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Seite:Die Gartenlaube (1883) 087.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883)

Tausende von Centnern schwer, die wohl in der frühesten Eisperiode hierher gelangt sein mögen. Auf den rothfarbigen Felsplatten, die in weitem Umkreise hier aus dem Boden zu Tage treten, befindet sich eine große Zahl in den Stein gegrabener Toteme und Symbole, die Namenszeichen der indianischen Besucher, also indianische Visitenkarten, Catlin versichert, daß die Zahl dieser Darstellungen an die Tausende gewesen sei, ich konnte indessen nur etwa vierzig bis fünfzig entdecken und lege die bemerkenswerthesten in beigegebenen Nachbildungen vor,

Haben wir so unsere Wanderung im heiligen Pfeifensteinbruch beendet, so bleibt uns noch übrig, auf die mannigfachen Ueberlieferungen und Mythen zurückzublicken, mit welchen der rothe Sohn der Wildniß diese Stätte umgeben hat.

Fast jeder Stamm hat seine eigenen Traditionen über die Theorie der Schöpfung, eine große Zahl derselben aber kommt darin überein, daß der Große Geist die ersten rothen Menschen direct aus dem rothen Pfeifensteine erschaffen habe. Eine Sage der Dacotahs lautet:

„Lange Zeit vor der Erschaffung der Menschen pflegte Wakantanka, der Große Geist,[1] dessen Fußspuren aus dem Felsen des Tchanopa-o-kä in Gestalt großer Vogeltritte noch zu sehen sind, die von ihm getödteten Büffel auf dem Gipfel der rothen Klippen zu verzehren. Das Blut rann über die Felsen und färbte sie roth. Eines Tages kroch eine große Schlange in das Nest des Kriegsadlers, um die Eier desselben zu verzehren. Eines der Eier öffnete sich unter dem Bisse der Schlange mit einem heftigen Donnerschlage, und der Große Geist, herbeikommend, zermalmte die Schlange mit einem Stein und verwandelte das Ei in einen Mann, dessen Füße gleich einem Baume in dem Grunde wurzelten. Dieser Mann stand so viele Jahre, und er ward älter als hundert Menschen der gegenwärtigen Tage. Zuletzt sproß ein Weib ihm zur Seite und ein großes Thier nagte Beider Wurzeln ab, und sie wanderten fort und bevölkerten die Erde.“

Eine andere Tradition erzählt: „In der Zeit der Großen Fluth, welche vor vielen, vielen Jahrhunderten stattfand und alle Nationen der Erde zerstörte, versammelten sich alle Stämme der rothen Menschen auf den Höhen der Prairie, um den Fluthen zu entgehen. Die Wasser aber wuchsen und wuchsen und verschlangen mit der Zeit auch Alle, die sich hierher geflüchtet. Ihr Fleisch wurde zum rothen Pfeifenstein. Nur eine Jungfrau, Kwap-tahw, ergriff während des Sinkens die Füße eines vorüberfliegenden großen Adlers, welcher sie auf den Gipfel einer hohen Klippe trug. Hier gebar sie Zwillinge; der Vater derselben war der Kriegsadler, und diese Kinder bevölkerten die Erde. Aus dem heiligen Pfeifensteine rauchen darum alle indianischen Nationen, diese Handlung als Symbol des Friedens deutend; denn er ist das Fleisch ihrer Vorfahren, und die Adlerfedern schmücken darum auch die Häupter ihrer Krieger. Der Steinbruch aber ist neutraler Grund: er gehört allen Stämmen, und Allen ist es erlaubt, ihn zu besuchen und aus ihm ihre Pfeifen zu brechen.“

Die dritte bemerkenswerthe Ueberlieferung ist endlich die, welche Longfellow in seinen „Hiawatha“ so meisterlich verwebt und welche wir zu Anfang unserer Schilderung bruchstückweise abgeführt haben. Die ursprüngliche Sage lautet:

„In alter Zeit rief der Große Geist hier all die indianischen Stämme zusammen. Auf dem Vorsprung eines Felsen stehend, brach er von der Wand ein Stück und formte es zum Pfeifenköpfe, aus welchem er über ihnen rauchte nach Norden, Süden, Osten und Westen. Er sprach zu den Versammelten, der Stein sei roth, weil er ihr Fleisch sei, darum sollten sie ihn gebrauchen zu ihren Friedenspfeifen. Er gehöre ihnen Allen: Scalpirmesser und Kriegsbeil dürften niemals erhoben werden auf diesem heiligen Grund, andernfalls würden diejenigen, welche hier den heiligen Frieden stören, untergehen. Bei dem letzten Zuge aus seiner Pfeife verschwand der Große Geist in einer Wolke, und die ganze Oberfläche der Felsen war geschmolzen und verglast auf viele Meilen hinaus. Zwei mächtige Feuerschlünde öffneten sich und zwei Frauen, Tso-mec-costee und Tso-mec-coste-wondee, die heiligen Wächterinnen des Platzes, traten in dieselben hinein, umstrahlt vom Lichtschein des Feuers. Und diese Wächterinnen werden noch heute gehört, da sie die Anrufungen der hohen Priester und Medicinmänner beantworten.“

Sämmtliche anderen Mythen und Nachrichten kommen darin überein, daß der Pfeifensteinbruch dereinst neutraler Grund gewesen sei, der allen Stämmen gemeinschaftlich zu eigen war. Von allen Nationen kamen daher die Krieger alljährlich, um Material für ihre Pfeifen zu brechen, während es keinem Weißen erlaubt war, weder den Bruch zu besuchen, noch gar ein Stückchen des Steines hinwegzunehmen. Geschähe das Letztere – so war der Glaube der Indianer – dann würde eine nie zu schließende Wunde in ihr Fleisch geschlagen werden, und alle Stämme müßten verderben und verbluten.

