Xenien

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Textdaten
Autor: Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller
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Titel: Xenien
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aus: Friedrich Schiller:
Musen-Almanach für das Jahr 1797, S. 197–302
Herausgeber: Friedrich Schiller
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1797
Verlag: J. G. Cotta
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Erscheinungsort: Tübingen
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Quelle: HAAB Weimar, Kopie auf Commons
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[197]
Xenien.
[198]

Triste supercilium, durique severa Catonis
     Frons et aratoris Filia Fabricii
Et personati fastus et regula morum,
     Quidquid et in tenebris non sumus, ite foras.


[199]
Der ästhetische Thorschreiber.

Halt Passagiere! Wer seyd ihr? Weß Standes und Characteres?
      Niemand passieret hier durch, bis er den Paß mir gezeigt.

Xenien.

Distichen sind wir. Wir geben uns nicht für mehr noch für minder,
      Sperre du immer, wir ziehn über den Schlagbaum hinweg.

Visitator.

Oeffnet die Coffers. Ihr habt doch nichts contrebandes geladen?
      Gegen die Kirche? den Staat? Nichts von französischem Gut?

Xenien.

Coffers führen wir nicht. Wir führen nicht mehr als zwey Taschen
      Tragen, und die, wie bekannt, sind bey Pöeten nicht schwer.

[200]
Der Mann mit dem Klingelbeutel.

Messieurs! Es ist der Gebrauch, wer diese Straße bereiset,
     Legt für die Dummen was, für die Gebrechlichen, ein.

Helf Gott.

Das verwünschte Gebettel! Es haben die vorderen Kutschen
     Reichlich für uns mit bezahlt. Geben nichts. Kutscher fahr zu.

Der Glückstopf.

Hier ist Messe, geschwind, packt aus und schmücket die Bude,
     Kommt Autoren und zieht, jeder versuche sein Glück.

Die Kunden.

Wenige Treffer sind gewöhnlich in solchen Boutiquen,
     Doch die Hoffnung treibt frisch und die Neugier herbey.

[201]
Das Widerwärtige.

Dichter und Liebende schenken sich selbst, doch Speise voll Ekel!
     Dringt die gemeine Natur sich zum Genusse dir auf!

Das Desideratum.

Hättest du Phantasie, und Witz und Empfindung und Urtheil,
     Warlich, dir fehlte nicht viel, Wieland und Lessing zu seyn!

An einen gewissen moralischen Dichter.

Ja der Mensch ist ein ärmlicher Wicht, ich weiß – doch das wollt ich
     Eben vergessen, und kam, ach wie gereut mich’s, zu dir.

Das Verbindungsmittel.

Wie verfährt die Natur, um hohes und niedres im Menschen
     Zu verbinden? Sie stellt Eitelkeit zwischen hinein.

[202]
Für Töchter edler Herkunft.

Töchtern edler Geburt ist dieses Werk zu empfehlen,
     Um zu Töchtern der Lust schnell sich befördert zu sehn.

Der Kunstgriff.

Wollt ihr zugleich den Kindern der Welt und den Frommen gefallen?
     Mahlet die Wollust – nur mahlet den Teufel dazu.

Der Teleolog.

Welche Verehrung verdient der Weltenschöpfer, der gnädig,
     Als er den Korkbaum schuf, gleich auch die Stöpsel erfand!

Der Antiquar.

Was ein christliches Auge nur sieht, erblick ich im Marmor:
     Zevs und sein ganzes Geschlecht grämt sich und fürchtet den Tod.

[203]
Der Kenner.

Alte Vasen und Urnen! Das Zeug wohl könnt ich entbehren;
     Doch ein Majolica-Topf machte mich glücklich und reich.

Erreurs et Verité.

Irrthum wolltest du bringen und Wahrheit, o Bote, von Wandsbeck;
     Wahrheit, sie war dir zu schwer; Irrthum, den brachtest du fort!

H. S.

Auf das empfindsame Volk hab ich nie was gehalten, es werden,
     Kommt die Gelegenheit nur schlechte Gesellen daraus.

Der Prophet.

Schade daß die Natur nur Einen Menschen aus dir schuf,
     Denn zum würdigen Mann war und zum Schelmen der Stoff.

[204]
Das Amalgama.

Alles mischt die Natur so einzig und innig, doch hat sie
     Edel- und Schalksinn hier, ach! nur zu innig vermischt.

Der erhabene Stoff.

Deine Muse besingt, wie Gott sich der Menschen erbarmte,
     Aber ist das Poesie, daß er erbärmlich sie fand?

Belsatzer ein Drama.

König Belsatzer schmaußt in dem ersten Akte, der König
     Schmaußt in dem zweyten, es schmaußt fort bis zu Ende der Fürst.

Gewiße Romanhelden.

Ohne das mindeste nur dem Pedanten zu nehmen, erschufst du,
     Künstler wie keiner mehr ist, einen vollendeten Geck.

[205]
Pfarrer Cyllenius.

Still doch von deinen Pastoren und ihrem Zofenfranzösisch,
     Auch von den Zofen nichts mehr mit dem Pastorenlatein.

Jamben.

Jambe nennt man das Thier mit einem kurzen und langen
     Fuß, und so nennst du mit Recht Jamben das hinkende Werk.

Neuste Schule.

Ehmals hatte man Einen Geschmack. Nun giebt es Geschmäcke,
     Aber sagt mir, wo sitzt dieser Geschmäcke Geschmack?

An deutsche Baulustige.

Kamtschadalisch lehrt man euch bald die Zimmer verzieren,
     Und doch ist manches bey euch schon kamtschadalisch genug.

[206]
Assiche.

Stille kneteten wir Salpeter, Kohlen und Schwefel,
     Bohrten Röhren, gefall’ nun auch das Feuerwerk euch.

Zur Abwechslung.

Einige steigen als leuchtende Kugeln und andere zünden,
     Manche auch werfen wir nur spielend das Aug zu erfreun.

Der Zeitpunkt.

Eine große Epoche hat das Jahrhundert gebohren,
     Aber der große Moment findet ein kleines Geschlecht.

Goldnes Zeitalter.

Ob die Menschen im Ganzen sich bessern? Ich glaub es, denn einzeln
     Suche man, wie man auch will, sieht man doch gar nichts davon.

[207]

Manso von den Grazien.

Hexen lassen sich wohl durch schlechte Sprüche citiren,
     Aber die Grazie kommt nur auf der Grazie Ruf.

Tassos Jerusalem von demselben.

Ein asphaltischer Sumpf bezeichnet hier noch die Stätte,
     Wo Jerusalem stand, das uns Torquato besang.

Die Kunst zu lieben.

Auch zum Lieben bedarfst du der Kunst? Unglücklicher Manso,
     Daß die Natur auch nichts, gar nichts für dich noch gethan!

Der Schulmeister zu Breslau.

In langweiligen Versen und abgeschmackten Gedanken
     Lehrt ein Präceptor uns hier, wie man gefällt und verführt.

[208]
Amor, als Schulcollege.

Was das entsetzlichste sey von allen entsetzlichen Dingen?
     Ein Pedant, den es juckt, locker und lose zu seyn.

Der zweyte Ovid.

Armer Naso, hättest du doch wie Manso geschrieben,
     Nimmer, du guter Gesell, hättest du Tomi gesehn.

Das Unverzeihliche.

Alles kann mislingen, wir könnens ertragen, vergeben;
     Nur nicht, was sich bestrebt, reizend und lieblich zu seyn.

Prosaische Reimer.

Wieland, wie reich ist dein Geist! Das kann man nun erst empfinden,
     Sieht man, wie fad und wie leer dein Caput mortuum ist.

[209]
Jean Paul Richter.

Hieltest du deinen Reichthum nur halb so zu Rathe, wie jener
     Seine Armuth, du wärst unsrer Bewunderung werth.

An seinen Lobredner.

Meynst du, er werde größer, wenn du die Schultern ihm leyhest?
     Er bleibt klein wie zuvor, du hast den Höcker davon.

Feindlicher Einfall.

Fort ins Land der Philister, ihr Füchse mit brennenden Schwänzen,
     Und verderbet der Herrn reife papierene Saat.

Nekrolog.

Unter allen, die von uns berichten, bist du mir der liebste,
     Wer sich lieset in dir, ließt dich zum Glücke nicht mehr.

[210]
Bibliothek schöner Wissenschaften.

Jahre lang schöpfen wir schon in das Sieb und brüten den Stein aus,
     Aber der Stein wird nicht warm, aber das Sieb wird nicht voll.

Dieselbe.

Invaliden Poeten ist dieser Spittel gestiftet,
     Gicht und Wassersucht wird hier von der Schwindsucht gepflegt.

Die neuesten Geschmacksrichter.

Dichter, ihr armen, was müßt ihr nicht alles hören, damit nur
     Sein Exercitium schnell lese gedruckt der Student!

An Schwätzer und Schmierer.

Treibet das Handwerk nur fort, wir könnens euch freilich nicht legen,
     Aber ruhig, das glaubt, treibt ihr es künftig nicht mehr.

[211]
Guerre ouverte.

Lange neckt ihr uns schon, doch immer heimlich und tückisch,
     Krieg verlangtet ihr ja, führt ihn nun offen, den Krieg.

