Seite:Dante Prosa 022.gif

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es geschehen kann, durch Einen, als daß es durch Mehrere geschehe; sondern, daß es durch Einen geschehe, ist gut, durch Mehrere ist übel an sich. Das Erstere wird besser genannt, weil es dem Besten näher steht und das bestimmte Ziel berücksichtigt. Aber daß es durch Einen geschieht, steht dem Ziel näher nnd<!sic--> ist demnach besser. Und daß es ihm näher steht, erhellt hieraus: die Aufgabe sei, c werde erreicht durch das eine a oder durch das Mehrere a und b; so ist deutlich, daß der Weg von a durch b nach c weiter sei, als blos von a nach c. Aber das menschliche Geschlecht kann von Einem Oberherrscher regirt werden, und das ist der Monarch, wobei freilich zu bemerken ist, daß der Ausdruck, das menschliche Geschlecht kann nur durch Einen obersten Herrscher regirt werden, nicht zu verstehen sei, als ob die kleinsten Rechtshändel eines jeden Städtchens von ihm allein unmittelbar entschieden werden könnten, wiewol auch die städtischen Gesetze bisweilen nicht zureichen und der Leitung bedürfen, wie der Philosoph sagt, wenn er im fünften Buch an den Nikomachus έπιείκειαν empfiehlt. Denn Völkerschaften, Reiche und Bürgerschaften haben Eigenthümlichkeiten, die nicht durch gleiche Gesetze geregelt werden müssen. Denn das Gesetz ist die leitende Regel des Lebens. Anders müssen allerdings die Scythen geregelt werden, die jenseit des siebenten Himmelsstrichs leben, einer großen Ungleichheit der Tage und Nächte unterworfen sind und von einem unerträglichen Frost heimgesucht werden. Anders auch die Garamanten, die unter der Tag- und Nachtgleiche wohnen, stets ein der nächtlichen Finsterniß gleiches Tageslicht haben und wegen der übermäßig erhitzten Luft nackt gehen. Sondern der Sinn ist dieser, daß das menschliche Geschlecht dem Allen gemeinschaftlich Zukommenden gemäß von ihm regirt, und durch eine gemeinschaftliche Regel friedlich geleitet werde. Dieses Leitmaß oder Gesetz müssen die besonderen Herrscher von ihm empfangen, sowie etwa der handelnde Verstand zum wirkungsfähigen Schlusse

Empfohlene Zitierweise:
Dante Alighieri: Dante Alighieri’s prosaische Schriften II. F. A. Brockhaus, Leipzig 1845, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_Prosa_022.gif&oldid=- (Version vom 29.3.2024)