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unsicher werden u. schließlich von selbst zurückkommen. Ich hielt dem entgegen, daß Margret inzwischen an Fritz schreiben würde, u. zwar in derselben unverschämten Haltung, mit der sie bereits bei ihrer Abreise von Rostock aus an ihn geschrieben hatte. Anstatt ihr Unrecht einzusehen, machte sie ihm noch Vorwürfe. Es besteht aber bei Fritzens weicher Gemütsart die Gefahr, daß er nachgibt. Außerdem wird Margret, wenn sie wirklich zurückkommen sollte, sicher ihre Mutter mitbringen u. wir hätten dann zwei Teufel im Hause. Aus diesen Ueberlegungen heraus hatte ich bereits einen Brief an Margret entworfen. Derselbe ist von äußerster Schärfe. Ich sagte Seeberg diese Bedenken u. laß ihm dann den Briefentwurf vor. Er fand ihn ganz ausgezeichnet u. überzeugte sich, daß ich mit meiner Ansicht Recht hätte, u. redete mir sehr zu, diesen Brief abzusenden. Ich werde ihn morgen mit der Maschine schreiben u. Fritz einen Durchschlag senden. – Seebergs gingen erst um 12 Uhr fort, es war sonst ein sehr angenehmer Abend. –

     Heute wurde bekannt, daß König Boris von Bulgarien gestorben sei. Er war ein großen Freund Deutschlands u. es besteht Gefahr, daß durch seinen Tod die Politik Bulgariens geändert werden könnte.

     In der letzten Nacht wurde Nürnberg bombardiert.

Sonntag, 29. August 1943.     

     Heute früh sehr schöne Andacht: Zugegen war Frau Monheim u. aus dem Aquinatahaus Schw. Maria, Frau Ruthe u. Vater u. Schwester von Kaplan Heimann. Ich sprach über die Demut Gottes. Das Sprechen wird mir von Mal zu Mal leichter u. ich fühlte heute besonders, daß die Zuhörer mir folgten.

     Nach der Andacht kam der Verlobte unserer Trude, um sich vorzustellen. Er ist Matrosengefreiter aus der Gegend von Jena, wo seine Eltern anscheinend ein größeres Anwesen besitzen oder gepachtet haben. Er war in blauer Uniform, ein 23jähriger, hübscher, sehr adrett aussehender junger Mann, der auch von seinem Vorgesetzten, Oblt. Dr. Krappmann, das beste Zeugnis hat. Er ist jetzt nach Stralsund kommandiert zur U-Boot-Ausbildung, die aber zwei Jahre dauert, sodaß er hoffentlich nicht mehr in die Lage kommt, zu fahren. Zu unserer größten Ueberraschung stellte sich heraus, daß er katholisch ist u. zwar ein treuer Katholik, der erwartet, daß seine Trude es ebenfalls werden wird. Wir haben nun über diesen Weg ein neues Interesse an diesem Kinde. –

     Nach Tisch den Brf. an Margret in die Maschine geschrieben u. einen Brf. an Fritz. Währenddem kamen 2 Schwestern aus Müritz mit 3 Dienstmädchen, die natürlich bei uns Kaffee trinken wollten. Martha, die garnicht wohl war, hatte zwar vorher geschlafen, doch war sie sehr angestrengt. Ich nahm ihr die Kaffeebereitung ab, aber sie mußte dann doch mit allen in die Bunte Stube. Als sie nicht zurück kam, ging ich auch rüber u. traf sie in der Tür in sehr schlechtem Zustand. Sie sagte, daß sie ohnmächtig geworden sei u. man sah, daß sie hingefallen war. Ich brachte sie gleich wieder ins Bett. Es ist ein Glück, daß wir uns entschlossen haben. Montags das Geschäft nicht zu öffnen, so hat sie bis Mittwoch Zeit, sich zu erholen. Die Sache Fritz-Margret hat sie doch sehr mitgenommen. Uebrigens war es sehr drollig, daß wir heute früh feststellten, daß wir für heute überhaupt nichts zu essen hatten. Da kam um 9 Uhr früh die junge Frau Wewoldt aus Althagen u. brachte uns ein fettes Huhn, das wir braten konnten.

     Während die Müritzer Schwestern da waren, kam Frau Vogt mit ihrer Tochter, der ich neulich 300 Rm. geliehen hatte, da

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Hans Brass: TBHB 1943-08-28. , 1943, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-08-29_001.jpg&oldid=- (Version vom 20.5.2024)