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verschiedene: Die Gartenlaube (1896)

Vorführung der Torfgewinnung und der Produkte der Moorkultur. Der letzte Teil des dem Publikum zugänglichen Raumes enthält große Modelle des Bremer Freihafens, der Weserkorrektion, eine Darstellung des Weserlaufs von Bremen bis Bremerhaven u. dergl. In den übrigen Räumlichkeiten dieses Stockwerkes liegen die Arbeitszimmer des Direktors und der Museumsbeamten, sowie die Räume des Naturwissenschaftlichen Vereins und der Geographischen Gesellschaft. –

Wir haben unseren Rundgang beendet und sind aufs höchste befriedigt von der Fülle und Schönheit des Gesehenen. Ueberall zeigt sich das Bestreben, die einzelnen Gegenstände nicht in langweiliger rein systematischer Aufstellung vorzuführen, wie dies sonst vielfach in Museen zu geschehen pflegt, sondern in möglichst naturgetreuer Weise ein Lebensbild, sei es der Pflanzen, Tiere oder Völker, zu bieten. In äußerst geschickter Weise ist dies bei allen Abteilungen des Museums gelungen, indem Plastik und Malerei sich in den Dienst der Wissenschaft gestellt haben. Möge das neue Städtische Museum für Natur-, Völker- und Handelskunde in Bremen jederzeit seiner hohen Aufgabe gerecht werden und eine Quelle der Belehrung und Bildung für jedermann sein, dann wird es unter den Bildungsanstalten Bremens stets eine der ersten Stellen einnehmen!


Ein Nationaltag für deutsche Kampfspiele!

Von H. Raydt.
Motto: Der Beginn ist die Hälfte des Ganzen.     

Ich weiß es noch wie heute und doch ist es über dreißig Jahre her. Der Geschichtslehrer meines kleinen Heimatgymnasiums schilderte uns mit begeisterten Worten das Leben und Treiben jener großartigen Wettkämpfe, welche einst im Thale von Olympia an den Ufern des Alpheios und Kladeos im alten Griechenland in vierjähriger Wiederkehr veranstaltet wurden. Mit jugendlicher Wärme und Frische pries der schon bejahrte Herr insbesondere das nationale Band, welches diese Triumphe griechischen Wesens, griechischer Gymnastik und griechischer Jünglingserziehung um das ganze in der damaligen bekannten Welt zerstreute griechische Volk geschlungen hatten. Da entfuhr mir die Frage: „Ist denn nicht auch ein deutsches Olympia möglich?“ Der freundliche alte Herr schaute den thörichten Knaben mit einem mitleidigen Lächeln an und antwortete kurz: „Nein, jenes war die klassische Zeit der höchsten Kultur der Menschheit; jene waren Griechen und wir – nein, nein,“ setzte er hinzu, nach seiner Eigenart erregt werdend, wenn ihm etwas nicht recht in den Sinn wollte, dessen innere Berechtigung er doch vielleicht ahnte, „nein, nein, die Verhältnisse müßten sich denn sehr ändern, nein, nein, dumme Frage, wir können doch nicht wieder alte Griechen werden!“ Und damit war die Sache unter dem Gelächter der Klassengenossen abgethan. Ich schlich mich in der sich anschließenden Freiviertelstunde etwas beschämt auf den Schulhof: als ich dort aber an dem immer bereitstehenden hohen Reck einigemal die Riesenwelle gemacht hatte, war das drückende Gefühl über die mir gewordene Abfertigung wieder fort und ich sagte mir: „Nun, einiges können wir doch ebenso gut wie die alten Griechen, und das deutsche Olympia bekommen wir doch!“

Ein anderes Bild … Am 5. Oktober vorigen Jahres war in Hannover der Vorstand des Centralausschusses zur Förderung der Volks- und Jugendspiele in Deutschland zu einer Sitzung zusammengetreten und auf der vom Vorsitzenden festgestellten Tagesordnung stand, infolge einer von Dr. F. A. Schmidt–Bonn gelegentlich gegebenen Anregung, die Frage eines nationalen deutschen Olympia. Die Schwierigkeit des Unternehmens wurde eingehend erörtert, und doch entschloß man sich einstimmig, im Verein mit der deutschen Turnerschaft mutig an die Aufgabe heranzugehen. Es herrschte eine weihevolle Stimmung in der kleinen Versammlung, als der Vorsitzende, der in gemeinnütziger Thätigkeit unermüdliche und sehr erfahrene preußische Landtagsabgeordnete v. Schenckendorff-Görlitz, mit bewegter Stimme die Wichtigkeit des Beschlusses hervorhob und in warm empfundenen patriotischen Worten die Hoffnung aussprach, daß etwas Großes auch hieraus für unser liebes deutsches Vaterland erwachsen möge.

