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ihr Mann, ein Magistratsbeamter, war vor drei Jahren gestorben; und nun, verwitwet und kinderlos, wohnte sie in einer nahen Seitengasse, bei einer besseren Handwerkerfamilie. Im vergangenen Sommer hatte sie sich zum erstenmal nach ihres Mannes Tod drei Wochen Urlaub gegönnt, die sie in einer kleinen, wohlfeilen Sommerfrische nahe von Wien verbrachte. „Dort habe ich mich auch wieder verlobt“, setzte sie hinzu. „Es ist aber nichts draus geworden. Besser so“, schloß sie achselzuckend, als sei sie kein besseres Schicksal gewohnt und nie eines besseren wert gewesen als des ihr beschiedenen. –

Ein offener Einspänner trottete vorbei, der Kutscher schwang grüßend die Peitsche. Robert lud seine Begleiterin zu einer kleinen Spazierfahrt ein, sie stiegen ein, fuhren durch die Vorstadt weiter und dann unter dem Bahnviadukt hinaus auf die Laxenburger Straße, mit dem Blick auf die im Abend verdämmernde Hügelkette. Allmählich rückten sie näher aneinander. Als auf dem nahen Geleise ein Eisenbahnzug an ihnen vorbeisauste, nahm Robert Anlaß, von seiner eben verflossenen Reise zu erzählen, später brachte er das Gespräch auf die Musik, worauf sie ohne tieferes Interesse einging, da sie in ihrer Eigenschaft als Klavierlehrerin eben nur von den zufälligen Kenntnissen Gebrauch machte, die sie sich

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Arthur Schnitzler: Flucht in die Finsternis. Berlin: S. Fischer, 1931, Seite 052. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Arthur_Schnitzler_%E2%80%93_Flucht_in_die_Finsternis_%E2%80%93_052.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)