An gewisse Collegen.

Mögt ihr die schlechten Regenten mit strengen Worten verfolgen,
     Aber schmeichelt doch auch schlechten Autoren nicht mehr.

An die Herren N. O. P.

Euch bedaur’ ich am meisten, ihr wähltet gerne das Gute,
     Aber euch hat die Natur gänzlich das Urtheil versagt.

Der Commissarius des jüngsten Gerichts.

Nach Calabrien reis’t er, das Arsenal zu besehen,
     Wo man die Artillerie gießt zu dem jüngsten Gericht.

[212]
Kant und seine Ausleger.

Wie doch ein einziger Reicher so viele Bettler in Nahrung
     Setzt! Wenn die Könige baun, haben die Kärrner zu thun.

J – b.

Steil wohl ist er, der Weg zur Wahrheit, und schlüpfrig zu steigen,
     Aber wir legen ihn doch nicht gern auf Eseln zurück.

Die Stockblinden.

Blinde, weiß ich wohl, fühlen und Taube sehen viel schärfer,
     Aber mit welchem Organ philosophiert denn das Volk?

Analytiker.

Ist denn die Wahrheit ein Zwiebel, von dem man die Häute nur abschält?
     Was ihr hinein nicht gelegt, ziehet ihr nimmer heraus.

[213]
Der Geist und der Buchstabe.

Lange kann man mit Marken, mit Rechenpfennigen zahlen,
     Endlich, es hilft nichts ihr Herrn, muß man den Beutel doch ziehn.

Wissenschaftliches Genie.

Wird der Poet nur gebohren? Der Philosoph wirds nicht minder,
     Alle Wahrheit zuletzt wird nur gebildet, geschaut.

Die bornierten Köpfe.

Etwas nützet ihr doch, die Vernunft vergißt des Verstandes
     Schranken so gern, und die stellet ihr redlich uns dar.

Bedientenpflicht.

Rein zuerst sey das Haus, in welchem die Königinn einzieht,
     Frisch denn, die Stuben gefegt! dafür ihr Herrn, seyd ihr da.

[214]
Ungebühr.

Aber, erscheint sie selbst, hinaus vor die Thüre, Gesinde!
     Auf den Sessel der Frau pflanze die Magd sich nicht hin.

Wissenschaft.

Einem ist sie die hohe, die himmlische Göttinn, dem andern
     Eine tüchtige Kuh, die ihn mit Butter versorgt.

An Kant.

Vornehm nennst du den Ton der neuen Propheten? Ganz richtig,
     Vornehm philosophiert heißt wie Rotüre gedacht.

Der kurzweilige Philosoph.

Eine spaßhafte Weisheit dociert hier ein lustiger Doctor
     Bloß dem Nahmen nach Ernst, und in dem lustigsten Saal.

[215]
Verfehlter Beruf.

Schade daß ein Talent hier auf dem Katheder verhallet,
     Das auf höherm Gerüst hätte zu glänzen verdient.

Das philosophische Gespräch.

Einer, das höret man wohl, spricht nach dem andern, doch keiner
     Mit dem andern; wer nennt zwey Monologen Gespräch?

Das Privilegium.

Dichter und Kinder, man giebt sich mit beyden nur ab, um zu spielen,
     Nun so erboset euch nicht, wird euch die Jugend zu laut.

Litterarischer Zodiacus.

Jetzo ihr Distichen nehmt euch zusammen, es thut sich der Thierkreis
     Grauend euch auf; mir nach Kinder! wir müssen hindurch.

[216]

Zeichen des Widders.

Auf den Widder stoßt ihr zunächst, den Führer der Schaafe,
     Aus dem Dykischen Pferch springet er trotzig hervor.

Zeichen des Stiers.

Neben an gleich empfängt euch sein Nahmensbruder; mit stumpfen
     Hörnern, weicht ihr nicht aus, stößt euch der Hallisch Ochs.

Zeichen des Fuhrmanns.

Alsobald knallet in G** des Reiches würdiger Schwager,
     Zwar er nimmt euch nicht mit, aber er fährt doch vorbey.

Zeichen der Zwillinge.

Kommt ihr den Zwillingen nah, so sprecht nur: Gelobet sey J –
     C – ! „In Ewigkeit“ giebt man zum Gruß euch zurück.

[217]

Zeichen des Bärs.

Nächst daran strecket der Bär zu K** die bleyernen Tatzen
     Gegen euch aus, doch er fängt euch nur die Fliegen vom Kleid.

Zeichen des Krebses.

Geht mir dem Krebs in B*** aus dem Weg, manch lyrisches Blümchen
     Schwellend in üppigem Wuchs kneipte die Scheere zu Tod.

Zeichen des Löwen.

Jetzo nehmt euch in Acht vor dem wackern Eutinischen Leuen,
     Daß er mit griechischem Zahn euch nicht verwunde den Fuß.

Zeichen der Jungfrau.

Bücket euch, wie sichs geziemt, vor der zierlichen Jungfrau zu Weimar,
     Schmollt sie auch oft – wer verzeyht Launen der Grazie nicht?

[1] [218]

Zeichen des Raben.

Vor dem Raben nur sehet euch vor, der hinter ihr krächzet,
     Das Nekrologische Thier setzt auf Kadaver sich nur.

Locken der Berenice.

Sehet auch, wie ihr in S*** den groben Fäusten entschlüpfet,
     Die Berenices Haar striegeln mit eisernem Kamm.

Zeichen der Waage.

Jetzo wäre der Ort, daß ihr die Waage beträtet,
     Aber dieß Zeichen ward längst schon am Himmel vermißt.

Zeichen des Scorpions.

Aber nun kommt ein böses Insekt, aus G–b–n her,
     Schmeichelnd naht es, ihr habt, flieht ihr nicht eilig, den Stich.

[219]
Ophiuchus.

Drohend hält euch die Schlang’ jetzt Ophiuchus entgegen,
     Fürchtet sie nicht, es ist nur der getrocknete Balg.

Zeichen des Schützen.

Seid ihr da glücklich vorbei, so naht euch dem zielenden Hofrath
     Schütz nur getrost, er liebt und er versteht auch den Spaß.

Gans.

Laßt sodann ruhig die Gans in L***g und G**a gagagen,
     Die beißt keinen, es quält nur ihr Geschnatter das Ohr.

Zeichen des Steinbocks.

Im Vorbeygehn stutzt mir den alten Berlinischen Steinbock,
     Das verdrüßt ihn, so giebts etwas zu lachen fürs Volk.

[220]

Zeichen des Pegasus.

Aber seht ihr in B**** den Grad ad Parnassum, so bittet
     Höflich ihm ab, daß ihr euch eigene Wege gewählt.

Zeichen des Wassermanns.

Uebrigens haltet euch ja von dem Dr***r Wassermann ferne,
     Daß er nicht über euch her gieße den Elbestrom aus.

Eridanus.

An des Eridanus Ufern umgeht mir die furchtbare Waschfrau,
     Welche die Sprache des Teut säubert mit Lauge und Sand.

Fische.

Seht ihr in Leipzig die Fischlein, die sich in Sulzers Cisterne
     Regen, so fangt euch zur Lust einige Grundeln heraus.

[221]
Der fliegende Fisch.

Neckt euch in Breslau der fliegende Fisch, erwartets geduldig
     In sein wäßrigtes Reich zieht ihn Neptun bald hinab.

Glück auf den Weg.

Manche Gefahren umringen euch noch, ich hab sie verschwiegen,
     Aber wir werden uns noch aller erinnern – nur zu!

Die Aufgabe.

Wem die Verse gehören? Ihr werdet es schwerlich errathen,
     Sondert, wenn ihr nun könnt, o Chorizonten, auch hier!

Wohlfeile Achtung.

Selten erhaben und groß und selten würdig der Liebe
     Lebt er doch immer, der Mensch, und wird geehrt und geliebt.

[222]
Revolutionen.

Was das Lutherthum war ist jetzt das Franzthum in diesen
     Letzten Tagen, es drängt ruhige Bildung zurück.

Partheygeist.

Wo Partheyen entstehn, hält jeder sich hüben und drüben,
     Viele Jahre vergehn, eh sie die Mitte vereint.

Das deutsche Reich.

Deutschland? aber wo liegt es? Ich weiß das Land nicht zu finden,
     Wo das gelehrte beginnt, hört das politische auf.

Deutscher Nationalcharacter.

Zur Nation euch zu bilden, ihr hoffet es, Deutsche, vergebens
     Bildet, ihr könnt es, dafür freyer zu Menschen euch aus.

[223]
Rhein.

Treu wie dem Schweitzer gebührt, bewach ich Germaniens Grenze,
     Aber der Gallier hüpft über den duldenden Strom.

Rhein und Mosel.

Schon so lang umarm’ ich die lotharingische Jungfrau,
     Aber noch hat kein Sohn unsre Umarmung erfreut!

Donau in B**

Bacchus der lustige führt mich und Komus der fette durch reiche
     Triften, aber verschämt bleibet die Charis zurück.

Donau in O**

Mich umwohnet mit glänzendem Aug das Volk der Fajaken,
     Immer ists Sonntag, es dreht immer am Heerd sich der Spieß.

