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sie kein bares Geld besaß, um den Umzug der Tochter aus Dresden nach hier zu bezahlen. Sie brachte jetzt das Geld zurück. Die Tochter wird im Winter hier bleiben. –

     Der Tod des Königs Boris von Bulgarien scheint für uns gefährlich zu werden. Die Telephonverbindung mit Bulgarien, ist gesperrt, es sollen Demonstrationen für den Frieden stattgefunden haben. – In Dänemark soll Ausnahmezustand herrschen, auch dort ist das Telephon nach Schweden gesperrt u. Aktionen gegen unsere Militärischen Einrichtungen sind unter Todesstrafe gestellt. Es krieselt immer mehr. – Uebrigens ist dieser plötzliche Tod des Königs Boris sehr verdächtig. Man erfährt nicht, woran er erkrankte, es wurde nur die Tatsache seiner Erkrankung berichtet, u. dieser Meldung folgte die Nachricht von seinem Tode sehr rasch, ich glaube drei Tage später. Sollte er ermordet worden sein? Es sind in Bulgarien in letzter Zeit ja viele andere, politische Morde vorgekommen. Ein Mord scheint mir sehr wahrscheinlich.

Montag, 30. Aug. 1943     

     Martha lag den ganzen Tag im Bett. Sie sieht schlecht aus, Durchfall, klagt über Kopfschmerzen. – Ich mußte mich um Jens kümmern, mußte Mittag= u. Abendessen machen, da auch Trude nicht gekommen war. Zum Ueberfluß ist noch die Tochter von Frau Charlotte Schmitt, Jutta, zu uns gekommen, da Frau Schmitt plötzlich nach Berlin mußte. – Von P. Dubis ein Brief. Er teilt mit, daß das schöne Aquinatahaus in Bln-Südende nicht mehr steht, es ist dem letzten Bombenangriff zum Opfer gefallen. Ebenso ist das Altersheim in Lichterfelde total abgebrannt. Die Sr. Oberin ist immer noch unterwegs, wahrscheinlich in Sachsen, irgendwo im Erzgebirge, wo die alten Leute aus Südende untergebracht sein sollen. Sr. Marie-Luise ist mit anderen alten Leuten in Schweidnitz in einem Reservelazarett untergekommen, drei Tage u. drei Nächte im Viehwagen. Merkwürdig ist, daß Sr. Maria, die hier ist, von all dem bisher überhaupt nichts weiß. Vielleicht weiß nicht einmal die Oberin etwas. P. Dubis schreibt, daß Tempelhof, Mariendorf, Marienfelde, Lichterfelde, Steglitz, Südende, Schöneberg, Wilmersdorf u. Charlottenburg besonders betroffen seien, im Westen der Stadt besonders Innsbrucker Platz, Fehrbelliner Platz u. die SS Kaserne in Lichterfelde, d.h. die alte Hauptkadettenanstalt.

     Mit Jens an Hildegard geschrieben, die am 2. Sept. Geburtstag hat. Sie wohnt dicht am Fehrbelliner Platz. –

Dienstag, 31. August 1943.     

     Heute hatte ich die erste Stunde Biblische Geschichte. Ich war von der Teilnahme überrascht: es waren acht Kinder, außer Jens und Lothar Krappmann lauter Mädchen. Lothar u. zwei andere Mädchen waren davon Katholiken, sie fielen sehr auf mit ihren Kenntnissen, mit denen die anderen nicht mitkonnten. Obwohl ich mich gut vorbereitet hatte, merkte ich doch, daß es noch nicht genügte, ich muß mich viel gründlicher vorbereiten. Martha saß mit Trude dabei u. hörte zu, sie fand es sehr schön u. war sehr zufrieden, u. die Kinder waren ebenfalls mit starkem Interesse bei der Sache u. machten lebendig mit. Es war wirklich sehr reizend, aber es muß noch viel besser werden. Weil zwei von den Mädchen am Dienstag bis 4 Uhr Handarbeitsunterricht haben, müssen wir diesen Unterricht auf Montag u. Donnerstag verlegen, sodaß der nächste Unterricht am Donnerstag stattfinden wird. Ich erzählte die Schöpfungsgeschichte u. erklärte die Notwendigkeit des Betens.

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Hans Brass: TBHB 1943-08-29. , 1943, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-08-30_001.jpg&oldid=- (Version vom 20.5.2024)