Seite:HansBrassTagebuch 1943-08-17 001.jpg

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wenn er nicht für's ganze Leben seine Autorität einbüßen wolle. Wenn M. jetzt schon, drei Monate nach der Hochzeit, solche Pläne hätte, wäre das ein Zeichen mangelnden Ernstes u. ein Winter in Bln. mit sogenanntem Studium würde der Anfang der Eheauflösung sein. – Fritz begriff das. – Gestern nun war zu erkennen, daß es M. dennoch verstanden hatte F. herum zu kriegen, – u. das löste bei Martha eine regelrechte Explosion aus. Es gab eine sehr heftige Auseinandersetzung, bei der ich Martha mit aller Kraft unterstützte. M. saß dabei u. sprach kein einziges Wort. – Schließlich ging sie wortlos hinaus. Fr. blieb noch etwas u. es war zu merken, wie er sich über unsere kräftige Hilfe freute. – Wir hielten dann unsere Andacht allein. –

     Nachher Dr. Röthig, Gespräch über das Verhältnis Katholizismus=Protestantismus.

     Zum Mittagessen erschien M. wieder, freundlich u. harmlos, als wäre nichts gewesen, sodaß wir den Eindruck hatten, als wäre sie durch uns nun überzeugt worden von der Torheit dieser Idee. – Gesprochen wurde darüber nicht. – Nachmittags waren Martha u. ich bei Dr. Krappmann, – Frau K. hatte Geburtstag. Frau Smith war aus Bln. zurückgekommen fährt aber heute nochmals dorthin zurück, um Ende dieser Woche wieder zu kommen. Es war wie stets sehr nett in diesem schönen Hause.

     Abends kam Fr. zu uns. Er war den ganzen Nachmittag mit M. im Darss gewesen u. berichtete, daß M. keineswegs von uns überzeugt worden sei, sondern hartnäckig bei dieser Idee bleibe. Es kam nun allerhand zur Sprache, so auch, daß M. sich plötzlich weigere, Kinder zu bekommen, wohingegen sie früher ganz gegenteilig davon gesprochen hat. Wir haben ihm nach Kräften den Rücken gestärkt, – es muß jetzt biegen oder brechen. –

Dienstag, 17. August 1943.     

     Sizilien ist aufgegeben. Aus dem Heeresbericht kann man entnehmen, daß diese Insel bisher fast nur von Deutschen verteidigt worden ist, die Italiener haben sich offenbar nicht nennenswert daran beteiligt. – Was wird nun werden? Wird man ganz Italien bis zur Poo-Ebene aufgeben? Die nächsten Tage werden es zeigen. Es scheint mir aber so, als könne man schon nicht mehr die Poo-Ebene halten, – als müsse man zurück an die Alpen. Jedenfalls liegt ganz Süddeutschland dann unter der Macht der englisch-amerikanischen Luftangriffe, u. man kann alle Menschen, die man bisher aus dem Rheinland u. aus Hamburg dorthin evakuiert hat, wieder woanders hinbringen. Aber wohin?

     Zwischen Fritz + Margret immer noch keine Klärung. Dieses törichte Kind besteht auf seinem Kopf. Sie zeigt dabei, daß sie nicht nur kein Pflichtgefühl hat, sondern daß es ihr an Herz u. Gemüt fehlt. Sie gibt Fritz gegenüber frei zu, daß sie ihn nicht liebt u. wundert sich, daß er das nicht schon im Mai, – also gleich nach der Hochzeit, – gemerkt hätte. Sie weigert sich, Vernunft anzunehmen u. glaubt offenbar, daß es für sie wichtiger wäre, „Freiheit“ zu erlangen, wobei sie glaubt, frei zu werden, wenn sie fortläuft. – Unter diesen Umständen wird sie kaum zu halten sein, zumal wir nicht auf die Vernunft ihrer Mutter rechnen können, die ja den stärksten Einfluß hat. – Fritz quält sich schrecklich u. er tut mir sehr leid, – er hätte Besseres verdient. Doch weiß nur Gott, wozu das dient. –

     Dr. Röthig verabschiedete sich Morgens mit Frau u. Sohn mit nochmaligem Ständchen. Auch mußte er uns fotographieren, – wir taten ihm den Gefallen.

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Hans Brass: TBHB 1943-08-16. , 1943, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-08-17_001.jpg&oldid=- (Version vom 20.5.2024)