[224]
Mayn.

Meine Burgen zerfallen zwar, doch getröstet erblick’ ich
     Seit Jahrhunderten noch immer das alte Geschlecht.

Saale.

Kurz ist mein Lauf und begrüßt der Fürsten, der Völker so viele,
     Aber die Fürsten sind gut, aber die Völler sind frey.

Ilm.

Meine Ufer sind arm, doch höret die leisere Welle,
     Führt der Strom sie vorbey, manches unsterbliche Lied.

Pleisse.

Flach ist mein Ufer und seicht mein Bächlein, es schöpften zu durstig
     Meine Poeten mich, meine Prosaiker aus.

[225]
Elbe.

All ihr andern, ihr sprecht nur ein kauderwelsch. Unter den Flüssen
     Deutschlands rede nur ich, und auch in Meissen nur, Deutsch.

Spree.

Sprache gab mir einst Ramler und Stoff mein Cesar, da nahm ich
     Meinen Mund etwas voll, aber ich schweige seitdem.

Weser.

Leider von mir ist gar nichts zu sagen, auch zu dem kleinsten
     Epigramme bedenkt! geb ich der Muse nicht Stoff.

Gesundbrunnen zu ***

Seltsames Land! Hier haben die Flüsse Geschmack und die Quellen,
     Bey den Bewohnern allein hab ich noch keinen verspürt.

[226]

P** bey N***

Ganz hypochondrisch bin ich vor langer Weile geworden,
     Und ich fliesse nur fort, weil es so hergebracht ist.

Die **chen Flüsse.

Unser einer hats halter gut in **cher Herren
     Ländern, ihr Joch ist sanft und ihre Lasten sind leicht.

Salzach.

Aus Juvaviens Bergen ström’ ich, das Erzstift zu salzen,
     Lenke dann Bayern zu, wo es an Salze gebricht.

Der anonyme Fluß.

Fastenspeisen dem Tisch des frommen Bischoffs zu liefern,
     Goß der Schöpfer mich aus durch das verhungerte Land.

[227]
Les fleuves indiscrets.

Jetzt kein Wort mehr ihr Flüße. Man siehts, ihr wißt euch so wenig
     Zu bescheiden, als einst Diderots Schätzchen gethan.

An den Leser.

Lies uns nach Laune nach Lust, in trüben, in fröhlichen Stunden,
     Wie uns der gute Geist, wie uns der böse gezeugt.

Gewissen Lesern.

Viele Bücher genießt ihr, die ungesalznen, verzeyhet,
     Daß dieß Büchelchen uns überzusalzen beliebt.

Dialogen aus dem Griechischen.

Zur Erbauung andächtiger Seelen hat F*** S***.
     Graf und Poet und Christ diese Gespräche verdeutscht.

[228]
Der Ersatz.

Als du die griechischen Götter geschmäht, da warf dich Apollo
     Von dem Parnasse; dafür gehst du ins Himmelreich ein.

Der moderne Halbgott.

Christlicher Herkules, du ersticktest so gerne die Riesen,
     Aber die heidnische Brut steht Herkuliscus! noch fest.

Charis.

Ist dieß die Frau des Künstlers Vulkan? Sie spricht von dem Handwerk,
     Wie es des Roturiers adlicher Hälfte geziemt.

Nachbildung der Natur.

Was nur einer vermag, das sollte nur einer uns schildern,
     Voß nur den Pfarrer und nur Iffland den Förster allein.

[229]
Nachäffer.

Aber da meynen die Pfuscher, ein jeder Schwarzrock und Grünrock
     Sey auch an und für sich, unsrer Beschauung schon werth.

Klingklang.

In der Dichtkunst hat er mit Worten herzlos geklingelt,
     In der Philosophie treibt er es pfäffisch so fort.

An gewisse Umschöpfer.

Nichts soll werden das Etwas, daß nichts sich zu Etwas gestalte,
     Laß das Etwas nur seyn! nie wird zu Etwas das Nichts.

Aufmunterung.

Deutschland fragt nach Gedichten nicht viel; ihr kleinen Gesellen,
     Lermt, bis jeglicher sich wundernd ans Fenster begiebt.

[230]
Das Brüderpaar.

Als Centauren gingen sie einst durch poetische Wälder,
     Aber das wilde Geschlecht hat sich geschwinde bekehrt.

K * *

Höre den Tadler! Du kannst, was er noch vermißt, dir erwerben,
     Jenes, was nie sich erwirbt, freue dich! gab dir Natur.

An die Moralisten.

Richtet den herrschenden Stab auf leben und handeln und lasset
     Amorn, dem lieblichen Gott, doch mit der Muse das Spiel!

Der Leviathan und die Epigramme.

Fürchterlich bist du im Kampf, nur brauchst du etwas viel Wasser,
     Aber versuch es einmal, Fisch! in den Lüften mit uns.

[231]
Louise von Voß.

Warlich, es füllt mit Wonne das Herz, dem Gesange zu horchen,
     Ahmt ein Sänger, wie der, Töne des Alterthums nach.

Jupiters Kette.

Hängen auch alle Schmierer und Reimer sich an dich, sie ziehen
     Dich nicht hinunter, doch du ziehst sie auch schwerlich hinauf.

Aus einer der neuesten Episteln.

Klopstock, der ist mein Mann, der in neue Phrasen gestoßen,
     Was er im höllischen Pfuhl Hohes und Großes vernahm.

B**s Taschenbuch.

Eine Collection von Gedichten? Eine Collecte
     Nenn es, der Armuth zu lieb und bey der Armuth gemacht.

[232]
Ein deutsches Meisterstück.

Alles an diesem Gedicht ist vollkommen, Sprache, Gedanke,
     Rhythmus, das einzige, nur fehlt noch, es ist kein Gedicht.

Unschuldige Schwachheit.

Unsre Gedichte nur trift dein Spott? o schätzet euch glücklich,
     Daß das schlimmste an euch eure Erdichtungen sind.

Das neueste aus Rom.

Raum und Zeit hat man wirklich gemahlt, es steht zu erwarten,
     Daß man mit ähnlichem Glück nächstens die Tugend uns tanzt.

Deutsches Lustspiel.

Thoren hätten wir wohl, wir hätten Fratzen die Menge,
     Leider helfen sie nur selbst zur Comödie nichts.

[233]

Das Mährchen.

Mehr als zwanzig Personen sind in dem Mährchen geschäftig,
     Nun, und was machen sie denn alle? Das Mährchen, mein Freund.

Frivole Neugier.

Das verlohnte sich auch den delphischen Gott zu bemühen,
     Daß er dir sage, mein Freund, wer der Armenier war.

Beyspielsammlung.

Nicht bloß Beyspielsammlung, nein, selber ein warnendes Beyspiel,
     Wie man nimmermehr soll sammeln für guten Geschmack.

Mit Erlaubniß.

Nimms nicht übel, daß nun auch deiner gedacht wird! Verlangst du
     Das Vergnügen umsonst, daß man den Nachbar vexirt?

[234]
Der Sprachforscher.

Anatomieren magst du die Sprache, doch nur ihr Cadaver,
     Geist und Leben entschlüpft flüchtig dem groben Scalpell.

Geschichte eines dicken Mannes.
(Man sehe die Recension davon in der N. deutschen Bibliothek).

Dieses Werk ist durchaus nicht in Gesellschaft zu lesen,
     Da es, wie Recensent rühmet, die Blähungen treibt.

Anecdoten von Fridrich II.

Von dem unsterblichen Friedrich, dem einzigen, handelt in diesen
     Blättern der zehenmalzehn tausendste sterbliche Fritz.

[235]
Litteraturbriefe.

Auch Nicolai schrieb an dem treflichen Werk? Ich wills glauben,
     Mancher Gemeinplatz auch steht in dem treflichen Werk.

Gewisse Melodien.

Dieß ist Musik fürs Denken! So lang man sie hört, bleibt man eiskalt,
     Vier, fünf Stunden darauf macht sie erst rechten Effekt.

Ueberschriften dazu.

Frostig und herzlos ist der Gesang, doch Sänger und Spieler
     Werden oben am Rand höflich zu fühlen ersucht.

Der böse Geselle.

Dichter bitte die Musen, vor ihm dein Lied zu bewahren,
     Auch dein leichtestes zieht nieder der schwere Gesang.

[236]
Karl von Karlsberg.

Was der berühmte Verfasser des menschlichen Elends verdiene?
     Sich in der Charité gratis verköstigt zu sehn.

Schriften für Damen und Kinder.

„Bibliothek für das andre Geschlecht, nebst Fabeln für Kinder“
     Also für Kinder nicht, nicht für das andre Geschlecht.

Dieselbe.

Immer für Weiber und Kinder! Ich dächte man schriebe für Männer,
     Und überliesse dem Mann Sorge für Frau und für Kind!

Gesellschaft von Sprachfreunden.

O wie schätz ich euch hoch! Ihr bürstet sorglich die Kleider
     Unsrer Autoren, und, wem fliegt nicht ein Federgen an?

[237]
Der Purist.