Da stand mit einem Male mein alter Lehrer im Geiste wieder vor mir, wie er mit hastiger Stimme sprach: „Nein, nein, die Verhältnisse müßten sich denn sehr ändern!“

Nun, Gott sei Lob und Dank, sie haben sich sehr geändert! Es ist seitdem über unser deutsches Volk ein Segen hereingebrochen, dessen Größe, meine ich, von der Mehrzahl unserer Zeitgenossen noch lange nicht genug erkannt wird. Die Hoffnung unserer Väter und der Traum unserer Jugend ist verwirklicht worden. Ein neues deutsches Kaiserreich ist in Macht und Herrlichkeit erstanden, und kräftig in seiner Einheit steht das einst mißachtete Volk der „Träumer und Denker“ da. Der nationale Gedanke schlägt im innersten Wesen der Einzelnen immer tiefere Wurzeln und entwickelt seine schaffende Kraft in immer stärkerem Maße, wenn auch andere Bewegungen einen Schatten auf das lichtvolle Bild werfen. Auch die auf der ganzen weiten Erde zerstreuten Deutschen, sie empfinden den vom Mutterlande wehenden nationalen Hauch und fühlen sich mit starkem Herzensbande mit uns eins in echtem, treuem Deutschtum.

Ja, es hat sich vieles zum Besseren geändert im deutschen Vaterlande, und so können ernste Männer getrosten Mutes den Versuch wagen, ein deutschnationales Olympia ins Leben zu rufen.

Weitere Untersuchungen haben die Schöpfer des Gedankens in ihrem festen Willen bestärkt. In allen Schichten des Volkes haben sie wärmste Sympathie gefunden, unter anderm hat sich auch aus eigenster Anregung der neugebildete Bund für Sport, Spiel und Turnen, welcher unter der Leitung von Dr. Karl Peters steht, zur Mitwirkung bereit erklärt.

So traten denn Herr von Schenckendorff und seine Freunde am 19. Januar dieses Jahres in Berlin mit dazu gewählten Vertretern der deutschen Turnerschaft zum fröhlichen Beginn zusammen. Der genannte Vorsitzende entrollte vor uns das Bild eines nationaldeutschen Olympia, wie ein solches in unserer Zeit sich vielleicht verwirklichen läßt. Nach eingehender Erörterung wurde folgendes beschlossen.

Im Mittelpunkte sollen alle Leibesübungen stehen, welche in Deutschland getrieben werden. Genannt wurden Turnen, alle Volks- und Jugendspiele, Schwimmen, Rudern, Radfahren, Fechten und Ringen. Eine einseitige Gipfelleistung soll jedoch nicht zum Siege führen, vielmehr muß der Sieger auch in entgegengesetzten Uebungen, z. B. Fechten und Fußball, seine Gewandtheit zeigen, da als Ideal die vollkommene harmonische Ausbildung des ganzen Körpers anzustreben ist. Alles professionelle Athletentum ist aufs strengste ausgeschlossen. Pferderennen u. dergl. werden aus praktischen, nicht aus prinzipiellen Gründen ebenfalls nicht veranstaltet. Die Feier soll durch musikalische und andere Aufführungen verschönt werden. Die ganze Veranstaltung muß auf deutschnationalem Boden stehen.

Als Ort der Wettspiele wurde Leipzig gewählt. Man will versuchen, in Gemeinschaft mit dem Deutschen Patriotenbunde, welcher zum 18. Oktober 1913 auf dem Leipziger Schlachtfelde ein Denkmal zu errichten beabsichtigt, dort einen deutschen Nationalpark und in diesem einen großen Nationalspielplatz mit allen zugehörigen Einrichtungen zu schaffen. Gelingt dies nicht, so soll ein anderer Platz bei Leipzig gewonnen werden. Für Leipzig ausschlaggebend war die allen deutschen Stämmen gemeinsame nationale Erinnerung, die centrale Lage, die allgemeine Sympathie für die Stadt, sowie der Umstand, daß sie imstande sein wird, auch einer sehr großen Anzahl von Fremden gastliche Aufnahme zu gewähren.

Als Zeit wurde vorläufig der Monat Juli in Aussicht genommen und eine regelmäßige Wiederkehr der Feier in dreijährigem Zwischenraum. Zum erstenmal soll dieselbe im Jahre 1900 stattfinden.

Was nun den Namen der Veranstaltung anbelangt, so war klar, daß man die bisher für diese Bestrebungen gebrauchte Bezeichnung „nationaldeutsches Olympia“ nicht weiter verwenden könne. Es erwies sich nicht so leicht, einen richtigen Namen zu finden. Schließlich vereinigte man sich, Jahnschen Gedanken folgend, auf „Nationaltag für deutsche Kampfspiele“.

Zu weiteren Schritten wurde ein engerer Ausschuß eingesetzt. Derselbe besteht aus je drei Vertretern der deutschen Turnerschaft und des Centralausschusses für Volks- und Jugendspiele. Erstere sind Dr. Götz-Leipzig, Vorsitzender der Deutschen Turnerschaft,

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verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 211. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0211.jpg&oldid=- (Version vom 12.7.2023)