Seite:Geschichte der protestantischen Theologie 646.png

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von der scholastischen Form der Ausführung zu einer weniger schwerfälligen, gepanzerten über, aber die eigentlichen Probleme werden nicht weiter geführt, es wird eher der Sinn dafür abgestumpft und ins Unbestimmtere zurückgegangen. Die Berufung auf die Erfahrungen des Lichtes des heiligen Geistes, in den pietistischen und noch mehr in verwandten mystischen Kreisen so gewöhnlich, hätte zum Gegengewicht eine strenge wissenschaftliche Methode doppelt erfordert, um den subjectivistischen Schein, den sie an sich hat, zu meiden und diese Erfahrungen einem objectiven, allgemein erkennbaren Kriterium zu unterstellen. Aber diese Berufung auf den heiligen Geist und sein Wirken war mehr Surrogat als Impuls der wissenschaftlichen Arbeit und der Strenge der Begriffe. Befruchtender hat der Hallische Pietismus auf die christliche Moral und die praktische Theologie gewirkt.[1]

Nach A. H. Francke’s Tod (1724) artete der Pietismus in Norddeutschland, der in Halle seinen Mittelpunkt hatte, allmälig aus. Während das frische Leben und kühne Streben ihm mehr und mehr entfloh, suchte er den Geist seiner besseren Zeit durch eine bald stereotype fromme Terminologie,


  1. Breithaupt Theol. mor. Hal. 1734. Joach. Lange Oeconomia salutis eaque moralis etc. 1734. Schon der Titel dieses Werkes gab als „moralische Heilsöconomie“ bei Löscher, Chladenius, G. Wernsdorf, Woken Anstoß; sie sahen darin Verdunkelung der Rechtfertigung durch die Heiligung. Spener’scher Einfluß zeigt sich auch in der Moraltheologie von Jäger, Tüb. 1714, Kortholt, Kopenh. 1717 und J. J. Rambach 1739, ja auch schon in Buddeus Inst. th. mor. 1711, dem Vorbilde Rambachs, J. G. Walchs u. A. Im Gebiet der praktischen Theologie ist Weismanni Rhetorica sacra 1689 und Breithaupti Institutio hermeneutico-homiletica etc. 1685, J. L. Hartmann Pastorale Evangelicum Norinb. 1678, Chr. Kortholt Pastor fidelis etc. 1696, G. Arnold, geistliche Gestalt eines evangelischen Lehrers nach dem Sinn und Exempel der Alten. 2 Thl. 1704. 1723; endlich Speners einfältige Erklärung der christlichen Lehre nach der Ordnung des kleinen Katechismus Luthers 1677 und seine tabulae catecheticae zu nennen. Ferner der Katechismus von Gesenius.
Empfohlene Zitierweise:
Isaak August Dorner: Spener und der Pietismus. J.G. Cotta, München 1867, Seite 646. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_der_protestantischen_Theologie_646.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)