Sinnreich bist du, die Sprache von fremden Wörtern zu säubern,
     Nun so sage doch Freund, wie man Pedant uns verdeutscht.

Vernünftige Betrachtung.

Warum plagen wir, einer den andern? Das Leben zerrinnet,
     Und es versammelt uns nur einmal wie heute die Zeit.

An **.

Gerne plagt ich auch dich, doch es will mir mit dir nicht gelingen,
     Du bist zum Ernst mir zu leicht, bist für den Scherz mir zu plump.

An ***.

Nein! Du erbittest mich nicht. Du hörtest dich gerne verspottet,
     Hörtest du dich nur genannt, darum verschon ich dich, Freund.

[238]
Garve.

Hör ich über Geduld dich edler Leidender reden,
     O wie wird mir das Volk frömmelnder Schwätzer verhaßt.

Auf gewisse Anfragen.

Ob dich der Genius ruft? Ob du dem rufenden folgest?
     Ja, wenn du mich fragst – nein! Folge dem rufenden nicht.

Stoßgebet.

Vor dem Aristokraten in Lumpen bewahrt mich, ihr Götter,
     Und vor dem Sanscülott auch mit Epauletten und Stern.

Distinctionszeichen.

„Unbedeutend sind doch auch manche von euren Gedichtgen“!
     Freilich, zu jeglicher Schrift braucht man auch Comma und Punkt.

[239]

Die Addressen.

Alles ist nicht für alle, das wissen wir selber, doch nichts ist
     Ohne Bestimmung, es nimmt jeder sich selbst sein Paket.

Schöpfung durch Feuer.

Arme basaltische Säulen! Ihr solltet dem Feuer gehören,
     Und doch sah euch kein Mensch je aus dem Feuer entstehn.

Mineralogischer Patriotismus.

Jedermann schürfte bey sich auch nach Basalten und Lava,
     Denn es klinget nicht schlecht, hier ist Vulkanisch Gebürg!

Kurze Freude.

Endlich zog man sie wieder ins alte Wasser herunter,
     Und es löscht sich nun bald dieser entzündete Streit.

[240]

Triumph der Schule.

Welch erhabner Gedanke! Uns lehrt der unsterbliche Meister,
     Künstlich zu theilen den Stral, den wir nur einfach gekannt.

Die Möglichkeit.

Liegt der Irrthum nur erst, wie ein Grundstein, unten im Boden,
     Immer baut man darauf, nimmermehr kömmt er an Tag.

Wiederholung.

Hundertmal werd ichs euch sagen und tausendmal: Irrthum ist Irrthum!
     Ob ihn der größte Mann, ob ihn der kleinste beging.

Wer glaubts?

Newton hat sich geirrt? ja doppelt und dreyfach! und wie denn?
     Lange steht es gedruckt, aber es ließt es kein Mensch.

[241]
Der Welt Lauf.

Drucken fördert euch nicht, es unterdrückt euch die Schule;
     Aber nicht immer, und dann geben sie schweigend sich drein.

Hoffnung.

Allen habt ihr die Ehre genommen, die gegen euch zeugten;
     Aber dem Märtyrer kehrt späte sie doppelt zurück.

Exempel.

Schon Ein Irrlicht sah ich verschwinden, dich Phlogiston! Balde,
     O, Newtonisch Gespenst! folgst du dem Brüderchen nach.

Der letzte Märtyrer.

Auch mich bratet ihr noch als Huß vielleicht, aber wahrhaftig!
     Lange bleibet der Schwan, der es vollendet, nicht aus.

[242]
Menschlichkeiten.

Leidlich hat Newton gesehen, und falsch geschlossen, am Ende
     Blieb er, ein Britte, verstockt, schloß er, bewieß er so fort.

Und abermals Menschlichkeiten.

Seine Schüler hörten nun auf, zu sehn und zu schließen,
     Referirten getrost, was er auch sah und bewieß.

Der Widerstand.

Aristokratisch gesinnt ist mancher Gelehrte, denn gleich ists,
     Ob man auf Helm und Schild oder auf Meinungen ruht.

Neueste Farbentheorie von Wünsch.

Gelbroth und grün macht das Gelbe, grün und violblau das Blaue!
     So wird aus Gurkensalat wirklich der Essig erzeugt!

[243]
Das Mittel.

Warum sagst du uns das in Versen? Die Verse sind wirksam,
     Spricht man in Prosa zu euch, stopft ihr die Ohren euch zu.

Moralische Zwecke der Poesie.

„Bessern, bessern soll uns der Dichter“! So darf denn auf eurem
     Rücken des Büttels Stock nicht einen Augenblick ruhn?

Sections Wut.

Lebend noch exenterieren sie euch und seid ihr gestorben,
     Passet im Nekrolog noch ein Prosector euch auf.

Kritische Studien.

Schneidet, schneidet ihr Herrn, durch Schneiden lernet der Schüler,
     Aber wehe dem Frosch, der euch den Schenkel muß leyhn!

[244]
Der astronomische Himmel.

So erhaben, so groß ist, so weit entlegen der Himmel!
     Aber der Kleinigkeitsgeist fand auch bis dahin den Weg.

Naturforscher und Transscendental Philosophen.

Feindschaft sey zwischen euch, noch kommt das Bündniß zu frühe,
     Wenn ihr im Suchen euch trennt, wird erst die Wahrheit erkannt.

An die voreiligen Verbindungsstifter.

Jeder wandle für sich, und wisse nichts von dem andern,
     Wandeln nur beyde gerad, finden sich beyde gewiß.

Der treue Spiegel.

Reiner Bach, du entstellst nicht den Kiesel, du bringst ihn dem Auge
     Näher, so seh ich die Welt *** wenn du sie beschreibst.

[245]
Nicolai.

Nicolai reiset noch immer, noch lang wird er reisen,
     Aber ins Land der Vernunft findet er nimmer den Weg.

Der Wichtige.

Seine Meinung sagt er von seinem Jahrhundert, er sagt sie,
     Nochmals sagt er sie laut, hat sie gesagt und geht ab.

Der Plan des Werks.

Meine Reis’ ist ein Faden, an dem ich drey Lustra die Deutschen
     Nützlich führe, so wie formlos die Form mirs gebeut.

Formalphilosophie.

Allen Formen macht er den Krieg, er weiß wohl, zeitlebens
     Hat er mit Müh und Noth Stoff nur zusammengeschleppt.

[246]
Der Todfeind.

Willst du alles vertilgen, was deiner Natur nicht gemäß ist,
     Nicolai, zuerst schwöre dem Schönen den Tod!

Philosophische Querköpfe.

Querkopf! schreiet ergrimmt in unsere Wälder Herr Nickel,
     Leerkopf! schallt es darauf lustig zum Walde heraus.

Empirischer Querkopf.

Armer empirischer Teufel! du kennst nicht einmal das dumme
     In dir selber, es ist ach! a priori so dumm.

Der Quellenforscher.

Nicolai entdeckt die Quellen der Donau! Welch Wunder!
     Sieht er gewöhnlich doch sich nach der Quelle nicht um.

[247]
Derselbe.

Nichts kann er leiden was groß ist und mächtig, drum herrliche Donau
     Spürt dir der Häscher so lang nach, bis er seicht dich ertappt.

N. Reisen XI. Band. S. 177.

A propos Tübingen! Dort sind Mädchen, die tragen die Zöpfe
     Lang geflochten, auch dort giebt man die Horen heraus.

Der Glückliche.

Sehen möcht ich dich Nickel, wenn du ein Späßchen erhaschest,
     Und, von dem Fund entzückt, drauf dich im Spiegel besiehst

Verkehrte Wirkung.

Rührt sonst einen der Schlag, so stockt die Zunge gewöhnlich,
     Dieser, so lange gelähmt, schwatzt nur geläufiger fort.

[248]
Pfahl im Fleisch.

Nenne Lessing nur nicht, der Gute hat vieles gelitten
     Und in des Märtyrers Kranz warst du ein schrecklicher Dorn.

Die Horen an Nicolai.

Unsere Reyhen störtest du gern, doch werden wir wandeln,
     Und du tappe denn auch, plumper Geselle! so fort.

Fichte und Er.

Freilich tauchet der Mann kühn in die Tiefe des Meeres,
     Wenn du, auf leichtem Kahn, schwankest und Heringe fängst.

Briefe über ästhetische Bildung.

Dunkel sind sie zuweilen, vielleicht mit Unrecht, o Nickel!
     Aber die Deutlichkeit ist warlich nicht Tugend an dir.

[249]
Modephilosophie.

Lächerlichster, du nennst das Mode, wenn immer von neuem
     Sich der menschliche Geist ernstlich nach Bildung bestrebt.

Das grobe Organ.

Was du mit Händen nicht greifst, das scheint dir Blinden ein Unding,
     Und betastest du was, gleich ist das Ding auch beschmutzt.

Der Lastträger.

Weil du vieles geschleppt und schleppst und schleppen wirst, meynst du
     Was sich selber bewegt, könne vor dir nicht bestehn.

Die Waidtasche.

Reget sich was, gleich schießt der Jäger, ihm scheinet die Schöpfung
     Wie lebendig sie ist, nur für den Schnappsack gemacht.

[250]
Das Unentbehrliche.