Heutzutage ist der Pfeifensteinbruch kein neutraler Grund mehr, und allem Anschein nach haben im Laufe der letzten beiden Jahrhunderte fürchterliche Kämpfe um den Besitz desselben stattgefunden, Catlin erzählt, daß die Mandanen daselbst vor langen Jahren ihren Wohnsitz gehabt; noch später scheinen die Omahaws sich zu Eigenthümern des Landes gemacht zu haben, welchen der Bruch wiederum von den Sissetons entrissen wurde. Aus der Zeit jener Kämpfe stammt wohl noch der kreisrunde, mit einer Ausladung versehene, über 2000 Fuß im Umfange haltende Erdwall, dessen jetzt fast gänzlich verwaschene Spuren noch östlich auf dem Plateau sichtbar sind. In unseren Tagen verkauften die Sissetons den Bruch mit einer Menge anderen Landes an die amerikanische Regierung, gegen welchen Act die Yanktonans aber Protest einlegten, da, wie sie behaupteten, der Pfeifensteinbruch nicht den Sissetons allein, sondern der ganzen Nation gehöre, erstere also keine Rechte hätten, den Bruch zu verkaufen. Die zur Ordnung dieser Angelegenheit im Jahre 1858 nach Washington gesandte Delegation der Yanktonans unter Führung ihres Häuptlings Padani-a-Papi erreichte es denn auch, daß der Bruch den Indianern zurückgegeben und die Yanktonans als Eigenthümer rechtmäßig anerkannt wurden. Die Reservation, welche diesen hier eingeräumt ist und den ganzen heiligen Grund umschließt, hält 640 Acres, eine Quadratmeile, und alljährlich erscheinen die rothen Söhne der Wildniß an dieser Stelle, um Steine zu brechen, die sie als hochbezahlte Tauschobjecte auch ferner entlegenen Stämmen mittheilen.

Wenn der Steinbruch auch aufgehört hat, neutraler Grund zu sein, so dauert der Brauch der Friedenspfeife doch noch fort: tritt ein Fremdling in das Wigwam eines Indianers und raucht dieser die Pfeife mit ihm, so ist der Fremde sein Gast, während die prächtig geschmückte Friedenspfeife, vor dem Beginn einer feierlichen Berathung oder eines Friedensschlusses von Mund zu Mund gehend, die freundschaftlichen Gesinnungen der Anwesenden gegen einander besiegelt.




Blätter und Blüthen.

Wie kamen die Bonapartes auf den Thron? Am Morgen des 16. Januar dieses Jahres wurde durch Maueranschläge und die Zeitung „Figaro“ ganz Paris und ein großer Theil von Frankreich mit einem „Manifest“ überrascht, in welchem der als „Plon-Plon“ bekannte Prinz Napoleon den Staat als der Zerrüttung entgegengehend schildert und auf sein erbliches Anrecht hinweist, sich der Nation als Retter desselben anzubieten. Dieser Anlauf zu einem dritten Napoleonischen Kaiserthume veranlaßt uns zur Aufstellung und Beantwortung der Frage, welche die Ueberschrift dieses Artikels bildet.

Am 20. Juni 1792 rotteten Pariser Pöbelmassen sich vor den Tuilerien zusammen, um in der Demüthigung des Königthums einen gewaltsamen Schritt weiter zu gehen. Als Zuschauer folgte der tobenden Menge mit einigen Kameraden ein französischer Oberlieutenant. Im Garten der Tuilerien nahm er einen Stuhl, und unter dem Schatten eines Baumes sah er finsteren Blicks, wie Haufen um Haufen sich zum Schlosse heranwälzten und endlich in dasselbe einbrachen. Da erschien auf dem Altan, dem Geschrei des „Volkes“ nachgebend, der König, und in demselben Augenblicke setzte eine rohe Faust ihm eine blutrothe Jacobinermütze auf das Haupt. Dieser Anblick riß den Officier blitzschnell empor; wüthend zerschmetterte er seinen Stuhl und rief:

„Wie konnte man diese Canaillen hereinlassen! Fegte man ihrer vier- bis fünfhundert mit Kartätschen hinaus, die anderen liefen nach. Ein Königshaupt, das sich so gebeugt, kann sich nie wieder erheben.“

Drei Jahre später, am 4. October 1795, saß in der Nachtsitzung des Convents auf einer Tribüne mitten zwischen lärmendem Volke ein bleicher, abgezehrter, schlecht gekleideter und schlecht gepuderter junger Mensch, ein abgesetzter Brigadegeneral. Plötzlich hört er seinen Namen nennen. Er ist zum Führer der Truppen im Innern von Paris im Kampfe gegen die drohende aristokratische Gegenrevolution ausersehen – und schon am Abend des nächsten Tages hatte er seinen „13. Vendemiaire“, den Sieg des Convents, vollendet, wurde im Conventssaale als „Retter der Versammlung, der Republik und des Vaterlands“ begrüßt und zum



Hierzu eine Beilage „Zwanglose Blätter“ Nr. 3.

  1. Derselbe ist hier in Gestalt des Kriegsadlers gedacht.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1883). Leipzig: Ernst Keil, 1883, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1883)_087.jpg&oldid=- (Version vom 17.12.2023)