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Pastor sich zu dieser Maienkönigin stellen würde, doch ging alles ganz glatt. Später stellte ich fest, daß Karl-Ernst überhaupt sehr katholikenfreundlich ist u. guten Umgang mit kathol. Geistlichen pflegt. –

     Abends gegen 18 Uhr kamen die Gäste zum Polterabend. Es waren zugegen: Fritz u. Margret, Ruth, Dr. Bohner u. Frau u. Christa Schmidthals, Otto Wendt u. Frau mit Max, Pastor Wendt mit Frau, Martha u. ich, Frl. v. Tigerström, dazu kam noch vorübergehend Charlotte Schmitt als Mutter ihrer kleinen Jutta, die der Braut Kranz u. Schleier übergab u. dabei ein von mir gemachtes Gedicht ganz entzückend deklamierte. Vorher hatten Kurt Spangenberg u. unser Mädchen Trude Dade gemeinsam ebenfalls Verse aufgesagt, die ich verfaßt hatte. Kurt Sp. hatte einen Gehrock seines Vaters an u. einen alten Cylinder auf dem Kopf, Trude war von Frl. v. Ti., sehr niedlich herausgeputzt worden. Beide vertraten mit ihrem Glückwunsch die einheimische Bevölkerung. Etwas später trug ich dann selbst ein längeres Scherzgedicht vor, bzw. las es vor. Es waren das meine ersten Gedichte, oder besser Knittelverse, die ich in meinem Leben zustandegebracht habe, aber sie waren wirklich scherzhaft u. machten sehr guten Eindruck. Ich hatte eine vorzügliche Bowle gebraut, da Dr. Bohner gut für Wein gesorgt hatte. Dieser war im letzten Augenblick am Sonnabend eingetroffen mit einer Kiste sehr anständiger Cigarren. Die Bowle bestand aus 6 Fl. rotem Nahewein u. einer Flasche deutschem Schaumwein, das Ganze auf einer Dose Pfirsichen. Es schmeckte sehr gut u. sie wurde restlos ausgetrunken. – Gegen 11 Uhr Abends ging, der Spektakel der Dorfjugend los, der leider wie meistens sehr ausartete. Diese rohe Gesellschaft warf nicht bloß große Massen von Scherben vor die Tür, sondern fuhr in Blockwagen ganze Berge voll alten Blechgerümpel vor die Haustür. Als ihnen das noch nicht genügte, schleppten sie unsere Gartenmöbel zusammen u. türmten diese noch über diesen Unrathaufen. Eine Scheibe in der Haustür ging dabei noch in Scherben. Als sie dann dazu übergingen, die Müllkisten hinter dem Hause umzustülpen u. vor der Küchentür auszuleeren, u. als ich hörte, daß sie noch weiteres Gerümpel anfahren wollten, rief ich den Bürgermeister an u. bat um Schutz. Dieser benahm sich sehr ordentlich, indem er mir durch die Zollbeamten einen Posten vors Haus stellen ließ. – Alles dies störte natürlich sehr sodaß eine sehr gute, ernste Rede, die Dr. B. auf dem Herzen trug leider davon beeinträchtigt wurde. Unsere Gäste mußten später durch den rückwärtigen Ausgang das Haus verlassen, weil man durch den Vordereingang nicht gehen konnte. Alle Gäste wohnen im Kurhaus, mit Ausnahme von Ruth.

     Am nächsten Morgen beschwerte sich Martha beim Lehrer Deutschmann den sie zufällig auf der Straße sah, über die Jungens. Der Lehrer ließ sofort die Jungens antreten u. sie mußten den ganzen Unrat beiseite räumen u. abfahren. Die dadurch versäumten, Schulstunden mußten sie nachmittags nachsitzen. So hatten sie ihre Strafe. – Am Dienstag war das Wetter sehr kalt u. regnerisch gewesen, es war der Letzte der drei gestrengen Herren, – am Mittwoch war strahlender Sonnenschein, Windstille u. es war prachtvoll warm. So ist es auch heute noch. –

     Um 10 Uhr fuhr das junge Paar nach Born in schön mit Tannengrün u. Narzissen geschmückten Wagen von Spangenberg. Trauzeugen waren Otto Wendt, der Fritzens Patenonkel ist, u. Vater Bohner. Frau Bohner u. Ruth fuhren als Begleitung mit, weil das Wetter so schön war u. die Fahrt durch den Darss ja wirklich sehr schön ist. Der Wagen kam erst nach 1 Uhr zurück u. wir aßen dann ein warmes Frühstück, Tomatensuppe, Hammelragout. Um 3 Uhr fand dann die sehr schöne Trauung statt. Frl. Marry von Paepke, die grade eben angekommen war, spielte meisterhaft Harmonium, welches wir von Steinäcker's geliehen hatten, Karl-Ernst

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Hans Brass: TBHB 1943-05-13. , 1943, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-05-13_002.jpg&oldid=- (Version vom 23.5.2024)