Könnte Menschenverstand doch ohne Vernunft nur bestehen,
     Nickel hätte fürwahr menschlichsten Menschenverstand.

Die Xenien.

Was uns ärgert, du giebst mit langen entsetzlichen Noten
     Uns auch wieder heraus unter der Reiserubrik.

Lucri bonus odor.

Gröblich haben wir dich behandelt, das brauche zum Vortheil
     Und im zwölften Band schilt uns, da giebt es ein Blatt.

Vorsatz.

Den Philister verdrieße, den Schwärmer necke, den Heuchler
     Quäle der fröhliche Vers, der nur das Gute verehrt.

[251]

Nur Zeitschriften.

Frankreich faßt er mit einer, das arme Deutschland gewaltig
     Mit der andern, doch sind beyde papieren und leicht!

Das Motto.

Wahrheit sag ich euch, Wahrheit und immer Wahrheit, versteht sich:
     Meine Wahrheit; denn sonst ist mir auch keine bekannt.

Der Wächter Zions.

Meine Wahrheit bestehet im Bellen, besonders wenn irgend
     Wohlgekleidet ein Mann sich auf der Straße mir zeigt.

Verschiedene Dressuren.

Aristokratische Hunde, sie knurren auf Bettler, ein ächter
     Demokratischer Spitz klafft nach dem seidenen Strumpf.

[252]
Böse Gesellschafft.

Aristokraten mögen noch gehn, ihr Stolz ist doch höflich,
     Aber du löbliches Volk bist so voll Hochmuth und grob.

An die Obern.

Immer bellt man auf euch! bleibt sitzen! es wünschen die Beller
     Jene Plätze, wo man ruhig das Bellen vernimmt.

Baalspfaffen.

Heilige Freiheit! Erhabener Trieb der Menschen zum Bessern!
     Warlich, du konntest dich nicht schlechter mit Priestern versehn!

Verfehlter Beruf.

Schreckensmänner wären sie gerne, doch lacht man in Deutschland
     Ihres Grimmes, der nur mäßige Schrifften zerfleischt.

[253]
An mehr als Einen.

Erst habt ihr die Großen beschmaußt, nun wollt ihr sie stürzen;
     Hat man Schmarotzer doch nie dankbar dem Wirthe gesehn.

Das Requisit.

Lange werden wir euch noch ärgern und werden euch sagen:
     Rothe Kappen, euch fehlt nur noch das Glöckchen zum Putz.

Verdienst.

Hast du auch wenig genug verdient um die Bildung der Deutschen
     Fritz Nicolai, sehr viel hast du dabey doch verdient.

Umwälzung.

Nein das ist doch zu arg! Da läuft auch selbst noch der Cantor
     Von der Orgel, und ach! pfuscht auf den Klaven des Staats.

[254]
Der Halbvogel.

Fliegen möchte der Strauß, allein er rudert vergeblich,
     Ungeschickt rühret der Fuß immer den leidigen Sand.

Der letzte Versuch.

Vieles hast du geschrieben, der Deutsche wollt es nicht lesen;
     Gehn die Journale nicht ab, dann ist auch alles vorbey.

Kunstgriff.

Schreib die Journale nur anonym, so kannst du mit vollen
     Backen deine Musik loben, es merkt es kein Mensch.

Dem Großsprecher.

Oefters nahmst du das Maul schon so voll und konntest nicht wirken,
     Auch jetzt wirkest du nichts, nimm nur das Maul nicht so voll.

[255]
Mottos.

Setze nur immer Mottos auf deine Journale, sie zeigen
     Alle die Tugenden an, die man an dir nicht bemerkt.

Sein Handgriff.

Auszuziehen versteh ich, und zu beschmutzen die Schriften,
     Dadurch mach ich sie mein, und ihr bezahlet sie mir.

Die Mitarbeiter.

Wie sie die Glieder verrenken, die Armen! Aber nach dieser
     Pfeife zu tanzen, es ist auch beim Apollo! kein Spaß.

Unmögliche Vergeltung.

Deine Collegen verschreyst und plünderst du! Dich zu verschreyen
     Ist nicht nöthig, und nichts ist auch zu plündern an dir.

[256]
Das züchtige Herz.

Gern erlassen wir dir die moralische Delikatesse,
     Wenn du die zehen Gebot’ nur so nothdürftig befolgst.

Abscheu.

Heuchler ferne von mir! Besonders du widriger Heuchler,
     Der du mit Grobheit glaubst Falschheit zu decken und List.

Der Hausierer.

Ja das fehlte nun noch zu der Entwicklung der Sache,
     Daß als Krämer sich nun Kr**er nach Frankreich begiebt!

Deutschlands Revanche an Frankreich.

Manchen Lakay schon verkauftet ihr uns als Mann von Bedeutung,
     Gut! Wir spedieren euch hier Kr**** als Mann von Verdienst.

[257]
Der Patriot.

Daß Verfassung sich überal bilde! Wie sehr ists zu wünschen,
     Aber ihr Schwätzer verhelft uns zu Verfassungen nicht!

Die drey Stände.

Sagt, wo steht in Deutschland der Sanscülott? In der Mitte,
     Unten und oben besitzt jeglicher was ihm behagt.

Die Hauptsache.

Jedem Besitzer das seine! und jedem Regierer den Rechtsinn,
     Das ist zu wünschen, doch ihr, beydes verschafft ihr uns nicht.

Anacharsis der Zweyte.

Anacharsis dem ersten nahmt ihr den Kopf weg, der zweyte
     Wandert nun ohne Kopf klüglich, Pariser, zu euch.

[258]
Historische Quellen.

Augen leyht dir der Blinde zu dem, was in Frankreich geschiehet,
     Ohren der Taube, du bist, Deutschland, vortreflich bedient.

Der Almanach als Bienenkorb.

Lieblichen Honig geb’ er dem Freund, doch nahet sich täppisch
     Der Philister, ums Ohr saus’ ihm der stechende Schwarm!

Etymologie.

Ominos ist dein Nahme, er spricht dein ganzes Verdienst aus,
     Gerne verschafftest du, gieng es, dem Pöbel den Sieg.

Ausnahme.

Warum tadelst du manchen nicht öffentlich? Weil er ein Freund ist,
     Wie mein eigenes Herz tadl’ ich im stillen den Freund.

[259]
Die Insekten.

Warum schiltst du die einen so hundertfach? Weil das Geschmeiße,
     Rührt sich der Wedel nicht stets, immer dich leckt und dich sticht.

Einladung.

Glaubst du denn nicht, man könnte die schwache Seite dir zeigen?
     Thu es mit Laune, mit Geist, Freund, und wir lachen zuerst.

Warnung.

Unsrer liegen noch tausend im Hinterhalt, daß ihr nicht etwa
     Rückt ihr zu hitzig heran, Schultern und Rücken entblößt.

An die Philister.

Freut euch des Schmetterlings nicht, der Bösewicht zeugt euch die Raupe,
     Die euch den herrlichen Kohl, fast aus der Schüssel, verzehrt.

[260]
Hausrecht.

Keinem Gärtner verdenk ichs, daß er die Sperlinge scheuchet,
     Doch nur Gärtner ist er, jene gebahr die Natur.

Currus virum miratur inanes.

Wie sie knallen die Peitschen! Hilf Himmel! Journale! Calender!
     Wagen an Wagen! Wieviel Staub und wie wenig Gepäck!

Kalender der Musen und Grazien.

Musen und Grazien! oft habt ihr euch schrecklich verirret,
     Doch dem Pfarrer noch nie selbst die Perücke gebracht.

Taschenbuch.

Viele Läden und Häuser sind offen in südlichen Ländern,
     Und man sieht das Gewerb, aber die Armut zugleich.

[261]
Vossens Almanach.

Immer zu, du redlicher Voß! Beym neuen Kalender
     Nenne der Deutsche dich doch, der dich im Jahre vergißt.

Schillers Almanach von 1796.

Du erhebest uns erst zu Idealen und stürzest
     Gleich zur Natur uns zurück, glaubst du, wir danken dir das?

Das Paket.

Mit der Eule gesiegelt? Da kann Minerva nicht weit seyn!
     Ich erbreche, da fällt von und für Deutschland heraus.

Das Journal Deutschland.

Alles beginnt der Deutsche mit Feierlichkeit und so zieht auch
     Diesem deutschen Journal blasend ein Spielmann voran.

[262]
Reichsanzeiger.

Edles Organ, durch welches das deutsche Reich mit sich selbst spricht,
     Geistreich, wie es hinein schallet, so schallt es heraus.

A. d. Ph.

Woche für Woche zieht der Bettelkarren durch Deutschland,
     Den auf schmutzigem Bock, Jakob, der Kutscher, regiert.

A. D. B.

Zehnmal gelesne Gedanken auf zehnmal bedrucktem Papiere,
     Auf zerriebenem Bley stumpfer und bleyerner Witz.

A. d. Z.

Auf dem Umschlag sieht man die Charitinnen, doch leider
     Kehrt uns Aglaia den Theil, den ich nicht nennen darf, zu.

[263]
Deutsche Monatschrift.

