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Seite:HansBrassTagebuch 1943-05-13 001.jpg

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aber ist dieser Sieg weit größer. Dünkirchen hat uns garnichts genützt, die Eroberung von Tunis aber bedeutet die Oeffnung des Mittelmeeres, d.h. die Verkürzung des Seeweges u. eine ungeheure Einsparung an Tonnage. Diese Niederlage, bereits die zweite innerhalb eines halben Jahres, ist von ungemein großer Tragweite, die Stalingrad weit in den Schatten stellt, denn der Weg nach Italien ist nun stark bedroht. – Rommel scheint schon vor längerer Zeit aus Afrika verschwunden zu sein, von ihm ist nicht die Rede. Wo ist er? Möglicherweise wird er bald an der Ostfront wieder auftauchen, denn man wird dort ja auf jeden Fall eine Offensive mit allen Mitteln versuchen. Was nützt nun der sogenannte Atlantikwall, wenn er von hinten angegriffen werden wird? Und was werden uns italienische Küstenbefestigungen nützen, wenn die Italiener sie nicht verteidigen werden? – Der Fall von Tunis war wohl zu erwarten, doch war anzunehmen, daß sich die dortigen Streitkräfte viel länger halten würden, denn sonst hätte die Oberste Heeresleitung nicht noch in jüngster Zeit Verstärkungen dorthin geschickt, vor allem nicht die neuen Tieger-Panzer. So kommt diese Niederlage doch überraschend u. läßt Schlüsse zu auf die rasch abnehmende Kampfkraft unserer Truppen. Von einem sogenannten „Heldenlied“, wie bei Stalingrad, ist jetzt jedenfalls nicht die Rede. Der allgemeine, innere Zusammenbruch wird ebenso überraschend kommen. –

     Frau Bohner telephonierte mit ihrem Mann in Bln., der sagte, daß Margret zur Bahn gefahren sei, weil Fritz heute schon in Bln. ankäme. So scheint er also doch einen ganzen Urlaubstag plus gemacht zu haben. Wir warteten auf einen Anruf, aber hörten nichts. Er wird wohl morgen anrufen.

     Die Vorbereitungen der Hochzeit verursachen große Unruhe.

Ahr. Donnerstag, 13. Mai 1943.     

     Gott sei gedankt, daß dieses Hochzeitsfest vorüber ist, – es war überaus anstrengend. – Am Dienstag Mittags kamen zuerst Fritz mit Margret u. Vater Bohner, der sehr elend aussieht, aber besonders mir mit großer Höflichkeit entgegenkam. Otto Wendt u. seine Frau Lita mit ihrem Sohn Max. Eine Stunde später kamen Fritz mit Margret u. Vater Dr. Bohner u. Ruth. Wir aßen gemeinsam zu Mittag. Abermals 2 – 3 Stunden später kam Marthas Vetter, der Pastor Karl-Ernst Wendt aus Casekow b. Blumberg i. Pom, in der Nähe von Stettin, mit seiner Frau Hedwig, ein typisches Landpastorenpaar, sehr würdig u. sympathisch. Wir tranken gemeinsam Kaffee, d.h. das Pastorenpaar bekam noch gewärmtes Essen (Dorsch). Am Montag hatte ich bereits den Altar aufgebaut in der Diele, in der Ecke, wo unsere weiße Muttergottes steht. Ich hatte die ganze Ecke bis zur Decke, u. diese auch, mit einem weißen Dekorationsstoff mit silberner Flimmerwirkung ausgeschlagen u. das Ganze Baldachin-artig mit demselben Stoff in Lachsfarbe abgeschlossen. Dieser lachsfarbene Stoff, der vorzüglich zur lachsfarbenen Wand der Diele paßte, war nach rechts u. links weit auseinandergerafft, so daß die Muttergottes wie eine rechte Maienkönigin unter diesem Baldachin stand. Hinter ihr waren grüne Blattpflanzen u. zu ihren Füßen eine Fülle von Stiefmütterchen, dazu die zwei dreiarmigen Leuchter, besteckt mit roten Kerzen. Der eigentliche, weiß gedeckte Altartisch stand davor, doch so, daß die Muttergottes viel höher stand. Auf dem Altar standen nochmals zwei silberne, hohe Leuchter mit weißen Kerzen, in der Mitte das Kruzifix. Am Boden rechts u. links vom Altar standen große Vasen mit Tannengrün, auf der Heizung links vom Altar Tulpen u. Flieder, auf dem hochgelegenen Fenster rechts vom Altar ebenfalls. Diese ganze Dekoration wirkte überaus schön u. imponierend. Ich hatte etwas Angst, wie der protestantische

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Hans Brass: TBHB 1943-05-09. , 1943, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-05-13_001.jpg&oldid=- (Version vom 23.5.2024)