Seite:HansBrassTagebuch 1943-07-14 001.jpg

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die Katholiken Geheimsender hätten u. den Engländern Nachrichten gäben. Eine Dementierung dieser Gerüchte wird ebenso planmäßig verhindert. Man sucht also offenbar schon jetzt Ablenkung für den Fall der Niederlage, das Märchen vom Dolchstoß in den Rücken will man diesmal wohl den Katholiken anhängen. –

     Heute hatten wir ein schönes Hochamt, eine sehr gute Predigt des Kaplans. Es war gut besucht ich sah Dr. Krappmann in Zivil, der momentan Urlaub hat, Frau Triebsch, Schw. Helene von Monheims mit allen drei Monheim'schen Jungens. Berni diente Messe, denn der Student ist gestern auch abgereist; so werde ich wohl doch von morgen an dienen müssen. Es war eine Singmesse, zu der ich die vorher mit dem Kaplan besprochenen Lieder anstimmte u. die Gebete sprach. – Seit voriger Woche ist auch Frau Rechtsanwalt Vogt da u. seit gestern auch der Mann, auch drei Töchter. Alle sind von der Kirche abgefallen u. machen einen bejammernswerten Eindruck, besonders die Töchter, die wie dumme Gänse mit dumm=trotzigem Gesichtsausdruck umherlaufen. Die Frau bejammert zwar den Abfall u. wollte heute zum Hochamt kommen, erschien aber nicht. Es ist wie ein Hohn, daß nun das Aquinatahaus direkt neben ihnen liegt u. sie täglich den Gottesdienst dort bemerken müssen. – Auch eine Baronin v. Quernheim wohnt mit ihrer Tochter im Kurhaus, Gattin eines Landwirts hier aus der Gegend, der früher Offizier war. Alle sind gut katholisch. Das Ehepaar lernte ich vor etwa zwölf Jahren beim Landrat Rönneburg in Barth kennen, doch haben wir weiter keine Beziehungen gehabt: Jetzt bringt uns der Baron dann u. wann Gemüse, die Baronin wird heute Nachmittag zu uns zum Kaffee kommen. Sie war ebenfalls im Hochamt.

     Hartmut u. Ortrun sind hier u. verursachen sehr viel Lärm u. Anstrengung, so niedlich sie auch sonst sind. Martha hat die Kinder aus Bln. mitgebracht. Es ist aber zu viel für uns u. so sind wir froh, daß Lene, Ruth's früheres Mädchen, die jetzt in Ribnitz bei Dachmann einen Werks-Kindergarten leitet die beiden Kinder heute nach Ribnitz mitnimmt u. eine Woche dort behält. Lene aß heute mit uns zu Mittag u. fährt um 3 Uhr nach Ribnitz zurück. –

     Im Osten ist sein vier Tagen im Raum von Orel bis Bjelgorod eine Schlacht entbrannt, anscheinend die erbittertste Schlacht, die dieser Krieg bisher überhaupt gebracht hat. Seit vorgestern sind die Amerikaner u. Engländer auf Sizilien gelandet, sie bombardieren seit Wochen unser Ruhrgebiet u. haben nun auch den Kölner Dom getroffen.

     Am 8. Juli war Joseph Faensen nachmittags bei mir, er wohnt in Prerow im Urlaub.

Mittwoch, 14. Juli 1943     

     Gestern Nachmittag bei Frau Asta Smith zu Kaffee, zugleich bei Dr. Kappmann, der seinen Einzug bei Frau S. feiern wollte. Es gab Bohnenkaffee u. sehr guten Kuchen, nachher gab Dr. K. eine Flasche franz. Sekt. Es war sehr angeregt, wie immer in diesem schönen, kultivierten Hause. Frau S. ist heute früh nach Bln. gefahren u. kommt in 14 Tagen zurück. Dr. K. ist sehr glücklich, daß wir ihm diese schöne Wohnung vermittelt haben u. auch Frau S. ist mit ihren Mietern sehr zufrieden.

     Heute früh bei der Frühmesse waren viele Kinder, die gestern angekommen sind. Zwei Jungens dienten Messe, sodaß ich dieser Last enthoben bin. Bei dem herrschenden Sturmwetter tut mir das Bein sehr weh u. behindert mich. – Einer der kleinen Jungens übergab mir einen Brief vom Pfarrer Pielryga, aus dem hervorgeht, daß der Arme sehr krank war u. im Winter eine anscheinend schwere Operation zu überstehen hatte. Er scheint sich überaus stark mit meiner Ehe zu beschäftigen, über deren Art ich ihm schon damals gleich nach der Heirat im Oktober ausführliche Mitteilung gemacht

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Hans Brass: TBHB 1943-07-11. , 1943, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-07-14_001.jpg&oldid=- (Version vom 20.5.2024)