Deutsch in Künsten gewöhnlich heißt mittelmäßig! und bist du
     Deutscher Monat, vielleicht auch so ein deutsches Produkt.

G. d. Z.

Dich, o Dämon! erwart ich und deine herschenden Launen,
     Aber im härenen Sack schleppt sich ein Kobold dahin.

Urania.

Deinen heiligen Nahmen kann nichts entehren, und wenn ihn
     Auf sein Sudelgefäß Ewald, der frömmelnde, schreibt.

Merkur.

Wieland zeigt sich nur selten, doch sucht man gern die Gesellschaft,
     Wo sich Wieland auch nur selten, der Seltene, zeigt.

[264]
Horen. Erster Jahrgang.

Einige wandeln zu ernst, die andern schreiten verwegen,
     Wenige gehen den Schritt, wie ihn das Publicum hält.

Minerva.

Trocken bist du und ernst, doch immer die würdige Göttinn,
     Und so leyhest du auch gerne den Nahmen dem Heft.

Journal des Luxus und der Moden.

Du bestrafest die Mode, bestrafest den Luxus, und beyde
     Weißt du zu fördern, du bist ewig des Beyfalls gewiß.

Dieser Musenalmanach.

Nun erwartet denn auch, für seine herzlichen Gaben,
     Liebe Collegen, von euch unser Calender den Dank.

[265]
Der Wolfische Homer.

Sieben Städte zankten sich drum, ihn gebohren zu haben,
     Nun da der Wolf ihn zerriß, nehme sich jede ihr Stück.

M***.

Weil du doch alles beschriebst, so beschreib uns zu gutem Beschlusse
     Auch die Maschine noch, Freund, die dich so fertig bedient.

Herr Leonhard **.

Deinen Nahmen les’ ich auf zwanzig Schriften, und dennoch
     Ist es dein Nahme nur, Freund, den man in allen vermißt.

Pantheon der Deutschen I Band.

Deutschlands größte Männer und kleinste sind hier versammelt,
     Jene gaben den Stoff, diese die Worte des Buchs.

[266]
Borussias.

Sieben Jahre nur währte der Krieg von welchem du singest?
     Sieben Jahrhunderte, Freund, währt mir dein Heldengedicht.

Guter Rath.

Accipe facundi Culicem, studiose, Maronis,
     Ne, nugis positis, arma virumque canas.

Reinecke Fuchs.

Vor Jahrhunderten hätte ein Dichter dieses gesungen?
     Wie ist das möglich? Der Stoff ist ja von gestern und heut.

Menschenhaß und Reue.

Menschenhaß? Nein davon verspürt’ ich beim heutigen Stücke
     Keine Regung, jedoch Reue, die hab ich gefühlt.

[267]
Schinks Faust.

Faust hat sich leider schon oft in Deutschland dem Teufel ergeben,
     Doch so prosaisch noch nie schloß er den schrecklichen Bund.

An Madame B** und ihre Schwestern.

Jetzt noch bist du Sibylle, bald wirst du Parce, doch fürcht ich,
     Hört ihr alle zuletzt gräßlich als Furien auf.

Almansaris und Amanda.

Warum verzeyht mir Amanda den Scherz und Almansaris tobet?
     Jene ist tugendhaft, Freund, diese beweiset, sie seys.

B**.

Wäre Natur und Genie von allen Menschen verehret,
     Sag, was bliebe, Phantast, denn für ein Publikum dir?

[268]
Erholungen. Zweytes Stück.

Daß ihr seht, wie genau wir den Titel des Buches erfüllen,
     Wird zur Erholung hiemit euch die Vernichtung gereicht.

Moderecension.

Preise dem Kinde die Puppen, wofür es begierig die Groschen
     Hinwirft, so bist du fürwahr Krämern und Kindern ein Gott.

Dem Zudringlichen.

Ein vor allemal willst du ein ewiges Leben mir schaffen?
     Mach im zeitlichen doch mir nicht die Weile so lang.

Höchster Zweck der Kunst.

Schade fürs schöne Talent des herrlichen Künstlers! O hätt er
     Aus dem Marmorblock doch ein Crucifix uns gemacht!

[269]
Zum Geburtstag.

Möge dein Lebensfaden sich spinnen, wie in der Prosa
     Dein Periode, bey dem leider die Lachesis schläft.

Unter vier Augen.

Viele rühmen, sie habe Verstand; ich glaubs, für den einen
     Den sie jedesmal liebt, hat sie auch wirklich Verstand.

Charade.

Nichts als dein erstes fehlt dir, so wäre dein zweytes genießbar.
     Aber dein Ganzes, mein Freund, ist ohne Salz und Geschmack.

Frage in den Reichsanzeiger
W. Meister betreffend.

Zu was Ende die welschen Nahmen für deutsche Personen?
     Raubt es nicht allen Genuß an dem vortreflichen Werk?

[270]
Göschen an die deutschen Dichter.

Ist nur erst, Wieland heraus, so kommts an euch übrigen alle,
     Und nach der Location! Habt nur einstweilen Geduld!

Verleger von P** Schriften.

Eine Maschine besitz ich, die selber denkt, was sie drucket,
     Obengenanntes Werk zeig ich zur Probe hier vor.

Josephs II. Dictum, an die Buchhändler.

Einem Käsehandel verglich er eure Geschäfte?
     Warlich der Kaiser, man siehts, war auf dem Leipziger Markt.

Preisfrage der Academie nützl. Wissenschaften.

Wie auf dem Ü. fortan der theure Schnörkel zu sparen?
     Auf die Antwort sind dreißig Dukaten gesetzt.

[271]

G. G.

Jeder, siehst du ihn einzeln, ist leidlich klug und verständig,
     Sind sie in Corpore, gleich wird dir ein Dummkopf daraus.

Hörsäle auf gewissen Universitäten.

Prinzen und Grafen sind hier von den übrigen Hörern gesondert,
     Wohl! Denn trennte der Stand nirgends, er trennte doch hier!

Der Virtuose.

Eine hohe Noblesse bedien ich heut mit der Flöte,
     Die, wie ganz Wien mir bezeugt, völlig wie Geige sich hört.

Sachen so gesucht werden.

Einen Bedienten wünscht man zu haben, der leserlich schreibet
     Und orthographisch, jedoch nichts in Bell-Letters gethan.

[272]

Französische Lustspiele von Dyk.

Wir versichern auf Ehre, daß wir einst witzig gewesen,
     Sind wir auch hier, wir gestehns, herzlich geschmacklos und fad.

Buchhändler Anzeige.

Nichts ist der Menschheit so wichtig, als ihre Bestimmung zu kennen;
     Um zwölf Groschen courant wird sie bey mir jetzt verkauft.

Auction.

Da die Metaphysik vor kurzem unbeerbt abgieng,
     Werden die Dinge an sich morgen sub hasta verkauft.

Gottesurtheil.
(Zwischen einem Göttinger und Berliner).

Oefnet die Schranken! Bringet zwey Särge! Trompeter geblasen!
     Almanachsritter heraus gegen den Ritter vom Sporn!

[273]
Sachen so gestohlen worden.
(Immanuel Kant spricht).

Zwanzig Begriffe wurden mir neulich diebisch entwendet,
     Leicht sind sie kenntlich, es steht sauber mein I. K. darauf.

Antwort auf obigen Avis.

Wenn nicht alles mich trügt, so hab ich besagte Begriffe
     In Herrn Jakobs zu Hall Schriften vor kurzem gesehn.

Schauspielerin.

Furiose Geliebten sind meine Forcen im Schauspiel,
     Und in der Comédie glänz ich als Brandteweinfrau.

Professor Historiarum.

Breiter wird immer die Welt und immer mehr neues geschiehet,
     Ach! die Geschichte wird stets länger und kürzer das Brod!

[274]
Recension.

Sehet wie artig der Frosch nicht hüpft! Doch find ich die hintern
     Füsse um vieles zu lang, so wie die vordern zu kurz.

Litterarischer Adreßcalender.

Jeder treibe sein Handwerk, doch immer steh es geschrieben:
     Dieß ist das Handwerk, und der treibet das Handwerk geschickt.

Neuste Kritikproben.

Nicht viel fehlt dir, ein Meister nach meinen Begriffen zu heissen,
     Nehm ich das einzige aus, daß du verrückt phantasierst.

Eine zweyte.

Lieblich und zart sind deine Gefühle, gebildet dein Ausdruck,
     Eins nur tadl’ ich, du bist frostig von Herzen und matt.

[275]
Eine dritte.

Du nur bist mir der würdige Dichter! es kommt dir auf eine
     Platitüde nicht an, nur um natürlich zu seyn.

Schillers Würde der Frauen.

Vorn herein ließt sich das Lied nicht zum besten, ich les’ es von hinten,
     Strophe für Strophe, und so nimmt es ganz artig sich aus.

Pegasus, von eben demselben.

Meine zarte Natur schockiert das grelle Gemählde,
     Aber, von Langbein gemahlt, mag ich den Teufel recht gern.

Das ungleiche Verhältniß.

Unsre Poeten sind seicht, doch das Unglück ließ sich vertuschen,
     Hätten die Critiker nicht ach! so entsetzlich viel Geist.

[276]
Neugier.

