kann der Präfect hiezu auch einen Präfecturrath beauftragen.

Er unterzeichnet die Ausfertigungen und ist der Gehülfe des Präfecten bei allen öffentlichen Dienstverrichtungen.

Zweiter Titel.
§. 1.
Von den Municipalitäten.

Art. 16. Jede Municipalität soll von einem Maire und von Adjuncten verwaltet werden; auch für jede ein Municipalrath seyn.

Art. 17. Die Verwaltung kommt dem Maire allein zu; nur vermöge seines Auftrages oder wenn er abwesend, krank oder sonst gesetzlich behindert ist, können die Adjuncten daran Theil nehmen.

Art. 18. Die Amtsverrichtungen des Maire stehen unter Aufsicht des Präfecten und bestehen in folgenden:

1) die gemeinheitlichen Besitzungen und Einkünfte der Communen zu verwalten;
2) die Ausgaben zu bestreiten, welche aus den Gemeindegeldern bis zum Belauf des vom Präfecten festgesetzten Etats bezahlt werden müssen;
3) die öffentlichen Bauten und Arbeiten zu leiten und vollbringen zu lassen, welche vom Municipalrath angeordnet worden sind;
4) die zur Gemeinde gehörigen, aus ihren Mitteln zu unterhaltenden oder zum Besten ihrer Mitbürger ausdrücklich gestifteten, öffentlichen Anstalten zu verwalten;
5) dafür zu sorgen, daß die Einwohner die Vortheile einer guten Polizei, besonders in Hinsicht der Reinlichkeit,

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der Gesundheitspflege, der Sicherheit und Ruhe in den Straßen und an öffentlichen Orten und Häusern genießen.

Art. 19. Den Maires können auch Verrichtungen der Generalverwaltung übertragen werden, jedoch müssen solche von ihnen unter Autorität des Präfecten vollstreckt werden.

Es sind folgende:

1) Vertheilung der directen Steuern unter die Gemeindeglieder;
2) Versteigerung der Erhebung dieser Steuer;
3) Aufsicht über die Einnahme und Einlieferung der Steuern in die öffentlichen Kassen;
4) unmittelbare Leitung der öffentlichen Arbeiten auf dem Gemeindebezirk;
5) unmittelbare Verwaltung der dem allgemeinen Besten gewidmeten öffentlichen Anstalten;
6) Aufsicht und Verwaltung, welche die Erhaltung des öffentlichen Eigenthums erfordert;
7) directe Aufsicht über Ausbesserungen und Wiederherstellungen der zum Gottesdienst bestimmten Gebäude;
8) Besorgung der Aushebung der Conscribirten des Orts.
§. 2.
Municipalrath.

Art. 20. Es sollen so viel Municipalräthe seyn, als die Zahl der Stadt- und Cantonsmaire beträgt.

Art. 21. Für die Bevölkerung einer Stadt oder eines Cantons unter 2500 Einwohner soll der Municipalrath aus acht, für eine stärkere Bevölkerung aber aus sechszehn Mitgliedern bestehen.

Art. 22. Der Maire ist darin vorsitzendes Mitglied. Der Municipalrath ernennt eins seiner Mitglieder zum Secretair.

Art. 23. Bei Abwesenheit, Krankheit oder sonstiger Behinderung des Maire soll ein anderes Mitglied statt seiner, nach der Ordnung ihrer Ernennung, den Vorsitz haben.

[274] Art. 24. Der Municipalrath versammelt sich den 18. Nov. jeden Jahres, und kann 6 Tage zusammen bleiben.

Art. 25. Der Municipalrath soll die Rechnung über die Municipaleinnahmen und Ausgaben abhören und dagegen seine Bemerkungen machen; die letzte Ablegung dieser Rechnung geschieht hiernächst dem Präfecten.

Art. 26. Bei Vorlegung dieser Rechnung im Municipalrath giebt der Maire den Vorsitz ab, und wird durch ein anderes Mitglied ersetzt, welches durch geheime Sammlung der Stimmenmehrheit gewählt wird.

Art. 27. Der Municipalrath berathschlagt über die Art der Vertheilung der gemeinheitlichen Holzungen, Weiden, Ernten und sonstigen Nutzungen.

Art. 28. Desgleichen über besondere Ortsbedürfnisse der Municipalitäten.

Art. 29. Ferner über die Anleihen und Steuerzulagen, welche zur Bestreitung ihrer Bedürfnisse für nöthig befunden werden.

Art. 30. Er ordnet die Vertheilung der zur Unterhaltung des Eigenthums erforderlichen und den Einwohnern obliegenden Arbeiten an.

Art. 31. Der Präfect kann ihn im Laufe des Jahres außerordentlich zusammenberufen. Solches ist nothwendig, wenn es darauf ankömmt, über Erwerbung oder Veräußerung von Grundstücken, über die Verwendung von Verkaufssummen oder von rückgezahlten und beigetriebenen Geldern, ingleichen über das Beginnen oder selbst über die Fortsetzung eines Processes zu berathschlagen.

Art. 32. Alle solche Berathschlagungen, welche eine Zusammenberufung erfordern, können nur mit Bewilligung des Präfecten in Vollziehung gesetzt werden.

§. 3.
Secretariat und Archive.

Art. 33. In jeder Municipalität soll ein Secretair seyn, der die Ausfertigungen unterzeichnet und das Archiv in Aufsicht hat.

[275]
Dritter Titel.
Von den Ernennungen.

Art. 34. Der Präfect, die Präfecturräthe, die Mitglieder des Departementsraths, der Generalsecretair der Präfectur, die sämmtlichen Maires und ihre Adjuncten, die Mitglieder der Municipalräthe und der Polizeicommissair werden von Uns ernannt.

Art. 35. Was jedoch die Mitglieder der Departements- und Municipalräthe betrifft; so geschiehet Unsrer Seits deren Ernennung auf geschehene Präsentation durch das Departementscollegium.

Art. 36. Die Secretairs der Maires der Städte werden von Uns auf deren Vorschlag ernannt; den übrigen Cantonmaires aber wollen Wir diese Wahl selbst überlassen.

Vierter Titel.
Von den Gefällen.

Art. 37. Die Gehalte der Verwaltungsbeamten werden durch ein besonderes Reglement bestimmt, so wie auch deren Büreaukosten.

Art. 38. Gehalte und Kosten in Betreff der Municipalbeamten werden von den Gemeindeeinkünften bestritten.

Art. 39. Unser Staatsrath ist mit der Vollstreckung dieses Decrets beauftragt.

Gegeben Köthen den 22. Febr. 1811.

(L. S.) August Christian Friedrich, Herzog zu Anhalt.