Etwas wünscht’ ich zu sehn, ich wünschte einmal von den Freunden
     Die das Schwache so schnell finden, das Gute zu sehn!

Jeremiaden aus dem Reichs-Anzeiger.

Alles in Deutschland hat sich in Prosa und Versen verschlimmert,
     Ach und hinter uns liegt weit schon die goldene Zeit.

Böse Zeiten.

Philosophen verderben die Sprache, Poeten die Logik,
     Und mit dem Menschenverstand kommt man durchs Leben nicht mehr.

Scandal.

Aus der Aesthetik, wohin sie gehört, verjagt man die Tugend,
     Jagt sie, den lästigen Gast, in die Politik hinein.

[277]
Das Publicum im Gedränge.

Wohin wenden wir uns? Sind wir natürlich, so sind wir
     Platt, und genieren wir uns, nennt man es abgeschmackt gar.

Das goldne Alter.

Schöne Naivetät der Stubenmädchen zu Leipzig,
     Komm doch wieder, o komm, witzige Einfalt zurück!

Comödie.

Komm Comödie wieder, du ehrbare Wochenvisite,
     Siegmund du süßer Amant, Maskarill spaßhafter Knecht.

Alte deutsche Tragödie.

Trauerspiele voll Salz, voll epigrammatischer Nadeln,
     Und du Menuettschritt unsers geborgten Cothurns.

[278]
Roman.

Philosophscher Roman, du Gliedermann, der so geduldig
     Still hält, wenn die Natur gegen den Schneider sich wehrt.

Deutliche Prosa.

Alte Prosa komm wieder, die alles so ehrlich heraussagt,
     Was sie denkt und gedacht, auch was der Leser sich denkt.

Chorus.

Alles in Deutschland hat sich in Prosa und Versen verschlimmert,
     Ach! und hinter uns liegt weit schon die goldene Zeit!

Gelehrte Zeitungen.

Wie die Nummern des Lotto, so zieht man hier die Autoren,
     Wie sie kommen, nur daß niemand dabey was gewinnt.

[279]
Die zwey Fieber.

Kaum hat das kalte Fieber der Gallomanie uns verlassen,
     Bricht in der Gräcomanie gar noch ein hitziges aus.

Griechheit.

Griechheit was war sie? Verstand und Maaß und Klarheit! drum dächt’ ich,
     Etwas Geduld noch ihr Herrn, eh ihr von Griechheit uns sprecht.

Warnung.

Eine würdige Sache verfechtet ihr, nur mit Verstande
     Bitt’ ich! daß sie zum Spott und zum Gelächter nicht wird!

Uebertreibung und Einseitigkeit.

Daß der Deutsche doch alles zu einem Aeussersten treibet,
     Für Natur und Vernunft selbst, für die nüchterne schwärmt!

[280]
Neueste Behauptung.

Völlig charakterlos ist die Poesie der Modernen,
     Denn sie verstehen bloß charakteristisch zu seyn.

Griechische und moderne Tragödie.

Unsre Tragödie spricht zum Verstand, drum zerreißt sie das Herz so,
     Jene setzt in Affekt, darum beruhigt sie so!

Entgegengesetzte Wirkung.

Wir modernen, wir gehn erschüttert, gerührt aus dem Schauspiel,
     Mit erleichterter Brust hüpfte der Grieche heraus.

Die höchste Harmonie.

Oedipus reißt die Augen sich aus, Jokasta erhenkt sich,
     Beide schuldlos; das Stück hat sich harmonisch gelößt.

[281]

Aufgelößtes Räthsel.

Endlich ist es heraus, warum uns Hamlet so anzieht,
     Weil er, merket das wohl, ganz zur Verzweiflung uns bringt.

Gefährliche Nachfolge.

Freunde, bedenket euch wohl, die tiefere kühnere Wahrheit
     Laut zu sagen, sogleich stellt man sie euch auf den Kopf.

Geschwindschreiber.

Was sie gestern gelernt, das wollen sie heute schon lehren,
     Ach! was haben die Herrn doch für ein kurzes Gedärm!

Die Sonntagskinder.

Jahre lang bildet der Meister und kann sich nimmer genug thun,
     Dem genialen Geschlecht wird es im Traume bescheert!

[282]

Xenien.

Muse, wo führst du uns hin? Was, gar zu den Manen hinunter?
     Hast du vergessen, daß wir nur Monodistichen sind?

Muse.

Desto besser! Geflügelt wie ihr, dünnleibig und luftig,
     Seele mehr als Gebein, wischt ihr als Schatten hindurch.

Acheronta movebo.

Hölle, jetzt nimm dich in Acht, es kommt ein Reisebeschreiber,
     Und die Publicität deckt auch den Acheron auf.

Sterilemque tibi Proserpina vaccam.

Hekate! Keusche! dir schlacht ich die Kunst zu lieben von Manso,
     Jungfer noch ist sie, sie hat nie was von Liebe gewußt.

[283]
Elpänor.

Muß ich dich hier schon treffen Elpänor? Du bist mir gewaltig
     Vorgelaufen! und wie? Gar mit gebrochnem Genick?

Unglückliche Eilfertigkeit.

Ach, wie sie Freyheit schrien und Gleichheit, geschwind wollt ich folgen,
     Und weil die Trepp’ mir zu lang däuchte, so sprang ich vom Dach.

Achilles.

Vormals im Leben ehrten wir dich, wie einen der Götter,
     Nun du todt bist, so herrscht über die Geister dein Geist.

Trost.

Laß dich den Tod nicht reuen Achill. Es lebet dein Nahme
     In der Bibliothek schöner Scientien hoch.

[284]
Seine Antwort.

Lieber möcht’ ich fürwahr dem Aermsten als Ackerknecht dienen,
     Als des Gänsegeschlechts Führer seyn, wie du erzählst.

Frage.

Du verkündige mir von meinen jungen Nepoten,
     Ob in der Litteratur beyde noch walten und wie?

Antwort.

Freylich walten sie noch und bedrängen hart die Trojaner,
     Schießen manchmal auch wohl blind in das Blaue hinein.

Frage.

Melde mir auch, ob du Kunde vom alten Peleus vernahmest,
     Ob er noch weit geehrt in den Kalendern sich ließt?

[285]
Antwort.

Ach! ihm mangelt leider die spannende Kraft und die Schnelle,
     Die einst des G*** herrliche Saiten belebt.

Ajax.

Ajax, Telamons Sohn! So mußtest du selbst nach dem Tode
     Noch forttragen den Groll wegen der Recension?

Tantalus.

Jahre lang steh ich so hier, zur Hippokrene gebücket,
     Lechzend vor Durst, doch der Quell, will ich ihn kosten, zerrinnt.

Phlegyasque miserrimus omnes admonet.

O ich Thor! Ich rasender Thor! Und rasend ein jeder
     Der, auf des Weibes Rath horchend, den Freyheitsbaum pflanzt!

[286]
Die dreyfarbige Kokarde.

Wer ist der Wüthende da, der durch die Hölle so brüllet,
     Und mit grimmiger Faust sich die Kokarde zerzaußt?

Agamemnon.

Bürger Odysseus! Wohl dir! Bescheiden ist deine Gemahlin,
     Strickt dir die Strümpfe, und steckt keine drey Farben dir an!

Porphyrogeneta, den Kopf unter dem Arme.

Köpfe schaffet euch an, ihr Liebden! Thut es bey Zeiten!
     Wer nicht hat, er verliert, auch was er hat, noch dazu!

Sisyphus.

Auch noch hier nicht zur Ruh, du unglückselger! Noch immer
     Rollst du Bergauf wie einst, da du regiertest, den Stein!

[287]
Sulzer.

Hüben über den Urnen! Wie anders ists als wir dachten!
     Mein aufrichtiges Herz hat mir Vergebung erlangt.

Haller.

Ach! Wie schrumpfen allhier die dicken Bände zusammen,
     Einige werden belohnt, aber die meisten verziehn.

Moses Mendelsohn.

Ja! Du siehst mich unsterblich! „Das hast du uns ja in dem Phädon
     Längst bewiesen“. – Mein Freund, freue dich, daß du es siehst!

Der junge Werther.

„Worauf lauerst du hier?“ – Ich erwarte den dummen Gesellen,
     Der sich so abgeschmackt über mein Leiden gefreut.

[288]
L***.

„Edler Schatten, du zürnst?“ – Ja über den lieblosen Bruder,
     Der mein modernd Gebein lässet im Frieden nicht ruhn.

Dioscuren.

Einen wenigstens hofft’ ich von euch hier unten zu finden,
     Aber beyde seyd ihr sterblich, drum lebt ihr zugleich.

Unvermuthete Zusammenkunft.

Sage Freund, wie find ich denn dich in des Todes Behausung,
     Ließ ich doch frisch und gesund dich in Berlin noch zurück?

Der Leichnam.

Ach, das ist nur mein Leib, der in Almanachen noch umgeht,
     Aber es schiffte schon längst über den Lethe der Geist.

[289]

Peregrinus Proteus.

Siehest du Wieland, so sag ihm: ich lasse mich schönstens bedanken.
     Aber er that mir zuviel Ehr’ an, ich war doch ein Lump.

Lucian von Samosata.

„Nun Freund, bist du versöhnt mit den Philosophen? Du hast sie
     Oben im Leben, das weiß Jupiter! tüchtig geneckt“.

Geständniß.

Rede leiser mein Freund. Zwar hab ich die Narren gezüchtigt,
     Aber mit vielem Geschwätz oft auch die Klugen geplagt.

Alcibiades.

Kommst du aus Deutschland? Sieh mich doch an, ob ich wirklich ein solcher
     Hasenfuß bin, als bey euch man in Gemählden mich zeigt?

[290]
Martial.

Xenien nennet ihr euch? Ihr gebt euch für Küchenpräsente?
     Ist man denn, mit Vergunst, spanischen Pfeffer bey euch?

Xenien.

Nicht doch! Aber es schwächten die vielen wäßrigten Speisen
     So den Magen, daß jetzt Pfeffer und Wermuth nur hilft.

Rapsoden.

Wer von euch ist der Sänger der Ilias? Weils ihm so gut schmeckt,
     Ist hier von Heynen ein Pack Göttinger Würste für ihn.

Viele Stimmen.

Mir her, ich sang der Könige Zwist! Ich die Schlacht bey den Schiffen!
     Mir die Würste! ich sang, was auf dem Ida geschah!

[291]
Rechnungsfehler.

Friede! Zerreißt mich nur nicht! die Würste werden nicht reichen,
     Der sie schickte, er hat sich nur auf Einen versehn.

Einer aus dem Chor.
(fängt an zu recitiren).

„Warlich, nichts lustigers weiß ich, als wenn die Tische recht voll sind,
     Von Gebacknem und Fleisch, und wenn der Schenke nicht säumt –

Vorschlag zur Güte.

Theilt euch wie Brüder! Es sind der Würste gerade zwey Dutzend,
     Und wer Astyanax sang, nehme noch diese von mir.

Philosophen.

Gut, daß ich euch, ihr Herren, in pleno beysammen hier finde,
     Denn das Eine, was noth, treibt mich herunter zu euch.

[292]
Aristoteles.

Gleich zur Sache, mein Freund, Wir halten die Jenaer Zeitung
     Hier in der Hölle und sind längst schon von allem belehrt.

Dringend.

Desto besser! So gebt mir, ich geh euch nicht eher vom Leibe,
     Einen allgültigen Satz, und der auch allgemein gilt.

Einer aus dem Haufen.

Cogito ergo sum. Ich denke und mithin, so bin ich,
     Ist das Eine nur wahr, ist es das andre gewiß.

Ich.

Denk ich, so bin ich! Wohl! Doch wer wird immer auch denken?
     Oft schon war ich, und hab wirklich an gar nichts gedacht!

[293]
Ein zweyter.

Weil es Dinge doch giebt, so giebt es ein Ding aller Dinge,
     In dem Ding aller Ding schwimmen wir, wie wir so sind.

Ein dritter.

Just das Gegentheil sprech ich. Es giebt kein Ding als mich selber!
     Alles andre, in mir steigt es als Blase nur auf.

Ein Vierter.

Zweyerley Dinge laß ich passieren, die Welt und die Seele,
     Keins weiß vom andern und doch deuten sie beyde auf Eins.

Ein Fünfter.

Von dem Ding weiß ich nichts, und weiß auch nichts von der Seele,
     Beyde erscheinen mir nur, aber sie sind doch kein Schein.

[294]
Ein Sechster.

Ich bin ich, und setze mich selbst, und setz ich mich selber
     Als nicht gesetzt, nun gut! setz ich ein Nicht Ich dazu.

Ein Siebenter.

Vorstellung wenigstens ist; ein Vorgestelltes ist also,
     Ein Vorstellendes auch, macht, mit der Vorstellung, drey!

Ich.

Damit lock ich, ihr Herrn, noch keinen Hund aus dem Ofen,
     Einen erkleklichen Satz will ich, und der auch was setzt.

Ein Achter.

Auf theoretischem Feld ist weiter nichts mehr zu finden,
     Aber der praktische Satz gilt doch: Du kannst, denn du sollst!

[295]
Ich.

Dacht’ ichs doch! Wissen sie nichts vernünftiges mehr zu erwiedern,
     Schieben sies einem geschwind in das Gewissen hinein.

David Hume.

Rede nicht mit dem Volk, der Kant hat sie alle verwirret,
     Mich frag, ich bin mir selbst auch in der Hölle noch gleich.

Rechtsfrage.

Jahre lang schon bedien ich mich meiner Nase zum Riechen,
     Hab ich denn wirklich an sie auch ein erweisliches Recht?

Puffendorf.

Ein bedenklicher Fall! doch die Erste Possession scheint
     Für dich zu sprechen, und so brauche sie immerhin fort.

[296]
Gewissensscrupel.

Gerne dien ich den Freunden, doch thu ich es leider mit Neigung,
     Und so wurmt es mir oft, daß ich nicht tugendhaft bin.

Decisum.

Da ist kein anderer Rath, du mußt suchen, sie zu verachten,
     Und mit Abscheu alsdann thun, wie die Pflicht dir gebeut.

Hercules.

Endlich erblickt’ ich auch den gewaltigen Herkules! Seine
     Uebersetzung! Er selbst leider war nicht mehr zu sehn.

Heracliden.

Rings um schrie, wie Vögelgeschrey, das Geschrey der Tragöden
     Und das Hundegebell der Dramaturgen um ihn.

[297]
„Pure Manier“.

Schauerlich staud das Ungethüm da. Gespannt war der Bogen,
     Und der Pfeil auf der Senn’ traf noch beständig das Herz.

Er.

Welche noch kühnere That, Unglücklicher, wagest du jetzo,
     Zu den Verstorbenen selbst niederzusteigen, ins Grab!

Ich.

Wegen Tiresias mußt ich herab, den Seher zu fragen,
     Wo ich den guten Geschmack fände, der nicht mehr zu sehn.

Er.

Glauben sie nicht der Natur und den alten Griechen, so hohlst du
     Eine Dramaturgie ihnen vergeblich herauf.

[298]
Ich.

O die Natur, die zeigt auf unsern Bühnen sich wieder,
     Splitternackend, daß man jegliche Rippe ihr zählt.

Er.

Wie? So ist wirklich bey euch der alte Kothurnus zu sehen,
     Den zu hohlen ich selbst stieg in des Tartarus Nacht?

Ich.

Nichts mehr von diesem tragischen Spuk. Kaum einmal im Jahre
     Geht dein geharnischter Geist über die Bretter hinweg.

Er.

Auch gut! Philosophie hat eure Gefühle geläutert,
     Und vor dem heitern Humor fliehet der schwarze Affekt.

[299]
Ich.

Ja, ein derber und trockener Spaß, nichts geht uns darüber,
     Aber der Jammer auch, wenn er nur naß ist, gefällt.

Er.

Also sieht man bey euch den leichten Tanz der Thalia
     Neben dem ernsten Gang, welchen Melpomene geht?

Ich.

Keines von beyden! Uns kann nur das christlichmoralische rühren,
     Und was recht populär, häuslich und bürgerlich ist.

Er.

Was? Es dürfte kein Cesar auf euren Bühnen sich zeigen,
     Kein Anton, kein Orest, keine Andromacha mehr?

[300]

Ich.

Nichts! Man siehet bey uns nur Pfarrer, Kommerzienräthe,
     Fähndriche, Sekretairs oder Husarenmajors.

Er.

Aber ich bitte dich Freund, was kann denn dieser Misère
     Großes begegnen, was kann großes denn durch sie geschehn?

Ich.

Was? Sie machen Kabale, sie leyhen auf Pfänder, sie stecken
     Silberne Löffel ein, wagen den Pranger und mehr.

Er.

Woher nehmt ihr denn aber das große gigantische Schicksal,
     Welches den Menschen erhebt, wenn es den Menschen zermalmt?

[301]
Ich.

Das sind Grillen! Uns selbst und unsre guten Bekannten,
     Unsern Jammer und Noth suchen und finden wir hier.

Er.

Aber das habt ihr ja alles bequemer und besser zu Hause,
     Warum entfliehet ihr euch, wenn ihr euch selber nur sucht?

Ich.

Nimms nicht übel mein Heros. Das ist ein verschiedener Casus,
     Das Geschick, das ist blind, und der Poet ist gerecht.

Er.

Also eure Natur, die erbärmliche, trift man auf euren
     Bühnen, die große nur nicht, nicht die unendliche an?

[302]
Er.

Der Poet ist der Wirth und der letzte Actus, die Zeche,
     Wenn sich das Laster erbricht, setzt sich die Tugend zu Tisch.

Muse zu den Xenien.

Aber jetzt rath ich euch, geht, sonst kommt noch gar der Gorgona
     Fratze oder ein Band Oden von Haschka hervor.

An die Freyer.

Alles war nur ein Spiel! Ihr Freyer lebt ja noch alle,
     Hier ist der Bogen und hier ist zu den Ringen der Platz.


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Anmerkungen (Wikisource)

  1. Falsche Seitenzahl der Vorlage (223) ausgebessert.
  2. Falsche Seitenzahl der Vorlage (203) ausgebessert.